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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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-, richtig frech und
souverän, so als wäre ich wild und er mein Fang, als ordneten sich die Buchstaben
wie von selbst auf der Ablage, auf dem Brett, fügte sich alles reibungslos
ineinander. Ich war hellwach, beflügelt, cool wie bei einer schnellen Nummer
am Nachmittag. Ich zog bessere Buchstaben aus dem Säckchen als Robin, nutzte
sie besser. Er war verunsichert, das merkte ich ihm an. Ich hatte einen Lauf,
und das wussten wir alle. Plötzlich war diese Partie ungemein wichtig.
Plötzlich glänzte der kleine Pokal auf dem Regal nur für mich. Jedes Mal, wenn
ich ihn ansah, kam er mir größer vor, strahlender, in greifbarerer Nähe.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Robin war noch immer gut, lag insgesamt noch
immer vorn, aber mit jeder Runde rückte ich ihm näher auf den Leib. Wörter, die
zu kennen ich nicht für möglich gehalten hätte, fielen mir so locker ein, wie
das Eis in meinem Whisky klimperte, klar und wie für mich geschaffen, OBSKUR,
DISPUT, SURREAL. Hin und her ging es mit uns, und mit jeder Runde verringerte
sich sein Punktevorsprung, rückte der Pokal näher zu mir. Selbst wenn ich das
Ding nicht ergatterte, hätte ich Robin das Leben ganz schön schwer gemacht, ihm
ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert.
    Vielleicht wurde ich arrogant, aber im letzten Viertel der
Partie fiel ich zurück. Robin baute seine leichte Führung aus. Mir lief die
Zeit davon. Ich konnte nur kurze Wörter legen, Wörter, die nicht viel
einbrachten, zumal die Buchstaben langsam zur Neige gingen und das Brett schon
so gut wie voll war. Das Spiel entglitt mir. Zwei Runden später war nichts
mehr im Säckchen, es gab nur noch das, was wir auf unseren Bänkchen liegen
hatten, dann war Schluss. Er führte mit neunundzwanzig Punkten Vorsprung. Ich
hatte noch fünf Buchstaben übrig. Er musste noch sieben haben, ein komplettes
Bänkchen voll. Er war an der Reihe. Ich hätte ein halbwegs punkteträchtiges
Wort legen können, wenn ich dran gewesen wäre. Im unteren Bereich des Brettes
lag das Wort SIE, das horizontal noch verlängerbar war. Ich könnte G-E-L
anlegen und bekäme SIEGEL. Das würde mir acht Punkte einbringen. Ich würde
immer noch verlieren, aber respektabel. Robin ahnte anscheinend, was mir durch
den Kopf ging, denn er lächelte, streckte eine Hand aus und knallte hinter das
SIE die Buchstaben GER. SIEGER. Sieben weitere Punkte. Er lehnte sich zurück,
richtete die Augen auf das Regal mit dem Pokal.
    Ich senkte den Blick auf meine letzten fünf Buchstaben -
ein G, ein E, ein L, ein M und ein U. Ich zerbrach mir den Kopf, wie ich
möglichst viele davon, vor allem aber das punktestarke M loswerden könnte.
    »Meine Partie, würd ich sagen«, sagte Robin.
    Und dann sah ich sie, die Chance, die sich mir durch sein
Wort eröffnet hatte. Ich konnte vertikal vier meiner Buchstaben an das zweite
E in SIEGER anhängen, und zwar so, dass mein L auf einem Feld mit dreifachem
Wortwert lag - als wäre es eine Schicksalsfügung. U-M-E-L. EUMEL. Es war
unglaublich. Ich hätte bis auf einen alle meine Restbuchstaben verbraucht,
würde geschlagene siebenundzwanzig Punkte kassieren, wodurch sich Robins
Vorsprung auf neun Punkte verringerte. Und alles, was noch auf seinem Bänkchen lag,
würde von seinem Punktestand abgezogen. Ich wusste nicht genau, wie viele Buchstaben
er noch hatte, aber eines wusste ich: Es war ein Y dabei. Vielleicht hoffte er,
damit in einem letzten Spielzug noch irgendwie bei Carol Eindruck schinden zu
können, neunmalklug, wie er war. Aber leider gab es beim besten Willen keine
Möglichkeit, wie er es noch unterbringen konnte, und das hieß, es würden ihm
mindestens zehn Punkte von seiner Gesamtzahl abgezogen werden. Was bedeutete,
dass ich gewinnen würde. Ich würde gewinnen, verdammt noch mal. Ich hatte ihn
in seinem Lieblingsspiel geschlagen. Ich legte die Buchstaben hin, ganz bedächtig,
mein Mund wie ausgetrocknet, mein Herz schlug wie ein Presslufthammer, als
würde mir eine barbusige Schönheitskönigin auf der Überholspur der Autobahn einen
runterholen. Was für ein Gefühl!
    »EUMEL«, sagte ich, bemüht, das Zittern in meiner Stimme
zu unterdrücken. Ich hatte gewonnen. Ich hatte ganz einfach gewonnen. Ich würde
den Ruhm einheimsen, ich würde den Pokal kriegen und später, wenn ich reichlich
daraus getrunken hatte, würde ich Audreys Opernhaus die beste Produktion
bescheren, die es seit Jahren gesehen hatte; drei Akte und keine Pause. Scheiß
auf den Anstand.
    Robin kraulte sich den

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