Billy Elliot - I will dance
geklärt hätte, aber es dauerte noch zwei Bier, bis ich den Mut dazu aufbrachte.
»Mann, Jackie«, sagte ich schließlich. »Dein Billy.«
»Ah ja?«
»Du weißt schon.«
»Was weiß ich?«
»Na ja, Ballett und so. Ist doch ein bisschen… oder?«
»Ein bisschen was?«
»Na ja.«
»Nun sag schon.«
»Denkst du, dass er… du weißt schon?«
»Was? Raus damit, los.«
»Oh, verdammt noch Mal, Jackie, willst du wirklich, dass ich das ausspreche, ich bitte dich! Ballett ist nicht gerade das, was die meisten Jungs hier bei uns machen, oder?«
»Bloß weil er Ballett mag.«
»Ah ja, gut, bloß weil er Ballett mag. Aber ist er…?«
Er wird froh sein, wenn das alles vorbei ist. Billy hatten sie zu Hause gelassen. Wollten wohl nicht, dass er zugucken musste, wie seine Hoffnungen zerstört wurden. Ich stand auf und legte los. Es war nicht leicht. Das Wort »Ballett« wollte mir im Hals stecken bleiben. »Ihr wisst alle, warum wir hier sind«, sagte ich. »Und ihr alle wisst, dass es heute ein wenig anders ist als sonst. Das eine ist, wir sind im Streik, und niemand hat viel übrig. Und – wir haben bis jetzt Kinder unterstützt, die Boxer oder Fußballer oder so was werden wollten, aber diesmal ist es Billy Elliot, und er möchte Balletttänzer werden.« Die Leute lachten. Ich biss die Zähne zusammen. Was sollte ich denn machen? Ich hatte mein Wort gegeben. Ich faselte noch ein bisschen was, dann übergab ich an Jackie. Ich war zu schnell gewesen, ich weiß, aber… na ja. Es war eben nicht leicht.
Der arme Jackie! Tony hätte ihn nie alleine dort oben sitzen lassen dürfen. Jackie war immer noch ein bisschen benommen, das konnte man sehen. Ich denke mal, der Arzt hatte ihm irgendwelche Pillen verschrieben. Alle starrten ihn an, und er sah aus, als säße er vor einem Erschießungskommando und nicht vor einer Versammlung von etwas mehr als zwanzig Leuten. »Ihr kennt mich alle«, sagte er. »Ihr alle kennt unseren Billy. Ihr alle kennt George.« Er verstummte. Ich stieß ihn unter dem Tisch an. Los, weiter!
»Ihr alle kennt Mrs Wilkinson«, sagte er, und die Leute lachten ein bisschen mehr. Er versuchte sich zusammenzureißen. »Sie sagt, Billy hätte eine Chance, und ich möchte, dass er sie nutzt, wenn er es kann«, sagte er. Und dann, als ich dachte, jetzt legt er los, setzte er sich hin. Bums.
Erst als die Pause immer länger wurde, merkte ich, dass er fertig war. »Gut«, sagte ich. Wieder Gelächter. Es war eine Farce. Ich überlegte, was ich schnell sagen könnte. »Ich stifte all die fünfzig Pencestücke, die ich vom Boxen eingenommen habe. Die Frage war, Billy oder ein neuer Sandsack, und Billy hat gewonnen, und damit hat er zum ersten Mal den Sandsack besiegt, immerhin.« Dafür kriegte ich ein paar Lacher. »Mrs Wilkinson gibt ihre fünfzig Pence vom Ballett. Also, hier sind die Lose.« Ich wedelte damit. »Wir haben noch keine Preise, aber das wird noch. Aber um die Preise geht’s ja gar nicht. Ich möchte euch bitten, dass ihr alle in eure Taschen greift und was ausspuckt. Ich weiß, dass ihr andauernd darum gebeten werdet, und jetzt noch das hier, wo Weihnachten gerade erst vorbei ist. Aber das hier ist wichtig. Klar?« Die Leute guckten einander an. Ein paar standen auf. Niemand kam auf mich zu. Ich denke mal, sie warteten darauf, dass einer den Anfang machte und zur Tür ging, und dann wäre die ganze Meute hinterhergelaufen. »Moment noch.«
Das war Tony. Er saß ganz hinten. Ich dachte, was hat der vor?
»Ihr kennt mich ja alle und so«, sagte er. »Ich bin der Typ, der den Pferdearsch angesteckt hat.« Da musste jeder lachen. »Wir alle müssen für irgendwas berühmt sein. Tja, ich bin wegen einem Pferdearsch berühmt. Billy ist mein Bruder, und ich habe ganz schön oft Lust gehabt, ihm Feuer unterm Arsch zu machen und so.« Jetzt kicherten sie. Ich war beeindruckt. Er hatte sie gekriegt, was ich nicht geschafft hatte.
»Ich weiß, dass Ballett einem ganz schön sonderbar vorkommen kann«, sagte er. »Ich war selber eine ganze Weile dagegen. Aber. Ich möchte was dazu sagen. Also erst mal – « Und ich sah, wie er hochguckte und den Blick von seinem Dad suchte – »Also erst mal, in diesem Streik geht es um die Zukunft. Das wissen wir alle. Um meine Zukunft, eure Zukunft, die Zukunft eurer Kinder. Und das heißt auch um Billys Zukunft. Nicht alle werden am Ende bei der Zeche landen, aber trotzdem haben sie das Recht auf eine eigene Zukunft, egal, wie die aussieht. Man kann nicht
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