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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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noch die Kokette. Die Art und Weise, wie sie mit dem Kellner umging, zeugte davon, dass sie es gewohnt war, dass man ihren Weisungen folgte. Unter ihrem Lächeln verbarg sie entschiedene Autorität.
    Sie legte auf und kritzelte rasch eine kurze Notiz auf ein Blatt Papier. Dann hob sie den Kopf und schaute Kiersten mit komplizin-nenhaftem Blick an, als habe sie soeben eine uralte Freundin wie-dergetroffen.
    »Eins nach dem anderen!«, bemerkte sie dann, beugte sich über den Tisch und hob die silbernen Halbkugeln hoch, welche das Rührei und das Soufflé aus Greyerzer Käse warm hielten.
    »Bedienen Sie sich! Ich habe mich sehr gefreut, dass man Sie geschickt hat. Und allein schon darüber, dass die Königliche Kanadische Polizei eine Sondereinheit für diese Snuffs aufgestellt hat.
    Bravo!«
    »Vielen Dank! Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich froh darüber bin, morgen bei dieser Konferenz nicht der einzige weib-246

    liche Teilnehmer zu sein. Davon abgesehen, würde ich jetzt gern mehr erfahren über Sie und diese … diese Angelegenheit.«
    »Nichts dagegen einzuwenden – vorausgesetzt, Sie legen Ihre Karten genauso auf den Tisch wie ich die meinen. Einverstanden?«
    Kiersten nickte; sie vertraute ihrer Gesprächspartnerin mit dem Vorbehalt, dass diese, was immer sie zu berichten hatte, zweifellos zu den Leuten gehörte, die immer noch ein Ass im Ärmel behiel-ten.
    Die Frescobaldis gehörten zu den großen Familien der römischen Gesellschaft. Lydia entstammte dem weniger begüterten, aber schon seit der Renaissance berühmteren Zweig des Hauses, der wichtige Beiträge zum kulturellen Erbe des Landes geleistet hatte: auf den Gebieten der Musik, der Malerei und der Literatur. Nach Abschluss ihrer juristischen Ausbildung an der Universität in Rom war die junge Frau eine Zeit lang zuständig gewesen für die Gerichtsbe-richterstattung des Corriere della Sera, unter dem durchsichtigen Pseudonym Lydia Marchini – Marchini war der Mädchenname ihrer Mutter.
    Zur Einladung des Botschafters Delagrave hatte sie jedoch etwas geführt, was nicht unbedingt mit ihrer journalistischen Arbeit zu tun hatte. Insgeheim nämlich war sie auf der Suche nach Flavio Buglione, doch damit stand sie nicht allein …
    Sie war fünf Jahre älter als dieser und konnte sich noch daran erinnern, der Taufe des kleinen Flavio in der Kapelle Santa Priscilla in Anwesenheit des Kardinals Bresaglio und Aldo Moros beigewohnt zu haben. Im Laufe der Zeit war sie zu einer Art von älterer Schwester für ihn geworden, zu seiner Vertrauten. Während der letzten Jahre waren ihre langen gemeinsamen nächtlichen Spaziergänge auf dem Campo del Fiori jedoch seltener geworden. Sie hatte schließlich kein Hehl gemacht aus ihrer offenen Ablehnung der Verschwendungssucht und der Extravaganzen von ›Prinz Flavio‹.
    Sein Vater, Enrico Buglione, war einer der reichsten Männer der 247

    Halbinsel. Er stand an der Spitze eines Industrieimperiums mit über hunderttausend Beschäftigten und hatte entsprechenden ge-sellschaftlichen und politischen Einfluss. Zwei Wochen nach Flavios Verschwinden hatte er Lydia um ihren Besuch gebeten und dabei dann um ihren Rat und ihre Hilfe. Dieser Schritt musste überraschen, denn eine kleine Armee von Privatdetektiven, von Polizisten und von ›Kontaktleuten‹ in zwielichtigen Kreisen hatte sich bereits intensiv mit der Suche nach dem Verschwundenen beschäftigt. Den Verdacht auf eine Entführung konnte man ausschließen, und auch der auf ein Ausreißen war wenig wahrscheinlich, zumal der junge Mann – worüber die Regenbogenpresse alles andere als glücklich war – in den letzten Monaten auf unerklärliche Weise viel ruhiger geworden war.
    Es war Intuition, die Lydia dazu gebracht hatte, bei den Delagrave nachzuforschen. Sie war eine der wenigen, die wussten, dass Flavio schon über lange Zeit einen Briefwechsel mit dem jungen Seminaristen unterhielt. Aber der junge Buglione hatte vor seinem Verschwinden sämtliche Papiere verbrannt.
    Am Abend des Empfangs hatte Lydia um Sekunden zu spät die Ablieferung dieses unseligen Päckchens mitbekommen, das die Ver-zweiflungstat Frédérics auslösen sollte. Sie war in den ersten Stock gestiegen, um mit ihm zu reden. Auf dem Flur vor seinem Zimmer hatte sie dann den Schuss gehört.
    Hinter Renata war sie dann in das Zimmer gestürzt. Diese hatte sich mit den Worten »Du Verrückter! Du armer Verrückter! Möge Gott dir vergeben!«, bekreuzigt und war hinausgerannt, um Hilfe zu

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