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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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Um mich ging es dabei überhaupt nicht. Als sie sich
wieder vorbeugte, war ihr Gesicht ausdruckslos wie ein Teller.
    »Und haben Sie einen Zeitplan für diese Transaktion?«
    »Wie gesagt, die Tasche ist im Auto. Jetzt wäre ein ganz
guter Zeitpunkt, wenn Sie nichts anderes vorhaben.«
    »Wo? Hier? Ein Hotel?«
    »Ich hatte an Ihr Schlafzimmer gedacht.«
    »Was Sie nicht sagen. Sie sind wirklich kein sehr netter
Mensch, Mr Greenwood.«
    »Solche muss es auch geben. Nur noch zweierlei.«
    »Ja bitte?«
    »Erstens, ich möchte, dass Sie die Socken anbehalten.«
    »Und zweitens?«
    »Würde es Ihnen viel ausmachen, wenn ich Audrey zu Ihnen
sage?«
     
    Beim Hinausgehen hielt ich ihr die Tür auf, ganz Gentleman.
Mein Wagen parkte drei Plätze weiter als ihrer. Ich öffnete den Kofferraum,
nahm die Tasche heraus.
    »Doch nicht etwa auf Treu und Glauben, oder?«, sagte sie.
Unsere Hände berührten einander, als sie die Tasche nahm. Nicht die Spur eines
Funkens.
    »Ich fahre hinter Ihnen her«, sagte ich. »Wenn wir da
sind, warte ich ein paar Minuten im Auto, lass Ihnen Zeit, ein paar
Vorbereitungen zu treffen. Lassen Sie einfach nur die Tür angelehnt, okay?«
    Wir fuhren los, der Vormittagsverkehr war mäßig. Ich blieb
dicht hinter ihr, Stoßstange an Stoßstange, überfuhr sogar eine rote Ampel,
damit sie mich spüren konnte, in ihrem Nacken, hautnah. Ich konnte ihr Gesicht
im Spiegel sehen, das sich ab und zu leicht wendete, wenn sie nach mir sah.
Mann, was für Gedanken wohl in dem Auto vor sich gingen.
    Fünfzehn Minuten später bogen wir in die Straße mit den
Offiziersquartieren. Eine Frau jätete Unkraut in einem Blumenbeet ihres
Vorgartens; ein paar Häuser weiter drosch ein Jugendlicher einen Tennisball
gegen ein Garagentor. Es war ein Vormittag unter der Woche, nichts Besonderes,
alles hübsch friedlich, alles hübsch geordnet. Genau richtig für ein bisschen
Chaos. Mrs Fortingall parkte ihren Wagen in der Einfahrt, nahm die Tasche
heraus und ging ins Haus.
    Sie ließ die Tür ein Stückchen auf. Ich konnte das Grün
der Tapete und den Rand des kleinen vergoldeten Spiegels an der Wand sehen. Ich
stellte mir vor, wie sie die Treppe hochging, ins Schlafzimmer, sich auszog.
Ich stellte mir vor, wie sie dalag, in ihren weißen Söckchen, darauf wartete,
dass sich die Tür öffnete, meine Tritte die Treppe heraufkamen. Ich stellte
mir vor, was sie denken würde, wie sie wäre, den Ausdruck in ihrem Gesicht, die
Farbe ihrer Haut. Ich stellte mir ihren Mund vor, seine Größe, ein klein
bisschen zu groß für ihr Gesicht, und den kleinen Kern aus Hass, der so ein
Loch in sie gebrannt hatte. Ich stellte mir vor, wie einfach das alles wäre,
die Erinnerung, die ich daran behalten würde. Ich stellte mir noch vieles mehr
vor. Und dann fuhr ich davon.
     
    Ich fühlte mich toll, ich hätte die Welt umarmen können.
Ich hatte es getan, ich hatte den alten Al abserviert, genau das Richtige
getan. Okay, ich hatte vielleicht ein bisschen übertrieben, aber Mrs Fortingall
hatte es verdient. Sie hatten es beide verdient. Und ich? Ich hatte Audrey
verdient.
    Ich hatte noch etwas Zeit. Am Bahnhof Dorchester gabelte
ich einen Fahrgast auf, brachte ihn nach Hause, dann fuhr ich Audrey abholen.
Als ich ins Fitnessstudio kam, war die junge Frau wieder hinter der Theke. Sie
schenkte mir ein superbreites Lächeln. Das Leben war schön.
    »Mr Greenwood. Ihre Frau hat schon versucht, Sie zu erreichen.
Es dauert ein bisschen länger bei ihr.«
    Ich spähte durch das runde Fenster. Audrey klammerte sich
an irgendein Trainingsgerät, ihre Beine hoben und senkten sich, als würde sie
eine Treppe raufsteigen. Gail Fowler stand bei ihr und drückte irgendwelche
Knöpfe.
    »Al! Da bist du ja. Uns ist die Zeit davongelaufen. Ich
wollte sie nach Hause bringen.«
    Tina stand oben an der Treppe, ein Handtuch um die
Schultern, die Haare ganz nass.
    »Kurzfristige Tour«, sagte ich. »Hat länger gedauert. Es
macht mir nichts aus zu warten.« Tina sah gar nicht schlecht aus, nicht nur das
Fleisch auf den Knochen, sondern das Licht hinter den Augen. Ich deutete in
Richtung Schwingtüren.
    »Scheint ihr zu gefallen.«
    »Sie ist nicht mehr zu bremsen. Laufband, Rudermaschine,
Gewichte, das volle Programm. Wir haben sie gefragt, ob sie auch bei unserem
Sonntagsklub mitmacht.«
    »Aha?«
    »Nichts Offizielles. Es war Gails Idee, das Studio sonntagnachmittags
zu nutzen, wenn normalerweise geschlossen ist. Nur wir paar Frauen, die
gemeinsam ein bisschen

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