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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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bleiben seine Proben steril, einerseits. Es kann aber auch nichts von dem, was auch immer in seinen Gefäßen wächst, an die Außenluft gelangen. Er nickt uns kurz zu und konzentriert sich dann wieder auf seine Arbeit. Ein weiterer Mann ist da, deutlich jünger, er schraubt an etwas herum, das wie ein Kühlschrank aussieht. „Unsere Neuanschaffung“, sagt John, „in diesem Brutschrank werden wir bald Zellen wachsen lassen.“
    Die Wände stehen voll mit Geräten, es sieht aus wie bei den ganz normalen Biotech-Unternehmen, die wir als Journalisten immer wieder besucht haben. Nur gibt es diesmal kein Firmenschild und keine Visitenkarten. Die Nachbarn in der Wohnsiedlung würde das Treiben in diesem Haus verstören, fürchtet John. Sie ahnen nicht, was er und seine Mitstreiter hier tun. Neue Geräte schaffen die Untergrundbiologen deshalb im Schutz der Dunkelheit in die Garage und versuchen auch sonst, keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Ursprünglich hatte John einen Besuch von uns abgelehnt. Der Fall Steve Kurtz steckt Heimforschern wie ihm noch immer in den Knochen, obwohl er bereits ein paar Jahre zurückliegt. 2004 rief der Kunstprofessor von der State University of New York in Buffalo den Notarzt, weil seine Frau nicht mehr atmete. Als die Sanitäter eintrafen, sahen sie Kulturschalen für Bakterien, die er in Kunstwerken verwendete – und meldeten ihren Fund dem FBI.
    Am nächsten Tag stürmte eine Spezialeinheit in Schutzanzügen das Haus, Kurtz wurde fast 24 Stunden lang verhört. Bald darauf stellte sich heraus, dass seine Frau an Herzversagen verstorben war. Die gefundenen Bakterien hatten damit nichts zu tun, sie waren vollkommen harmlos. Die Szenen aber, wie die Polizisten in weißen Schutzanzügen das Atelier ausräumen, liefen im Fernsehen (siehe dazu Kapitel 8).
    John möchte die Kameras nicht auch auf sich und sein Team gerichtet sehen. Jedenfalls nicht, solange sie ihr Labor hier im Wohngebiet betreiben. Würden wir nicht selbst ein Amateurlabor betreiben wollen, hätte John einem Besuch wohl kaum zugestimmt.
    Ein paar Stunden zuvor hatten wir uns mit Josh Perfetto getroffen, einem Software-Entwickler, der sich in seiner Freizeit selbst zum Hobby-Biologen umgeschult hat. Ein Artikel in einer Zeitschrift hatte ihn zu der Erkenntnis gebracht, „dass Gene auch nichts anderes sind als Informationseinheiten“. Also wollte er lernen, wie man den Code des Lebens umprogrammiert.
    Ziemlich schnell kam ihm der Gedanke, Bakterien dazu zu bringen, Biotreibstoff herzustellen. Energiekonzerne wurden bislang selten in Garagen gegründet, Perfetto hätte damit Geschichte schreiben können. Wie man Gene von Bakterien verändert, das konnte er sich im Internet anlesen, sein Job versorgte ihn mit dem nötigen Geld für den Ankauf der notwendigen Gerätschaften.
    Was er nicht hatte, war Erfolg. Josh musste die schmerzliche Erfahrung machen, dass der Code des Lebens und das Material,auf dem er geschrieben ist, deutlich widerspenstiger sind als noch die komplizierteste Computer-Programmiersprache und die verkrustetste PC-Tastatur. Man muss penibel sauber arbeiten, diverse Geräte verstehen und bedienen können. Wenn man sich beim Mischen der Zutaten für ein Experiment vertan hat, kann man nie auf die „Zurück“-Taste drücken. Und schließlich braucht man schlicht sehr viel Geduld. Wenn etwas nicht klappt, dann kann man nicht einfach in den Programmzeilen auf dem Bildschirm nach dem Fehler suchen, einer fehlenden Variablen zum Beispiel oder einer falsch formulierten Funktion. Wenn ein molekularbiologisches Experiment nicht funktioniert, sieht man erst einmal gar nichts. Man muss es wiederholen, noch pingeliger sein und hoffen, dass es diesmal klappt. Wenn sich auch dann kein Erfolg einstellt, muss man durch weitere Experimente versuchen, den Fehler zu finden. Computern neue Tricks beizubringen ist jedenfalls bislang noch um Dimensionen einfacher als lebenden Zellen.
    Das Labor, in dem Josh Perfetto die erste Euphorie und nachhaltige Frustration des Lebensprogrammierers durchlebte, ist im ersten Stock seines Hauses direkt neben dem Schlafzimmer. Der flauschige Teppichboden scheint nicht unbedingt der ideale Bodenbelag für einen Arbeitsplatz zu sein, an dem mit Flüssigkeiten, Bunsenbrennern und Bakterien hantiert wird. Auf unserem Road-Trip durch die Welt der Bio-Forscher haben wir uns aber langsam an Unkonventionelles gewöhnt. Josh hat hier jedenfalls alles, was man bräuchte, um ein kleines

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