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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Neßhöver
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zum Thema Umweltbedingungen, in dem sie eindrucksvoll die verschiedenen Effekte von Pflanzenschutzmitteln und anderen Umweltgiften auf die Natur schilderte, sei es die schleichende Vergiftung in der Nahrungskette, seien es die direkten Auswirkungen auf einzelne Arten, etwa die Effekte des mittlerweile in Europa und den USA verbotenen DDT auf die Weißkopfseeadler, deren Eierschalen so dünn wurden, dass die Eier beim Bebrüten zerbrachen.
    Waren früher die direkten Schädigungen an der Natur vielfach sichtbar und Rückstände häufig nachweisbar, haben sich heute die Gefahren verschoben. So gelten in Europa sehr strenge Richtlinien, viele besonders schädliche Produkte mussten vom Markt genommen werden, in anderen Regionen der Welt werdensie aber vielfach weiterhin genutzt. So ist DDT in etlichen tropischen Ländern weiterhin intensiv in Gebrauch, um die Anopheles-Mücken als Hauptüberträger der Malaria unter Kontrolle zu halten.
    In Europa kommen neue Probleme zum Vorschein: Konnte man bislang mit der Angabe und Kontrolle von Höchstkonzentrationen einzelner Schutzmittel etwaige Schäden vermeiden, zeigt sich inzwischen mehr und mehr, dass auch geringe Konzentrationen Auswirkungen auf Tiere und Pflanzenpopulationen haben, wenn mehrere Mittel miteinander kombiniert werden. Das erschwert die Erfassung dieser Mittel und eine Gefahrenanalyse zunehmend.
    Hinzu kommt auch die Allgegenwart von chemisch produzierten Stoffen in der Umwelt. Im Grundwasser vieler Städte und ihren Flüssen lassen sich immer mehr Arzneimittel nachweisen, so etwa Rückstände von Beta-Blockern und Anti-Baby-Pillen. Darunter befinden sich auch hormonell wirksame Stoffe, also Stoffe, die in den Stoffwechsel der Organismen eingreifen und etwa zu einer reduzierten Fortpflanzungsrate führen.
    Diesen sehr speziellen Vergiftungen von Tieren und Pflanzen (und auch vielfach des Menschen) steht aber eine noch viel breitere Vergiftung ganzer Regionen entgegen.
    Sieht man einmal ab von den direkten Verschmutzungen der Umwelt durch die Industrie – Stichwort Waldschäden und tote Flüsse –, geht die größte weltweite Verschmutzung auf eine Erfindung aus dem Jahr 1910 zurück. Zuvor war mehr und mehr klar geworden, dass man den steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln aus dem Ackerbau nicht würde decken können, wäre man nicht in der Lage, mehr Stickstoff für die Felder verfügbar zu machen. Stickstoff war der limitierende Faktor des Pflanzenwachstums, die Pflanzen brauchen ihn, um Photosynthese zu betreiben und damit besser zu wachsen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Elementen wird Stickstoff aber nur in sehr geringemMaße durch die Bodenbildung, sondern vor allem durch organische Substanz in den Boden eingebracht.
    Stickstoff-Zufuhr auf die Felder wurde daher bis in diese Zeit nur durch die Einbringung von Tiermist und Knochenmehl, den Zwischenanbau von Stickstoff-bindenden Leguminosen, und später durch den Import von Vogelguano sichergestellt. Dieses Angebot reichte aber nicht, um den steigenden Bedarf zu decken. 1910 entwickelten die Wissenschaftler Fritz Haber und Carl Bosch bei der Firma BASF das nach ihnen benannte Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von Ammoniak, einem wichtigen Düngemittelgrundstoff, aus Luftstickstoff und Wasserstoff. Beide bekamen dafür in verschiedenen Jahren den Chemie-Nobelpreis. Heute wird ein Großteil der weltweiten Ammoniakproduktion von 100 Millionen Tonnen durch das Haber-Bosch-Verfahren hergestellt, das energetisch sehr aufwändig ist: Es werden Drücke von über 250 Bar und Temperaturen von mehr als 450°C benötigt. Man schätzt, dass über ein Prozent des weltweiten Energieverbrauches in das Haber-Bosch-Verfahren fließt.
    Durch die breite und preiswerte Verfügbarkeit von Stickstoff-Kunstdünger haben wir heute eine weltweite Überdüngung – nicht nur der Äcker und Wiesen, sondern auch fast aller anderen Ökosysteme. In einer natürlichen Umwelt liegen die Einträge von Stickstoff in Ökosystemen durch physikalische und biologische Prozesse bei etwa zehn bis zwanzig Kilogramm pro Hektar und Jahr. Darauf sind die Ökosysteme eingestellt. In Mitteleuropa liegen diese Einträge allerdings mittlerweile beim Zehn- bis Zwanzigfachen oder noch höher. Neben den Einträgen aus der Landwirtschaft spielen auch die Einträge aus Abgasen vor allem des Verkehrs eine erhebliche Rolle. Konzentrieren sich diese Belastungen heute noch auf Europa bis zum Ural, die USA und kleinere Regionen Asiens, erwartet man für

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