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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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Parsons et al. 2008). In der Regel sind mehrere dieser und auch noch andere mögliche Verhaltensweisen im Spiel (Carnes & Schneider 2000).
Gebräuchliche Begriffsbezeichnungen
    Die lebhaften Bemühungen um eine akkurate Erfassung des Phänomens führten zu mehr als 30 Begriffen und mehr als 100 Definitionen für unkontrolliertes Sexualverhalten (O’Donohue 2001). Mehrere dieser Definitionen wurden von den Medien begierig aufgegriffen und gingen in die Alltagssprache ein. Die vielenverschiedenen Begriffe, die ins Gespräch gebracht wurden, führten zu Unsicherheiten in der psychologischen Diagnose, die für die Ausrichtung der Behandlung doch von großer Bedeutung ist (O’Donohue 2004). Es gibt bis heute im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR, APA 2000) keine offizielle Diagnose des unkontrollierten Sexualverhaltens; Kliniker, die in einem diagnostischen Kontext tätig sind, haben jedoch einen kreativen Gebrauch von der Kennzeichnung 1.) der sexuellen Dysfunktionen (d. h. Störungen des Begehrens), 2.) der Paraphilien (nicht anderweitig spezifiziert [not otherwise specified; NOS]), 3.) der Störungen der Impulskontrolle (NOS), 4.) der sexuellen Störungen (NOS) und 5.) der psychischen und Verhaltensstörungen im Zusammenhang mit der sexuellen Entwicklung und Orientierung gemacht (Guigliano 2009; Seegers 2003). Das DSM-IV-TR soll in Kürze durch das DSM-V aktualisiert werden, und zu den vorgeschlagenen Ergänzungen zählt auch ein klareres Klassifikationssystem für unkontrolliertes Sexualverhalten (Manley & Koehler 2001); die Meinungen darüber, wie dieses System beschaffen sein soll, gehen allerdings noch auseinander (Kafka 2010).
    Hypersexualität
    Ein Vorschlag für das DSM-V (APA 2010) lautet auf »Hypersexualität« (hypersexual disorder; Kafka 2010). Gold und Heffner (1998) stellen fest, dass Personen, die an dieser Störung leiden, sich sexuell nicht befriedigt fühlen können und daher eine exzessive sexuelle Aktivität entwickeln. Zu Kafkas Kriterien für diese Störung zählen ein Lebensalter von über 18 Jahren, über eine Zeitspanne von zumindest sechs Monaten wiederkehrende, intensive sexuelle Fantasien, Impulse und Verhaltensweisen, die zudem mindestens vier der folgenden insgesamt fünf Kriterien genügen: 1.) ein exzessives Maß an Zeit, die mit sexuellen Fantasien und Impulsen oder mit tätigem Sexualverhalten bzw. der Planung solchen Verhaltens verbracht wird, 2.) ein wiederholtes Sich-Einlassen auf unkontrolliertes Sexualverhalten in Reaktion auf dysphorische Zustände, 3.) ein wiederholtes Sich-Einlassen auf unkontrolliertes Sexualverhalten in Reaktion auf belastende Lebensereignisse, 4.) wiederholt fehlgeschlagene Bemühungen, das unkontrollierte Sexualverhalten zu steuern oder zu reduzieren, und 5.) ein wiederholtes Sich-Einlassen auf unkontrolliertes Sexualverhalten bei Nichtbeachtung der Gefahr, dass der eigenen Person oder anderen Personen ein (emotionaler oder physischer) Schaden zugefügt wird. Darüber hinaus geht mit der Häufigkeit und Intensität dieser Fantasien, Impulse und Verhaltensweisen ein klinisch signifikantes Maß an Stress oder Beeinträchtigung in den sozialen, beruflichen oder anderweitig bedeutsamen Funktionsbereichen einher. Diese sexuellen Fantasien,Impulse und Verhaltensweisen müssen nicht notwendig den unmittelbaren physiologischen Wirkungen exogener Substanzen (Drogen, Medikamentenabusus) oder einer manischen Episode geschuldet sein. Die jeweilige Art des unkontrollierten Sexualverhaltens lässt sich als Masturbation, als Pornografie, als einverständlicher Sex mit Erwachsenen, als Cybersex, Telefonsex, als Aufenthalt in Strip-Clubs oder anderes spezifizieren. Ob eine eindeutige Diagnose unkontrollierten Sexualverhaltens im DSM-V enthalten sein wird, das wird sich zeigen, wenn das Handbuch, wie vorgesehen, 2012 erscheint (APA 2010). Die drei anderen in der Literatur am häufigsten genannten Bezeichnungen sind »sexuelle Zwanghaftigkeit« (Quadland 1985), »sexuelle Impulsivität« (Barth & Kinder 1987) und »Sexsucht« (Carnes 1992).
    Störungen der Impulskontrolle
    Diesem Modell zufolge ist das definierende Kriterium für unkontrolliertes Sexualverhalten ein Mangel an sexueller Impulskontrolle. Das DSM-IV-TR nennt als Störungen der Impulskontrolle das »wiederholte Unvermögen, einem Impuls, einem Trieb oder einer Versuchung zu widerstehen, eine Handlung auszuführen, die für die Person selbst oder für andere schädlich ist … mit

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