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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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alten Gentechnikerinnen“. Zwar hat es lange gedauert, bis Biocurious endlich Wirklichkeit wurde, doch Hathaway ist zufrieden: „Das Beste, was wir bisher geschafft haben, ist, dass wir es tatsächlich getan haben“, denn es sei nur dann eine Biohacker-Bewegung, wenn man sich auch bewege. Die Dinge kommen nicht aufgrund einer Idee ins Rollen, sagt Hathaway, „es beginnt mit Menschen, die etwas tun.“
    Am Tag nachdem wir Biocurious Richtung Ostküste verlassen müssen, besucht George Church das Labor, ein Mann, bei dem kaum Chancen bestehen, dass er jemals selbst zum Amateurbiologen werden wird. Church ist Genomforscher an der Harvard University, einer der Top-Forscher seines Fachs (siehe dazu auch Kapitel 7). Er ist ein Mann, der so viele menschliche Genome wie möglich entschlüsseln, ja im Grunde jeden Menschen mit einem Blick in sein eigenes Genom beglücken möchte. „Ich bin fast durchgedreht“, erzählt Hathaway später, „ich bin keine Bioinformatikerin oder Genetikerin, und trotzdem sitzt mir der Gott der Genomik in unserem Gruppenkreis gegenüber, sieht mich an und hört mir zu.“ Church gehört zu den ersten prominenten Unterstützern von solchen Initiativen. Er schreckt auch vor gewagten Einordnungen der Bewegung nicht zurück. Dem Wall Street Journal sagte Church nach seinem Besuch in Sunnyvale, für ihn seien Biocurious und andere solche Labore vergleichbar mit „den Elektronikhackern der 1970er Jahre in ihren Garagen.“ 5
    Andere solche Labore sind in den vergangenen Jahren in einigen Städten entstanden. In den USA spiegelt sich hier auch wieder einmal die Tech-Konkurrenz zwischen Ost- und Westküste wider.
    Es ist Mitte Juli 2011 und unerträglich heiß und schwül in New York. Unser klimatisiertes Hotelzimmer in Queens verlassen zu müssen ist eine Zumutung. Aber wir müssen uns auf den Weg nach Brooklyn machen. Wir sind mit Russell Durrett verabredet, einerseits Biologie-Doktorand an der Cornell University, andererseits einer der Gründer des ersten Gemeinschaftslabors für New Yorker Biohacker: „Genspace“. Wir tippen „662“ in die Sprechanlage ein, wie es ein an die ranzige Eingangstür gepappter Zettel den Besucher anweist. Die Tür öffnet sich zu einem schmalen Flur, in dem alte Fahrräder, Türblätter, Lattenroste, Schränke, Bilder, halbfertige Skulpturen und anderes Gerümpel Spalier stehen auf dem Weg zum Fahrstuhl. Wir erinnern uns an die nicht ganz unähnliche Szenerie, die im Bostoner Vorort Somerville unseren Weg ins „Sprout“ gesäumt hatte, und denken uns, dass es wohl so sein muss.
    Der Fahrstuhl ist eng, riecht streng, ist alt und wenig vertrauenerweckend. Überhaupt scheint das ganze Gebäude eine Renovierung nötig zu haben. Unverkleidete Rohre ziehen an ergrauten Decken und Wänden entlang, und überall liegt und steht mehr oder weniger flohmarktfähiges Gerümpel. Der Eigentümer, erklärt Russell, der uns im siebten Stock in Empfang nimmt, habe das Haus zwar bis unters Dach vollgestellt mit seinen eigentümlichen Sammlerstücken, doch er sei auch ein „Idealist“ und stelle kreativen New Yorkern billigen Raum zum Verwirklichen ihrer Ideen zur Verfügung. Davon profitieren auch die New Yorker Biohacker. Zwar gibt es – zu unserer Enttäuschung – keine Klimaanlage. Doch Russell & Co haben auf den rund 55 Quadratmetern genug Platz für ein paar Büroplätze, einen Konferenzraum mit Ausblick über Brooklyn und das Herzstück: ein komplett eingerichtetes Labor, das für unsere Augen nicht von einer professionellen Forschungseinrichtung zu unterscheiden ist.
    In dem etwa zehn Quadratmeter großen Rechteck, das bis unter die rund drei Meter hohe Decke mit Plexiglasfenstern und feinerGaze vom Großraum abgetrennt ist, steht das komplette Arsenal von Laborgeräten und Utensilien, die man braucht, um ernsthaft Forschung zu betreiben oder biotechnische Kunststücke zu vollbringen. Durrett ist ausgesprochen stolz darauf, dass das Labor sogar die strengen Sicherheitsbestimmungen für gentechnische Veränderungen in Deutschland erfüllen würde: Ein Schild „BL-1“ kennzeichnet den „Biosafety-Level-1“. So verhindere zum Beispiel die Gaze, dass Fliegen ins Labor hineingelangen, auf Bakterienkulturen landen und sie nach draußen befördern könnten. Vor dem Forschungsquader hängen die vorgeschriebenen Laborkittel ordentlich am Kleiderständer.
    Ein Schild weist darauf hin, dass Essen und Trinken im Labor verboten sind. Und für gentechnische Experimente

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