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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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schwer. Mein ganzer Körper
fühlte sich mehr und mehr an wie ein schreckliches Gewicht auf meinen Beinen,
als würde ich einen Rucksack voll mit Beton schleppen. Robin sah sich ständig nach
mir um.
    »Alles klar?«, fragte er. »Wird es dir auch nicht zu
viel?«
    »Nein, nein. Es liegt an den Schuhen. Die müssen eingelaufen
werden.«
    Wir marschierten weiter. Er hatte natürlich eine Karte
dabei, haben diese Typen doch alle, eingepackt in Plastik. Ab und an blieb er
stehen und deutete auf irgendeine Felsspitze in der Ferne. Dann nickte ich,
froh über die Verschnaufpause, obwohl ich so was auf den Tod nicht ausstehen
kann, wenn Leute einem was über Sachen verklickern, als würden sie ihnen gehören.
Great Knott, Brown Howe und so weiter und so fort, er nannte sie alle beim Namen,
als wären sie gute Freunde von ihm. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, zu einem
von denen rüberzumarschieren und ihm einen ordentlichen Tritt zu verpassen. Es
waren Felsen. Schluss, aus.
    Eine gute Stunde ging das so weiter, wir marschierten,
stiegen höher und höher, Robin studierte seine Karte und plapperte vor sich
hin. Eine Dreiergruppe hatte uns eine halbe Stunde zuvor überholt, doch davon
abgesehen hätte man meinen können, wir wären die einzigen Menschen auf Erden.
Das ist schon irgendwie ein komisches Gefühl, so klein zu sein an einem so
großen Ort und dennoch darüber hinwegzuschreiten. Als Einzige. Keine
neugierigen Augen. Keine Gesetze. Keine Zukunft. Keine Vergangenheit. Da
kommst du auf ganz merkwürdige Ideen.
    Endlich waren wir irgendwo angekommen, nachdem wir auf
allen vieren bis ganz nach oben auf diesen Gipfel gekraxelt waren, der aussah
wie ein spitzer, schwarzer Zinken, die Erde meilenweit unter uns, alles Grün
verwaschen und weit weg, als wären wir nie im Leben von dort gekommen. Eine
Weile sprach keiner von uns ein Wort. Man musste sich erst dran gewöhnen.
    »Bad Step heißt der Punkt hier«, sagte er schließlich.
»Hast du noch immer Lust auf eine schnelle Partie?«
    »Und ob. Ich hab das Gefühl, ich bring's noch zum
Scrabble-Meister.«
    »Da hast du aber noch einiges vor dir. Gute Übersicht, Bestandsmanagement.
Das ist die Hauptsache. Kann ich mir mal dein Handy ausleihen?«
    »Verdammt, hab ich vergessen.«
    »Also wirklich, Al. Auf so einer Bergtour sollte man immer
ein Handy dabeihaben. Ich wollte Carol anrufen, ihr sagen, dass wir oben sind,
ein Foto machen.«
    Wir standen einfach da, ließen den Blick schweifen.
    »So was rückt alles wieder ins rechte Licht, nicht, wenn man
hier oben steht«, sagte ich. »Was wichtig ist, was nicht. All die kleinen
Eifersüchteleien, die wir Menschen haben, unsere kleinen Hassgefühle und
Verbitterungen. Ich meine, was ist das alles gemessen am großen Weltenplan, Robin,
erklär mir das mal?«
    »Wir nichtigen Wesen«, sagte er.
    »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Und mit
diesem Gedanken im Hinterkopf muss ich dir was gestehen.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Ich hab dir gestern Nacht in die Pantoffeln gepinkelt.«
    »Was soll das heißen, du?«
    »Ich meine damit, ich. Ich habe dir gestern Nacht in die
Pantoffeln gepinkelt. Alle dachten, es wäre Monty gewesen. Aber das stimmt
nicht. Ich war's. Ich hab erst in den rechten gepinkelt, und dann hab ich in
den linken gepinkelt, könnte aber auch umgekehrt gewesen sein, ich weiß es
nicht mehr so genau. Jedenfalls, entscheidend ist, ich habe reingepinkelt, sie
richtig voll gemacht. Und hast du eine Ahnung, warum?«
    »Al, soll das ein Witz sein? Wenn ja, dann ...«
    »Weil ich stinksauer war, Robin, darum. Ich hatte mir nämlich
kurz vorher dein Wörterbuch ausgeliehen und das Wort Eumel nachgeschlagen und
musste feststellen, dass es drinsteht, dass es sehr wohl gilt. Du hast geschummelt.
Du hast mich um den Sieg gebracht, und du hast mich um den Pokal gebracht. Du
hast mich aussehen lassen wie einen blöden Eumel, Robin, einen Scheißeumel,
und das macht mich wütend.« Und schon stürzte ich mich auf ihn und packte ihn
am Hals.
    »Al, glaub mir, ich hab nie ...«Ich zog an seinem Bart.
    »Wie wäre es gewesen, mal ins Wörterbuch zu kucken? Dich
anständig und korrekt zu verhalten? Zu sagen, >Ja, Al, das ist super, du
hast gewonnen, weil Eumel ein ganz normales Wort ist, genau wie Bart und Beule
und schrecklicher Unfall<.«
    »Al, ich wollte doch nicht...«
    »Doch, du wolltest! Jawohl, du wolltest! Das ist das Problem,
Robin. Du wolltest! Ich schwöre hoch und heilig, wenn du nicht gesagt
hättest... >Oh

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