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Biografie eines zufälligen Wunders - Roman

Biografie eines zufälligen Wunders - Roman

Titel: Biografie eines zufälligen Wunders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Residenz
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Bihun
    Leiterin des Amtes für Sozialpolitik
    An
    Taras Mykolajowytsch Mowtschan
    stellvertretender Bürgermeister
    der Stadt San Francisco
    intern, nicht für die Presse freigegeben
    am 14.07.2006
    Sehr geehrter Taras Mykolajowytsch!
    Hiermit möchte ich, Bohdana Iwaniwna Bihun, Ihnen, sehr geehrter Taras Mykolajowytsch, meine Position zu den kürzlich viel diskutierten Ereignissen, die auf unser Amt und meine Tätigkeit sicherlich kein gutes Licht werfen, in schriftlicher Form darlegen. Nachdem Sie diesen Bericht gelesen haben, werden Sie, sehr geehrter Taras Mykolajowytsch, klar erkennen, dass mich keinerlei Schuld an den Vorkommnissen trifft. Ich handelte ausschließlich in Übereinstimmung mit der Verfassung der Ukraine, den Gesetzen der Ukraine, den Erlässen des Präsidenten der Ukraine, den Anordnungen des Obersten Rats der Ukraine, den Verordnungen des Ministerkabinetts der Ukraine, den Anweisungen des Ministeriums für Arbeit und Sozialpolitik der Ukraine, den Anweisungen des Leiters der staatlichen Gebietsverwaltung, den Anweisungen des Leiters der Hauptverwaltung für Arbeit und Sozialschutz der Bevölkerung der staatlichen Gebietsverwaltung, den Beschlüssen der lokalen Selbstverwaltungsbehörde, den Anweisungen des Bürgermeisters, den Bestimmungen über das Department sowie anderen gesetzlichen Bestimmungen und Ordnungsvorschriften.
    Taras Mykolajowytsch, Sie kennen mich als zuverlässige und umsichtige Mitarbeiterin der Stadtverwaltung. Ich gab nie Anlass dazu, meine professionelle Kompetenz in Frage zu stellen. Schon seit mehr als dreizehn Jahren arbeite ich engagiert zum Wohle der Bevölkerung. In dieser Zeit erlebte ich vieles und hatte mit vielen verschiedenen Menschen zu tun, aber so etwas ist mir, ehrlich gesagt, bis jetzt noch nicht untergekommen.
    Unser Amt setzt alles daran, um die Bewohner von San Francisco im Rahmen unserer Möglichkeiten mit allen Leistungen zu versorgen, mit welchen wir sie gemäß den erwähnten Gesetzen etc. zu versorgen haben. Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf den sozial schwachen Bürgern, und das sind 35% der gesamten Bevölkerung der Stadt. Das ist ein hoher Anteil, und Sie kennen diese Zahl genauso gut wie ich, verehrter Herr Taras. Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um niemanden ohne Hilfe zu lassen, aber unsere Kapazitäten und Möglichkeiten sind nicht unerschöpflich. Obwohl es nicht einmal in meinen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich fällt, bin ich persönlich fünf Stunden täglich, fünf Tage die Woche für die Bürger da und versuche, ihre Probleme an Ort und Stelle zu lösen. Nur um Ihnen einen Einblick zu geben: In den Jahren meiner Tätigkeit haben sich in meinem Aktenschrank bereits Hunderte, ja sogar Tausende von Dankesbriefen angehäuft, allesamt von Bürgern, denen ich helfen konnte. Doch diese Briefe sind es nicht, die mich stolz machen. Ich arbeite immer nur für das Wohl der Stadt. Das ist mein Beruf, meine Bestimmung, möchte ich fast sagen.
    Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, Herr Taras, dass ich mit der Bürgerin O., welche sich selbst aber immer L. nannte, bereits in der Vergangenheit das zweifelhafte Vergnügen hatte. Sie war in der Angelegenheit der Straßenhunde bei mir. Die Eintragung über dieses Treffen und das Ergebnis des Gesprächs lassen sich bei entsprechendem Wunsch in meinem Besucherprotokoll finden. Ich muss dazu sagen, dass mir schon damals Zweifel bezüglich ihres adäquaten Verhaltens kamen. Diese Bürgerin war sehr aggressiv, wollte mir nicht zuhören, warf mit unbegründeten Anschuldigungen um sich, sprach sehr zusammenhanglos und wusste vermutlich nicht einmal selbst, was sie überhaupt wollte. Es gelang mir dennoch, diesen Konflikt zu lösen, und, wie Sie vermutlich wissen, wurden die Fälle der unzumutbaren Quälerei von Straßenhunden, über welche diese Bürgerin berichtet hatte, umgehend beseitigt. Das Amt gab sich mit dem Erreichten aber nicht zufrieden – und so wurde im vergangenen Sommer in der Stadt das erste Heim der ganzen Region für Vierbeiner eröffnet. Damals haben wir unserem aufrichtigen Bestreben, die Stadtpolitik nach dem Grundsatz des humanen Zusammenlebens zwischen Mensch und Natur auszurichten, Ausdruck verliehen.
    In Anbetracht des Vorgefallenen drängt sich jedoch der Schluss auf, dass die Bürgerin L. am Problem der Hunde sozusagen nur geübt hat.
    Ich muss gestehen, Herr Taras, und bitte verzeihen Sie mir meine Emotionalität, ich persönlich empfinde diese radikale Haltung

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