Biohacking - Gentechnik aus der Garage
aber sie und ihre Familien müssen auch nicht hungern. Und verehrt werden sie sowieso.
Während John weiter alleine oder mit ein paar wenigen Gleichgesinnten an der Umsetzung seiner Ideen bastelt, ist Eri einen anderen Weg gegangen. Sie ist überzeugt, dass Biohacker nicht nur online und über die Open-Source-Produkte, die sie billig vertreiben, vernetzt sein können, sondern auch tatsächlich, räumlich, physisch und nicht-virtuell zusammenarbeiten sollten.
Ein Jahr nachdem Eri die Idee für ein Biohacker-Gemeinschaftslabor hatte, besuchen wir die frisch bezogenen Räume von „Biocurious“ im kalifornischen Sunnyvale. So lange mussten sie und ihre Mitstreiter suchen, bis sie einen passenden Raum gefunden hatten – und einen Vermieter, der ein Amateurlabor in seinen Räumen duldet. „Ich musste lernen“, sagt Gentry, „dass es sehr schwierig sein kann, einen großen Raum zu mieten, selbst wenn man 30 000 Dollar Spendengelder auf dem Konto hat“.
Im eigentlich als (zumindest Computer-) hackerfreundlich bekannten Mountain View waren zudem die verantwortlichen Stadtplaner gegenüber den „verrückten Labor-Hacker-Leuten“ misstrauisch, sagt Kristina Hathaway, die sich als Mit-Initiatorin damit persönlich angesprochen fühlen musste. Die Behörden verhängten strenge und kostspielige Auflagen für das Labor, mit dem Erfolg, dass Eri, Kristina und ihre Mitstreiter lieber anderswo suchten.
In Sunnyvale wurden die Biohacker von der Stadtverwaltung dann ohne Bedenken empfangen. Ihr Club liegt in einem jener langweiligen, rechteckigen, einstöckigen Gewerbegebäude, wie es sie zu Tausenden im Silicon Valley gibt. Links ein griechisches Restaurant, rechts irgendwelche Bürofirmen als Nachbarn, drumherum der obligatorisch riesige Parkplatz mit automatisch bewässertem Abstandsgrün. Obendrüber der stets blaue und weite kalifornische Himmel.
Vor dem Hintereingang sägt Raymund McCauley plastikbeschichtete Spanplatten für die Labortische zurecht, unterstützt von Kristina Hathaway. Do-It-Yourself ist hier keine Phrase, aber anders als im Sprout in Cambridge ist Holzbearbeitung bei Biocurious nur Mittel zum Zweck. McCauley, Hathaway und Gentry sind die treibenden Kräfte hinter der Initiative. „Wir haben einen Kern von Freiwilligen, etwa zehn bis zwölf, die helfen“, erklärt Gentry, die uns stolz in dem Labor herumführt, das neben zwei kleineren Büros vor allem aus einem etwa 50 bis 60 Quadratmeter großen fensterlosen Raum besteht, der gerade in einen Arbeits- und einen Konferenzbereich aufgeteilt wird, indem ein paar Regale quergestellt werden. „Biocurious ist die größte Do-It-Yourself-Biologen-Gruppe im Land, etwas mehr als 500 Personen“, sagt Gentry, und man merkt ihr die Routine an, mit der sie inzwischen für die Biohacker der Region spricht. „Die Bewegung hat zudem ungefähr 2000 Leute auf dem E-Mail-Verteiler, und sie wächst.“
Mitgründerin Kristina Hathaway, eine selbstständige Personalberaterin für Firmen der Bay-Area, gleicht, ähnlich wie Eri, ihren Mangel an universitärer Biologie-Ausbildung durch Energie und echte „Bio-Neugier“ aus. Es gebe drei Typen von Biocurious-Nutzern, erklärt sie: Zum einen seien da Jung-Unternehmer, die eine Startup-Idee verfolgen, zum anderen Leute, die einfach ein Interesse an Biotechnologie haben, so wie sie sich auch für andere Hochtechnologie begeistern können, und schließlich eine dritte, bunte Gruppe aus Hobby-Forschern, Highschool-Lehrern und Studenten, Bürger-Forschern und vielen minderjährigen Schülern. Gerade dieses breite Interesse habe sie „wirklich überrascht“.
Wer bei Biocurious experimentieren will, braucht eine Mitgliedschaft. „So ähnlich wie im Fitness-Studio“, sagt Hathaway. Man bekomme Zugang zum Labor, der Ausstattung, den Kursen, Meetings – und das sieben Tage die Woche. Die Kurse „Saturday Morning Science“ und „Mad Science Skills“ richten sich an Kinder, Teens und Tweens, die noch nie eine Pipette gehalten haben und die die ersten Schritte einer DNA-Extraktion oder PCR lernen wollen. Erwachsene sind eher an Kursen wie „Biotechnologie als Geschäftsmodell“ oder „Gründer-Legenden“ interessiert, bei denen Unternehmer aus der kalifornischen Life-Science-Branche erzählen, wie sie ihre Träume verwirklicht haben.
Hathaway freut sich, dass die Gentech-Kurse, die Biocurious fast täglich organisiert, zu 70 Prozent von Frauen und Mädchen frequentiert werden, und schwärmt von „acht Jahre
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