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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Neßhöver
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sich der Einfluss der einzelnen Treiber des Wandels auf die Ökosysteme auswirkt. Die nach oben weisenden Pfeile, die einen zunehmenden Trend in den nächsten fünfzig Jahren prognostizieren, überwiegen bei Weitem. Und beim Klimawandel und bei der Verschmutzung durch Nährstoffe zeigen alle Pfeile steil nach oben, das heißt, ihr Einfluss dürfte stark zunehmen, und das weltweit. Zwar wird prognostiziert, dass das Ansteigen der Temperatur und die Veränderung der Niederschläge in einzelnen Regionen unterschiedlich ausfallen und damit verschiedene Gegenden der Welt unterschiedlich betroffen sein werden, aber der Effekt wird überall wahrnehmbar sein. Gleiches gilt für die Verschmutzung durch Nährstoffe: Prognosen gehen davon aus, dass die Produktion und Freisetzung von Stickstoffdünger weiter massiv steigen wird, vor allem in Asien.Auch Teile von Mittelamerika, Südamerika und Zentralafrika dürften betroffen sein. Dies sind zugleich die Gebiete auf der Welt mit der höchsten Biodiversität – und eben auch dem größten Bevölkerungswachstum.
    Entsprechend sehen auch viele Prognosen zur Entwicklung von Umwelt und Biodiversität nicht gut aus. Der Umweltausblick der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2050 weitere zehn Prozent der Biodiversität verloren gehen könnten. Der Indikator, der dafür herangezogen wird, zeigt die Veränderung der Landnutzung und den damit verbundenen Verlust von Populationen ausgewählter Arten an.
    Das international anerkannte Ziel, diesen Verlust bis 2020 zu stoppen, ist laut OECD angesichts der derzeitigen Politik-Ansätze unrealistisch. Besonders in Asien, Europa und Südamerika wird es zu großen Verlusten kommen, vor allem durch die fortschreitende Zerstörung naturnaher Lebensräume. Bis 2050 wird der Klimawandel aber der Haupttreiber für Verluste sein – neben der intensiven Forstwirtschaft und, in geringerem Maße, der Produktion von Biomasse zur Energiegewinnung. So wird die reine Fläche des Waldes auf der Welt vielleicht nicht weiter schrumpfen. Aber es könnten mehr und mehr Plantagen und intensiv genutzte Wälder existieren, ein Trend, der sich für unsere Breiten schon in der Abbildung auf S. 151 zeigt. Der einzige Pfeil, der dort nach unten zeigt und damit auf einen abnehmenden Trend verweist, betrifft den Lebensraumverlust bei den Wäldern der gemäßigten Breiten, also etwa in Europa und den USA.
    In dieser Prognose der OECD sind die Verluste durch Übernutzung, Verschmutzung und invasive Arten noch gar nicht eingerechnet. Sie lassen sich derzeit im globalen Maßstab kaum prognostizieren.
    So treten viele Effekte erst mit einer großen Zeitverzögerung ein. Eine Studie des Modellierers Oliver R. Wearn kommt zu demSchluss, dass zahlreiche Arten im Amazonas bereits jetzt stark vom Aussterben bedroht sind, obwohl ihre Populationen heute noch vergleichsweise stabil erscheinen. Entwaldung findet nicht in einer großen Welle statt, sondern verteilt sich räumlich und zeitlich. Viele Wirbeltierarten werden in den Restwäldern zusammengedrängt; Lebensverhältnisse und Reproduktionsraten verschlechtern sich aber nur langsam. So prognostizieren die Autoren, dass achtzig bis neunzig Prozent der Verluste an Wirbeltieren aufgrund der bereits entwaldeten Flächen erst in den nächsten Jahrzehnten sichtbar werden. Erreicht allerdings die brasilianische Regierung ihr Ziel, die Entwaldung bis 2020 komplett zu stoppen und die geschützten fünfzig Prozent des Amazonas-Regenwaldes effektiv zu bewahren, würde der Verlust geringer ausfallen. Trotzdem wird eine bestimmte „Aussterbe-Schuld“ der bisherigen Entwaldung zum Tragen kommen: Populationen und Arten werden erst mit Zeitverzögerung verschwinden, ein Bild, das auch von vielen anderen Tierarten und Regionen bekannt ist. Wenn ein starker Rückgang bereits sichtbar ist, wird es deutlich aufwändiger, eine Art noch durch aktive Maßnahmen zu erhalten. Der Kakapo und viele andere Arten erzählen diese Geschichte eindrucksvoll.
    Bei den Ökosystemen und ihren Dienstleistungen ergeben sich ähnliche Effekte. Veränderungen wie die Zerschneidung und Verkleinerung von Lebensräumen oder die Verschmutzung von Gewässern gehen allmählich vonstatten, können aber dazu führen, dass plötzlich Kipp-Punkte erreicht werden, bei denen zum Beispiel ein See durch zu viele Nährstoffe lebensfeindlich wird oder sich eine Nahrungskette so verändert, dass neue Arten wie der

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