Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
des Klimawandels auf die Natur werden zahlreicher. Wie in der Abbildung auf S. 151 zu sehen, war der Einfluss in den letzten hundert Jahren noch gering. Es wird aber erwartet, dass er in Zukunft in allen Ökosystemen kräftig zunehmen wird, wie die Pfeile in der Abbildung andeuten. Schon heute gibt es zahlreiche Anzeichen, dass sich Ökosysteme in Zukunft extrem verändern werden. Arten, die an wärmere Bedingungen gewohnt sind, werden weiter nach Norden oder in höhere Lagen wandern. Arten, die an kühlere Bedingungen angepasst sind, werden ausweichen – soweit sie es können. Studien aus den Alpen belegen, dass die Baumgrenze nach oben wandert und damit Arten der offenen Heiden und Bergwiesen weiter nach oben verdrängt werden. So hat die Vielfalt an Pflanzen auf vielen Bergspitzen in den Alpen in den letzten hundert Jahren stark zugenommen, wie eine Studie des Umweltwissenschaftlers Gian-Reto Walther aus Bayreuth zeigt. Nur hat jeder Berg irgendwann einmal ein Ende, und Arten aus höheren Regionen laufen Gefahr, auszusterben, weil sie schlicht nicht weiter nach oben ausweichen können.
Wie zahlreiche Studien zeigen, werden die Auswirkungen allerdings häufig subtiler sein, als dass Arten einfach aufgrund der veränderten Temperaturen zurückgehen oder aussterben. Denn ein verändertes Klima ändert auch viele Vorgänge in den Ökosystemen, an die sich die Arten unter Umständen nicht anpassen können. So hat sich der Beginn der Vegetationsperiode in Deutschland bereits regional um mehrere Tage bis Wochen nach vorne verschoben. Damit kommt es auch zum früherenSchlüpfen und Entwickeln von Insekten, der Nahrungsgrundlage und Aufzuchtgarantie für viele Singvögel. Diese richten aber ihren Rückzug aus dem Süden nach dem Sonnenstand und kommen weiterhin etwa zur gleichen Zeit in Mitteleuropa an. Doch dann ist die Hauptnahrungszeit durch wichtige Insekten vielleicht schon vorbei, der Bruterfolg sinkt. Ähnliche Beobachtungen gibt es für zahlreiche Ökosysteme auf der Erde, nicht zuletzt auch in den Meeren, wo die erhöhten Temperaturen und die gestiegenen CO 2 -Konzentrationen im Wasser den Korallenriffen dieser Welt schwer zusetzen. Hier gehen Hochrechnungen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 ein großer Teil der Warmwasser-Korallen verschwunden sein könnte. Dabei kann dann auch eine Rolle spielen, dass zum Beispiel am Great-Barrier-Reef in Australien der Klimawandel und die Überfischung die Ausbreitung eines invasiven Seesterns fördern, der die Korallen schlicht auffrisst.
Für sich betrachtet scheinen die fünf Gefahren für die Biodiversität in vielen ihrer Auswirkungen durchaus handhabbar. Doch durch ihre Kombination, insbesondere der zukünftig zu erwartenden Verstärkereffekte vieler Probleme durch den Klimawandel, stellen sie eine besondere Herausforderung dar. So wird erwartet, dass nicht nur Verschiebungen von Ökosystemen nach Norden stattfinden werden, sondern dass sich eingeschleppte Arten leichter tun, sich an neuen Orten zu etablieren. Gerade in gemäßigten Breiten stellen die frostigen Winter eine starke Grenze für die Ausbreitung dar, wie etwa lange bei der Pazifischen Auster und der Amerikanischen Schwertmuschel vermutet. Fallen die Winter aber zunehmend milder aus, können sich Arten besser anpassen und ausbreiten. Allerdings verschwimmen mit diesem Ineinandergreifen von Faktoren auch die Bewertungsgrenzen. Denn wenn manche heimischen Arten sich an einem Ort nicht mehr halten können, wir aber die Funktion eines Ökosystemserhalten möchten – zum Beispiel einen Wald mit seiner Wasserspeicherung und seiner Holzproduktion –, wäre es dann nicht opportun, den neuen eingeschleppten oder bewusst angepflanzten fremden Arten ihren Raum zuzugestehen? Unsere Welt verändert sich, und unser statischer Blick bei der Erhaltung der Natur wird nicht mehr zeitgemäß sein.
Wie die Zukunft aussehen könnte
Der Klimawandel wird also in Zukunft einen wichtigen Einfluss auf die Biodiversität und auch auf die Leistungen haben, die Ökosysteme als nullter Sektor unseres Wirtschaftssystems heute für uns erbringen. Anpassungen werden notwendig werden, sei es, dass wir neue Sorten unserer Feldfrüchte züchten, die besser mit Trockenheit umgehen können, sei es, dass wir uns neu überlegen müssen, wie die Wasserversorgung sichergestellt werden kann. Wie sehr der Klimawandel in Zukunft auch unsere Ökosysteme beeinflussen wird, deutet die Grafik auf Seite 151 an. So zeigen die Pfeile in den Kästen, wie
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