Binärcode
gemacht !«
Der Bildschirm zeigte eine hieroglyphenartige Matrix kleiner Quadrate auf einer rechteckigen Fläche, die hochkant die gesamte Bildschirmhöhe einnahm. Das einzige Element mit Wiedererkennungswert war ein Strichmännchen aus winzigen Planquadraten unterhalb des Bildzentrums.
»PacMan !« , rief Rünz. »Super, habe ich lange nicht mehr gespielt .«
Er zweifelte, ob der Kontakt mit Außerirdischen lohnte, deren Konsolenspiele auf diesem Niveau waren. Werner blieb unbeeindruckt.
»1.679 Bits. Zerlegt in die Primfaktoren sind das 23 mal 73. Also habe ich eine kleine Matrix gebaut mit 23 Spalten und 73 Zeilen und mit den Bits zeilenweise aufgefüllt, jedes leere Quadrat ist eine Null, jedes volle eine Eins. Und was kommt dabei raus, hier oben in den ersten drei Zeilen? Die Spalten sind immer von oben nach unten zu lesen, das ist die binäre Kodierung der Zahlen von eins bis zehn – 001, 010, 011 und so weiter. Arithmetik – galaktisches Esperanto – das Tor zur interstellaren Kommunikation! Sozusagen der Opener, Brot und Salz für die neuen Nachbarn! Jeweils eine Leerzeile scheint die Informationspakete voneinander zu trennen. Den Rest habe ich noch nicht dechiffriert, aber schaut euch den hier unten an !«
Er legte die Fingerspitze auf das Strichmännchen.
»Entweder, die sehen genauso aus wie wir, oder die wissen genau, wie wir aussehen. Und die komische Kuppel hier unten könnte eins ihrer Raumschiffe sein .«
Werner strich sich die strähnigen Haare aus den Augen und schaute die beiden auf den Vordersitzen erwartungsvoll an. Ein historischer Augenblick, die drei einzigen lebenden Menschen auf der Erde, die vom Kontakt wussten, in einem alten VW Passat auf einem Parkhaus in der Hügelstraße im südhessischen Darmstadt. In 40 Jahren würde hier eine Gedenkstätte mit Museum Pilgerströme aus aller Welt anziehen, ein pfiffiger Darmstädter Baukünstler würde die rohe Parkhausarchitektur mit ihren Rampen, Decks und Betonstützen zum integralen Ausstellungselement machen. Fotos und Originaldokumente würden jedes biografische Detail des Trios durchleuchten, auf Videowänden liefen Interviews mit Zeitzeugen (Rünz’ Frau? Brecker? Hoven?) in Endlosschleifen. Rünz’ Super Ruger Redhawk – eine Reliquie unter Glas, an der sich täglich Tausende bekreuzigten. Für die Gebeine der drei entstände ein eigenes Mausoleum auf der Rosenhöhe, zwischen dem kleinen griechischen Tempel, den Georg Moller als Ruhestätte für Prinzessin Elisabeth Karoline entworfen hatte, und dem schlichten Grabmal, das Ernst Ludwig für seine Eltern und Geschwister in Auftrag gegeben hatte. Und wahrscheinlich würde in 80 Jahren ein ausgebuffter junger Geschichtswissenschaftler in seiner Promotion nachweisen, dass Rünz zu Lebzeiten regelmäßigen Kontakt mit einer Prostituierten namens Yvonne im Watzeviertel hatte und damit einen heftigen Sturm im Elfenbeinturm der Historikerzunft auslösen.
Werner redete und redete, und Stadelbauer grinste von Minute zu Minute breiter, bis dem Zopfträger der Kragen platzte.
»Verdammt, das hier ist das dickste Ding seit der Relativitätstheorie, was gibt’s da zu lachen ?«
»Du warst schon auf dem richtigen Weg. Das abgebrochene Rechteck hier in der zweiten Reihe, die Zahlen eins, sechs, sieben, acht und 15, wieder binär kodiert. Die Ordnungszahlen der Elemente Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphor. Die Basis des organischen Lebens hier auf der Erde. Damit hat man die Leseanleitung für den dritten Teil hier in der Mitte. Chemische Verbindungen, die Nukleotide, die Grundbausteine der menschlichen DNA, dargestellt durch die Anzahl der jeweils enthaltenen chemischen Elemente. Damit ist auch klar, was diese beiden Spiralen oberhalb des kleinen Männchens hier bedeuten, die Doppelhelix des DNA-Moleküls. Links neben dem Männchen ist die Zahl 14 kodiert, multipliziert mit 12,6 cm, der Wellenlänge des Signals, ergibt das die durchschnittliche Größe eines erwachsenen Menschen. Rechts daneben 4,3 Milliarden, binär kodiert, die Größe der Weltbevölkerung Mitte der 70er-Jahre. Die Reihe unter dem Männchen ist eine generalisierte Darstellung unseres Planetensystems, links die Sonne, rechts die Planeten Merkur bis Pluto. Und die umgedrehte Schüssel unten stellt das Radioteleskop dar, mit dem das Ganze gesendet wurde .«
Der Nerd brauchte ein paar Sekunden, um Stadelbauers Kurzreferat zu verarbeiten.
»Scheiße, woher weißt du das alles ?«
»Ganz
Weitere Kostenlose Bücher