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Binde Deinen Karren an Einen Stern

Binde Deinen Karren an Einen Stern

Titel: Binde Deinen Karren an Einen Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Lukas
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nächste Woche wieder schwimmen gehen …
    Man sieht, die konsequente Belohnung für erwünschtes Verhalten, wie sie in Therapie und Pädagogik eingesetzt wird, hat ihre Grenzen, und zwar genau dort, wo versäumt wird, gleichzeitig
Wertstrukturen
zu vermitteln, die die egozentrische Frage „Was hab’ ich davon?“ überschreitend hinlenken zur Frage:
    „Ist das gut, was ich tue –
    gut für uns alle, die wir in dieser Situation
    miteinander verbunden sind?“
    In diesem Zusammenhang eine verblüffende Story. Eine 16-Jährige berichtete mir von nächtlichen Angstträumen, bei denen sie aufschrie und sich im Bett hin und her warf, was ihre Eltern stets aufweckte. Diese kamen sofort angetrabt, um sie zu beruhigen, woraufhin sie friedlich einschlief. Die Eltern jedoch konnten nach solch nächtlichen Intermezzos vor lauter Sorgen um die Tochter nicht mehr einschlafen mit der Folge, dass sie tags darauf übernächtigt und müde waren. Bevor ich mich auf die Inhalte der Träume einließ, fragte ich die junge Klientin, ob sie in den Ferienlagern, von denen sie mir erzählt hatte, ebenfalls Angstträume gehabt hatte, was sie verneinte. Nie – sie war selbst erstaunt darüber. Dort kam eben niemand, um sie zu trösten! Ihre Ferienkolleginnen hätten sich über eine nächtliche Störung bloß beschwert. Da machte ich ihr einen ungewöhnlichen Vorschlag. Sie könne träumen, was sie wolle, aber sie solle sich abends im Bett fest vornehmen, künftig den Schlaf ihrer Eltern zu behüten und diese nicht mehr aufzuwecken. Freilich werde es dann auch keine liebevollen Beruhigungsversuche der Eltern mehr geben, und sie müsse sich eigenständig in den Schlaf „zurückwiegen“, aber das frohe Gefühl, etwas Gutes für ihre Eltern getan zu haben, werde ihr dabei helfen. Sie wandte ein, sie schreie nicht absichtlich, sie könne ihre Emotionen nicht willentlich steuern usw., aber ich blieb dabei, sie möge es ausprobieren. Was geschah? Die Angstträume hörten auf. Eigentlich schade, denn ich wollte ihre Inhalte doch ein wenig unter die therapeutische Lupe nehmen, aber sie wichen so schlagartig, dass die junge Klientin sie innerhalb kürzester Zeit vergessen hatte.
    Es ist merkwürdig: Eine „Belohnung“ (Intervention der Eltern) ist in diesem Falle gestrichen worden. Und gerade durch das freiwillige Loslassen dieser „Belohnung“ hat Heilung stattgefunden.

Der gesunde Widerstand
    Ich bin einmal gefragt worden, ob Patienten nicht häufig Widerstand leisten gegen die von einem Psychotherapeuten angewandten Methoden. Damals antwortete ich, dass ein Widerstand im Prinzip eine
positive Kraft
sei bzw. als eine solche genutzt werden könne; denn körperlich oder seelisch Kranke sind – auch wenn manches Elend „selbstgemacht“ ist – irgendwie „vom Schicksal geschlagene Menschen“. Und deshalb ist es nötig, dass sie dem Schicksal – oder auch ihren eigenen Fehlern – nachhaltig die Stirn bieten und immer wieder neu durchstarten. Viktor E. Frankl baute in den Dialogen mit seinen Patienten sehr viel auf deren „Trotzmacht des Geistes“, wie er ihr Widerstandspotenzial nannte, und forderte sie auf, kräftig davon Gebrauch zu machen, sobald kritische Gewohnheiten sie zu übermannen drohten oder fatale Ärgernisse ihren Weg kreuzten.
    Man könnte die von ihm entwickelte Logotherapie insgesamt als eine „Widerstandsbewegung“ charakterisieren, insofern nämlich, als Frankl selbst darauf hinwies, dass „die Ausgangsposition der Logotherapie eine Opposition gewesen ist, und zwar eine Opposition gegen den die Psychotherapie beherrschenden Psychologismus“ (aus: „Der leidende Mensch“, Huber, Bern 1984). Wobei Psychologismus bedeutet, dass fast alle menschlichen Äußerungen – ungeachtet ihrer Echtheit – auf unbewusste, vorrangig pathologische Motive zurückgeführt werden.
    Frankl erzählte dazu den lehrreichen Fall eines amerikanischen Diplomaten, der fünf Jahre lang in psychoanalytischer Behandlung gestanden hatte, ohne dass eine Besserung eingetreten wäre, bis er mithilfe einer einzigen logotherapeutischen Aussprache gesundete (aus: „Das Leiden am sinnlosen Leben“, Herder, Freiburg i. Br., 2003). Es handelte sich um die einfache Tatsache, dass der Patient seine diplomatische Karriere aufzugeben erwog, was sein Analytiker beharrlich als „unversöhnlichen Kampf des Patienten gegen dessen Vaterimago (Freud)“ interpretierte.
    Fünf Jahre lang dauerte das Theoretisieren zwischen den Deutungen des Therapeuten und

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