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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Neßhöver
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häufig um Arten, die der Mensch bewusst dezimiert oder gar ausgerottet hat, weil sie eine Gefahr oder noch mehr eine Konkurrenz um eine Ressource in der Natur darstellten. Zur ersten Kategorie gehörte der Biber. Er wurde lange wegen seines dichten Fells, aber auch zum Fleischverzehr gejagt. Der Biber galt wegen seines Schwanzes als „Fisch“ und durfte daher in der Fastenzeit gegessen werden. Brehm schreibt in seinem „Thierleben“ von 1865: „Der große Nutzen, welchen der Biber gewährt, gleicht den Schaden, welchen er anrichtet, fast aus. Man muß dabei festhalten, daß der Biber vorzugsweise unbevölkerte Gebiete bewohnt und am liebsten dünne Schößlinge von Holzarten fällt, welche rasch wieder nachwachsen. Dagegen bezahlt er mit Fell und Fleisch und mit dem Bibergeil nicht bloß den angerichteten Schaden, sondern auch alle Mühen und Beschwerden der Jagd sehr reichlich. Noch immer bildet der Bibergeileinen bedeutenden Handelsgegenstand. Vor 40 Jahren zahlte man ein Loth desselben mit einem Gulden; gegenwärtig kostet es bereits 10 Gulden und darüber.“ Der Bibergeil war eine Drüse, aus dessen Sekret der Biber unter anderem sein Fell einfettete. Noch heute ist die getrocknete Substanz in Apotheken erhältlich, ihr wurden lange verschiedene heilende Wirkungen nachgesagt. Da man darin aufgrund der Ernährung des Bibers durch Weidenrinde auch Salicylsäure, den Ursprungsstoff des Schmerzmittels Acetylsalicylsäure, nachgewiesen hat, existiert wahrscheinlich sogar eine gewisse gesundheitsfördernde Wirkung. Wie die steigenden Preise für Bibergeil schon zu Zeiten Brehms zeigen, war der Biber bereits damals stark im Rückgang begriffen, im 19. Jahrhundert kam er an kaum einem der mitteleuropäischen Flüsse mehr vor.
    Durch intensiven Schutz, zuletzt durch die europaweite Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die aktive Wiederausbreitung etwa an der Elbe und auch durch Wiederansiedlungsprogramme (teilweise mit kanadischen Bibern) breitet sich der Biber nun vor allem im Süden Deutschlands wieder stark aus und ist in allen Flächenländern Deutschlands vertreten. Der Bestand in Deutschland wird heute etwa auf 20 000 Tiere geschätzt. Damit kommen aber auch alte Konflikte wieder auf, und neue gesellen sich dazu. Anders als zu Brehms Zeiten gibt es in Mitteleuropa kaum noch „unbevölkerte Gebiete“, Biber untergraben daher Dämme und Fahrwege, fällen auch wertvolle Bäume an wie etwa Obstbäume und fressen im Sommer schon einmal Maispflanzen und andere Feldfrüchte in Ufernähe. Nicht zuletzt kann es durch die Biberdämme zu Überflutungsschäden in Ufernähe kommen.
    Daher wird ihre Ausbreitung durch Managementpläne und sogenannte Biberberater begleitet, die die Tiere beobachten, Landwirte und die Bevölkerung aufklären und teilweise Hilfen bei finanziellen Einbußen vermitteln, sollte es doch zu Schäden kommen. Bei besonders kritischen Konflikten werden die Biberunter Umständen sogar gefangen und an anderer Stelle wieder ausgesetzt.
    Ähnliche Ansätze gibt es beim europäischen Fischotter. Auch er war in Mitteleuropa fasst ausgerottet. Er wurde ebenfalls wegen seines Fells bejagt, aber auch, weil er für den Fischfang in den Binnengewässern und in Fischteichen als Konkurrent wahrgenommen wurde. Hinzu kam die starke Begradigung von Flüssen und Trockenlegung vieler Feuchtgebiete und Gewässer Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Zitat aus Sachsen von 1912 zeigt die Wahrnehmung des Tieres sehr deutlich: „Ob das schöne elegante Raubtier heute in Sachsen bereits so selten geworden ist, daß wir es als ‚Naturdenkmal‘ bezeichnen müssen, können wir wegen der versteckten Lebensweise dieses bepelzten Fischers nur schwer beurteilen. Wir wünschen natürlich nicht, daß der Fischotter spurlos von der Schaubühne des Lebens verschwinde, … auf der anderen Seite kann aber keinem Fischereiberechtigten zugemutet werden, den gefräßigen Räuber in seinem Bezirk zu dulden.“ Der 1884 gegründete Sächsische Fischereiverein organisierte systematisch die Bekämpfung des Otters, etwa durch Fangprämien, Informationen zu Fangsystemen bis hin zu „Ehrentafeln“ der erfolgreichsten Otterfänger. Aufnahme fand dort, wer pro Jahr mehr als drei Otter erlegt oder wer zusätzlich zu einem bis zwei Ottern noch Fischreiher gefangen hatte. Von 1885 bis 1919 wurden 654 Ottererlegungen „prämiert“, allein im ersten Jahr 1885 waren es 87. Und bereits 1903 war der Bestand quasi zusammengebrochen, in diesem Jahr wurden

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