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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Neßhöver
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Unterschied zum heutigen Denken wäre, dass es nicht allein um die Ausstattung des Staates mit Finanzkapital geht, sondern auch mit Naturkapital, dessen Grundstock es zu erhalten gilt und bei dem man nur noch von den Zinsen lebt – also nachhaltig.
    Die Natur als nullter Sektor unserer Wirtschaft und Gesellschaft betrifft eben alle Politikbereiche und kann politisch nicht mehr auf ein Ressort beschränkt werden. Die Herausforderung besteht darin, die Politikmischung richtig zu gestalten, oder, wie die OECD schreibt: „Ökologische Herausforderungen können nicht isoliert bewältigt werden, vielmehr sollten sie im Kontext anderer weltweiter Herausforderungen, wie z. B. Ernährungsund Energieversorgungssicherheit sowie Armutsbekämpfung, betrachtet werden.“
    In Deutschland müssen hier etwa die Raumplanung, die Landnutzung und die Stadtentwicklung neu überdacht werden,zusammen mit Aspekten des demografischen Wandels. Wie in jedem politischen Prozess werden dabei Meinungen und Wertvorstellungen über das, was wichtiger als etwas anderes ist, aufeinanderprallen. Dabei ist trotz der Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre doch auch zu sehen, dass Umweltaspekte im Leben der Menschen wieder an Bedeutung gewinnen. Im Bestreben der Energiewende drückt sich dies ebenso aus wie in den zunehmenden Versuchen von Bürgern, sich nicht mehr mit der derzeitigen Situation bei Fragen des Lärms und der Verschmutzung durch Abgase in Innenstädten abzufinden und nach stärker umweltund gesundheitsfreundlichen Lösungen zu verlangen. Letztendlich wird es darauf hinauslaufen, verschiedene Nutzungsinteressen in einem eng besiedelten Land, wo jede Fläche mehrere Funktionen erfüllen muss, noch besser und vor allem transparenter miteinander in Einklang zu bringen. Die verstärkte Wahrnehmung der Natur als zentraler Dienstleister für unser Wohlergehen kann dabei eine wichtige Rolle spielen, denn Ökosystemdienstleistungen sind ein geeignetes Instrument, die verschiedenen Interessen besser sichtbar zu machen.
Ohne Null nichts los – den nullten Sektor als Basis allen Wirtschaftens ernst nehmen
    Die vielen Beispiele – von der Miesmuschel über die globale Fischerei, von der Wandertaube bis hin zum Tourismus auf der Insel Juist – zeigen exemplarisch, wie sehr wir in unserem ökonomischen Handeln von der Natur abhängen. Man könnte es auch anders ausdrücken: Ohne Natur nichts los.
    Diese Erkenntnis setzt sich auch immer mehr in der Wirtschaft fest. Nicht nur bei Agrar-, Holz- und Fischereiwirtschaft, sondern zunehmend auch in großen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Ein Grund dafür ist die sogenannteTEEB-Studie. TEEB steht für „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“ – Die Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität –, eine weltweite Studie, die zwischen 2008 und 2010 durchgeführt wurde und die versuchte, die Bedeutung der Natur und ihres Verlustes für den Menschen in ökonomischen Werten sichtbar zu machen. TEEB verdeutlicht, dass die Vernichtung von Naturkapital in den allermeisten Fällen ein sehr schlechtes Geschäft für den Menschen ist, wenn alle Faktoren richtig berücksichtigt werden. Viele der ökonomischen Zahlen in diesem Buch sind von TEEB zusammengetragen worden.
    Wie groß der Wert der Natur im ökonomischen Sinne ist, hat der Leiter der TEEB-Studie, der indische Ökonom Pavan Sukhdev, in einem Vortrag vor Tausenden von Menschen in der voll besetzten Oper von Sydney im Herbst 2011 in einer sehr kurzen Rechnung dargestellt: Ohne unsere Biosphäre wäre ein menschliches Wirtschaften nicht möglich, folglich ist ihr Wert, streng gesehen, unendlich. Jede Schätzung dieses Wertes, etwa über Ökosystemdienstleistungen und ihren Gegenwert in Dollar und Euro, ist demnach eine extreme Unterschätzung des realen Wertes. Im gesamtplanetaren Kontext mag das stimmen, es hilft uns aber nur eingeschränkt weiter, wie Pavan Sukhdev und die TEEB-Studie deutlich machen. Denn unsere ökonomischen Entscheidungen werden zumeist auf viel kleinerer Ebene gefällt. Deswegen ist es sinnvoll, sich jeweils im Kontext einer Kommune, einer Firma oder auch eines Wirtschaftssektors wie der Fischerei oder der Holzindustrie den Wert der genutzten und vernichteten Leistungen der Natur genauer anzuschauen. Erst dadurch bekommen Teile dieses großen Werts konkrete Relevanz. Das Problem dabei ist, dass wir vielfach gar nicht genau wissen, wie die entsprechenden Zahlen aussehen und was sie etwa für eine Firma

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