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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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das war zu meiner Zeit unvorstellbar! Jemand wie Sie hätte damals keine Chance auf Karriere gehabt.« Dann bekommt sein vom Leben zerfurchtes Gesicht einen schwermütigen Blick. »Na ja, lassen wir das. Ich wünsche Ihnen alles Gute!« Sichtbar erleichtert verlässt er den Saal und erweckt dabei den Eindruck, als hätte er gerade einen Essensrest zwischen den Zähnen entfernt, der ihn dort seit vielen Jahren gestört hat.
    Verwundert schaue ich ihm nach, doch als ich mich wieder umdrehe, steht der Fisch plötzlich ganz nah vor mir.
    »Wunibald von Gersthausen mein Name, ich grüße Sie, Herr Möller!« Die Schärfe seiner Stimme passt zur noblen Blässe des Adligen – nicht jedoch zu seinem Händedruck. Der ist nämlich so weich und nasskalt, dass ich erstaunt nach unten blicke, um mich zu vergewissern, ob er mir aus Spaß vielleicht einen toten Aal in die Hand gelegt hat.
    Zu Späßen scheint von Gersthausen jedoch nicht aufgelegt zu sein, stattdessen klaubt er in den folgenden langen Minuten jede einzelne meiner Aussagen auseinander und analysiert sie bis ins Detail. Hinter seinem Rücken signalisieren verschiedene Burschen Gesprächsbedarf und Bierdurst. Ich werfe einen winzigen Blick hinter den Adligen und gebe so das Zeichen, dass ich die Wartenden zur Kenntnis genommen habe, aber das nimmt er sofort wahr und fährt blitzschnell herum.
    »Wer von diesen Kretins wagt es«, brüllt er metallisch, »sich lustig zu machen über ein altgedientes Mitglied des Corps?«
    Am etwas blöden Blick der Mützenträger, die instinktiv in eine straffe Haltung geschnellt sind, meine ich zweierlei Dinge erkennen zu können: Erstens hat niemand Lust, sich mit dem Fischmann anzulegen, und zweitens kennt offenbar keiner die Beschimpfung französischer Herkunft – so wie ich.
    Stille herrscht im Burschenhaufen, einzig ein leises Wutschnauben des leicht reizbaren weißen Hais ist zu hören. Doch nun, nachdem ich meinen Vortrag gehalten und die Angst vor den anwesenden Freaks verloren habe, werde ich mir langsam meiner privilegierten Situation bewusst, als einziger Mann in diesem Raum nicht den strengen Regeln des Corps unterworfen zu sein. Wollen wir doch mal sehen, ob sich die steifen Typen ein bisschen aus der Reserve locken lassen …
    »Nun mal nicht so streng, Herr General«, spreche ich frech in die Stille hinein, woraufhin Wunibald herumschnellt und reflexartig zur Rückhandbackpfeife ausholt.
    Als er mein erschrockenes Gesicht sieht, lockert er jedoch schnell seine Haltung und lässt die erhobene Hand sinken, scheint sich seiner Aktion sogar etwas zu schämen. Offenbar will er vor versammelter Mannschaft jedoch keine Schwäche zeigen, was ihm angesichts des mädchenhaften Burschengekichers hinter seinem Rücken nachvollziehbarerweise schwerfällt.
    »Einem Mitglied unserer Gemeinschaft hätte eine solche Frechheit nicht passieren dürfen!«, zischt er schließlich scharf und schaut sich dabei demonstrativ im Saal um, bevor er mir ein falsches Lächeln schenkt. »Aber bei einem Zivilisten wie Ihnen, Herr Möller, wollen wir mal ein Auge zudrücken«, sagt er, wobei er das Wort »Zivilist« mit einer sorgsam eingeübten Verachtung ausspricht. Dann strafft er sein feines Jackett und wünscht mir einen guten Abend. Alle anderen lässt er grußlos stehen und verlässt schnurstracks den Saal.
    »War das etwa unangemessen?«, frage ich, kaum dass von Gersthausen verschwunden ist, bierselig in die Burschenrunde, womit ich mir die meisten zum Freund mache. Einer der jüngeren Burschen nimmt im Übermut sogar die Mütze ab und ruft fröhlich in den Saal, dass Wunibald sowieso nicht mehr alle Orden an der Uniform hat, woraufhin er von seinem Nachbarn sofort eine schallende Backpfeife bekommt.
    »Die Kopfbedeckung gehört zu deiner ständigen Pflicht!«, brüllt der Schläger sein Opfer an, das sich verdutzt das Blut von der Unterlippe wischt. Der Schlag hat offenbar gesessen.
    »Wofür gibt’s denn hier noch so aufs Maul?«, frage ich laut und beflügelt von meinem alkoholbefeuerten Querulantengeist, aber offenbar gibt es niemanden mehr, der mir antworten möchte.
    Als nach einem Moment der Stille die ersten Gespräche wieder einsetzen, fordert der Dicke einen der Füchse dazu auf, mir mein Zimmer zu zeigen. Erst auf der Treppe stelle ich fest, dass ich vom kleinen Frechdachs, der sich die Backpfeife eingefangen hat, in mein Gemach geleitet werde.
    »Um Ihre Frage zu beantworten«, nimmt er den Faden von vorhin wieder auf, »es gibt

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