Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Erhaltung der Natur, dem Urgedanken des Naturschutzes, verfügen wir heute über ein immenses Wissen. Und dies geht weit über die Einrichtung von mehr Nationalparks und Naturschutzgebieten hinaus, denn es umfasst eben auch die Nutzung der Systeme, um ihre Leistungen für den Menschen verfügbar zu machen und gleichzeitig wesentliche Elemente der Biodiversität zu erhalten. Dieses Grundanliegen des Menschen seit der Entwicklung der Sesshaftigkeit haben wir in vielen Situationen zu weit getrieben – ein Mehr allein an einer Leistung, etwa der Nahrungsmittelproduktion, auf einer Fläche zuungunsten anderer Leistungen ist nicht mehr zeitgemäß und verursacht vor allem eines: Kosten.
Denn die Projektionen etwa der OECD oder des Millennium Assessment legen nahe, dass der Weg zur Vision des Übereinkommens zur Biologischen Vielfalt einer Harmonie zwischen Mensch und Natur im Jahr 2050 schwierig zu erreichen sein wird. Und doch schlägt die OECD, einer wirtschaftskritischen Haltung unverdächtig, ein paar klare und wenig überraschende Maßnahmen vor.
Zunächst muss die Umweltnutzung weiter verteuert werden – für die Wirtschaft, in der Konsequenz aber auch für jeden Nutzer. Damit müssten etwa die Preise unserer Schuhe und T-Shirts, eigentlich all unserer Waren, entsprechend angepasst werden. Vielleicht geht dann weniger Geld pro Schuh in die Werbung, dafür aber in die Schonung der Naturressourcen und in gerechte Löhne. Den tatsächlichen Naturschadenspreis eines Produkts zubezahlen (oder deswegen auf das Produkt zu verzichten), das wird die Hauptaufgabe für den Konsumenten und die Firma der Zukunft sein.
Letztendlich wird es darauf hinauslaufen, dass wir uns unserer Umweltbilanz bewusst werden – als einzelner Konsument, als Firma und als Staat und Gemeinschaft. Das wird nicht einfach sein, aber dank vielfältiger Forschung in Natur- und Sozialwissenschaften ist es zunehmend besser möglich. Genauso wie wir heute bewusst entscheiden können, einen Kühlschrank aufgrund seiner Energieeffizienz zu kaufen oder ein Auto aufgrund seines geringen CO 2 -Ausstoßes, muss dieser bewusste Umgang mit Umweltschäden noch weiter entwickelt werden – durch die Erstellung von Bilanzen, aber auch durch entsprechende Regulierungen. So ist es zwar schön, den CO 2 -Ausstoß des Autos zu kennen. Wirklich relevant wird dieser aber erst, wenn die Besteuerung des Autoverkehrs konsequent an diesem Wert ausgerichtet wird, indem einzig nach Benzinverbrauch besteuert wird und nicht mehr nach Hubraum, was verbrauchsintensive Fahrzeuge bevorzugt. Auch bei unseren Nahrungsmitteln könnte sich das schnell auswirken, etwa indem die Preise den bislang günstigen Transport von Spargel aus Peru oder der Petersilie aus Israel stärker berücksichtigen und damit automatisch regionale Produkte preislich wieder attraktiver werden.
Auch der Staat muss sich der Herausforderung stellen, die Umweltschäden seiner Wirtschaft und Gesellschaft sichtbar zu machen. So wird zunehmend deutlich, dass unser lieb gewonnenes Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Ein-Zahl-Maß für das Wohlbefinden der Gesellschaft fehlleitet. Es misst einzig das Ausmaß der Umsätze in der Wirtschaft, mit der Konsequenz, dass sich auch negative Effekte auf das Wohlergehen des Menschen positiv auf das BIP auswirken: Ein Autounfall verursacht in erster Linie positive Effekte, da die Reparaturen am Auto und die Kosten des Krankenhausaufenthaltes positiv zu Buche schlagen. Ebenso istes mit den negativen Auswirkungen auf das Kapital der Natur: Dass durch den Neubau von Einkaufszentren oder Wohngebieten auf der grünen Wiese Naturkapital verlorengeht und durch mehr Verkehr noch weitere Umweltfolgekosten verursacht werden, wird vom BIP nicht erfasst, sondern nur die positive Wirtschaftswirkung durch den Umsatz der Bauunternehmen und des Einzelhandels im neuen Einkaufszentrum.
Derzeit laufen verschiedene Initiativen, das Naturkapital in die Messung von Wohlstand einzubeziehen und auch das Verständnis von Wohlergehen nicht mehr allein an wirtschaftlichem Wachstum festzumachen. Ökonomen wie die Wirtschaftsnobelpreisträger Amartya Sen und Elinor Ostrom haben in ihren Arbeiten Wege dahin aufgezeigt.
Die unangenehme Seite dieser Herausforderungen ist, dass wir damit die Natur und ihre Behandlung nicht mehr in eine Ecke der Politik abschieben können, die sich Umweltpolitik nennt. Eigentlich müsste die Verantwortung für unser Naturkapital woanders liegen – beim Finanzministerium. Der
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