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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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fallen zu lassen, und vielleicht auch bald das nächste, und wieder und wieder mit einer neuen Idee oder einer Variante derselben Idee neu anzufangen, ist für ihn kein Scheitern. Es ist ein Teil der Freiheit, die er als Angestellter in einem Biotech-Unternehmen oder gar als Uni-Forscher in dieser Form nie haben würde.
    Um seine Arbeit im neuen Garagenlabor finanzieren zu können, hat Schloendorn die Firma OpenBiotech 4 gegründet. Mit ihr vertreibt er biotechnologische Verbrauchsmaterialien über eine Website. Keine Forschung hier, sondern Dienstleistung als Nebenerwerb. Gedacht ist das Angebot einerseits für Profis, die auch aufs Geld schauen müssen, aber vor allem für Freizeit-Wissenschaftler. OpenBiotech ist damit eines der ersten Service-Unternehmen für die wachsende Zahl von Hinterhof-Biotechs, Geeks und Amateurforschern.
    Auch Josh Perfetto und Tito Jankowski haben mit dem Kapital von der Kickstarter-Plattform ein weiteres Startup gegründet, das sich an Forscher mit kleinem Geldbeutel wendet. Daneben gibt es eine Reiheweiterer Beispiele, mit derselben Klientel als Zielgruppe. Backyard Brains etwa ist ein Kleinstunternehmen, das die „Spikerbox“ vertreibt, mit der man Nervensignale von Insekten abfangen und auf dem angeschlossenen Smartphone anzeigen lassen kann. Das Gerät ist dermaßen vielseitig, preiswert und einfach zu bedienen, dass es bereits in dem renommierten Fachblatt PLOS ONE als ein wertvolles Werkzeug für die Neuroforschung gefeiert wurde.
    All das erinnert ein wenig an die Firmen, die einst versuchten, die ersten leicht zu bedienenden Personal Computer auf den Markt zu bringen. Eine davon hieß Apple. Oder die ersten Unternehmen, die Software für den privat genutzten Computer anboten. Eine davon hieß Microsoft.
    Der Vergleich der frühen Computer- und Softwarebastler mit den heutigen Biohackern wird in den Artikeln, die in den vergangenen Jahren über die Szene und ihre Protagonisten erschienen sind, fast durchgängig bemüht. Doch dass zwischen den Garagenbastlern und Outlaw-Biotech-Unternehmern von heute schon der Steve Jobs der Biotech-Küchen-Apps, der Bill Gates der Haus- und Garten-Genprogrammierer oder der Michael Dell der Genanalysemaschinen-Direktvermarktung herumwerkelt, wäre eine eher gewagte Prognose. Die Computerhacker von einst, von denen ein paar zu Milliardären wurden, bewegten sich jedenfalls in einem sehr anderen Umfeld als die Biohacker und DIY-Biologen von heute. Anders als damals ist das, was sie machen, kommerziell längst durch unzählige Biotechfirmen erschlossen, begleitet von Myriaden konventioneller Startups, die stetig sprießen und verdorren.
    Dazu kommt jene die DIY-Bewegung geradezu definierende Open-Source-Mentalität, die es bislang auch einem Hansdampf wie John Schloendorn schwer macht, etwa mit seiner OpenBiotech-Firma einigermaßen Geld zu verdienen. Denn dafür ist Open Source meist schlicht zu „open“. Ein echter DIY-Biologe oder eine wahre Biohackerin sieht es immer als Herausforderung an, das, was er oder sie braucht, möglichst billig und einfach und nach den per definitionem offenen Anleitungen selber herzustellen, sei es eine kleine Gel-Steuerbox oder eine Pufferlösung für Zellkulturen. In der DIYBio-Diskussionsgruppe gibt es zu dem Thema teilweise heftige Auseinandersetzungen. Je mehr Zeit jemand investiert und je wenigerGeld er anderweitig verdient, desto lauter werden die Klagen. Es sind Beschwerden darüber, wie andere DIY-ler die Kopier- und Remix-Kultur für sich nutzen, ohne bereit zu sein, ihren Kollegen ein wenig Einkommen für deren Ideen oder Produkte zuzugestehen.
    Wer Geld mit Hobby-Biologie verdienen muss, für den oder die ist es eben kein Hobby mehr. In einem Open-Source-Umfeld mit guter Arbeit auch Umsatz zu erwirtschaften, ist zwar möglich, aber schwieriger als mit einem guten patentierten Produkt. Auch Schloendorn etwa hält inzwischen ein paar Patente. Und mancher Top-Biohacker oder DIY-Biologe wird, um die Familie zu versorgen oder den Traum von der Berghütte in Montana zu verwirklichen, sicher früher oder später die Seiten wechseln. Deshalb ist es eher wahrscheinlich, dass die Biotech-Marktführer der näheren Zukunft noch im traditionellen Wirtschaftsumfeld heranwachsen werden. Die dafür nötigen Ideen aber könnten durchaus im DIY-Umfeld Gestalt annehmen. Und auch Legenden können hier durchaus geboren werden. Web-Erfinder Tim Berners-Lee oder Wikipedia-Gründer Jimmy Wales sind keine Multimillionäre,

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