Biohacking - Gentechnik aus der Garage
den Labors seiner Universität an seinem Stratosphärenprojekt arbeitet, fragen wir ihn. „Ich habe eine ganze Reihe von Ideen und Konzepten, die ich dort nicht, hier aber schon umsetzen kann.“ Und es sei auch ein soziales Experiment, wohin sich diese DIY-Bio-Bewegung entwickle. Was ist hier anders? „In einem Profi-Labor wäre ich wohl nie von Reportern und Film-Crews ausgefragt worden“, sagt Medvedik lachend. „Nein, im Ernst, wir bieten Kurse für die Öffentlichkeit. Jeder, wirklich jeder kann kommen.“ Es interessiere nicht, wie viel oder wie wenig Hintergrundwissen man mitbringe, „wir erklären alles, was nötig ist, um in einem molekularbiologischen Labor arbeiten zu können. Man muss sich für kein vierjähriges Studium anmelden, man muss keine Studiengebühren bezahlen.“ Welches Projekt man machen wolle, liege ganz bei jedem selbst. „Aber es muss klar sein, dass es ein sicheres Projekt ist und dass man weiß, was man tut.“
Aber ist das kein Widerspruch – mit wenig Wissen loszulegen und gleichzeitig zu wissen, was man tut? Und was, wenn jemand ein offenbar verrücktes Projekt starten will?
„Dann sagen wir nein!“, so einfach sei das, sagt Medvedik. Dafür sorgt nicht zuletzt der wissenschaftliche Beirat, dem namhafte Wissenschaftler wie George Church oder auch Dana Perkins, Biowaffenexpertin des Gesundheitsministeriums (U. S. Department of Health and Human Services), angehören. Wenn jemand noch nicht wisse, was er tue, dann helfe man ihm, solange es ein sicheres Projekt ist, erläutert Medvedik: „Aber wenn jemand zum Beispiel mit Krankheitserregern arbeiten will, die nicht mehr unter Biosafety-Level-1 fallen, bleibt es bei einem klaren Nein.“
Wir fragen ihn, ob so eine Situation bereits aufgetreten ist.
„Wir hatten einen Fall, bei dem jemand Bakterien kultivieren wollte, die normalerweise auf der menschlichen Haut wachsen“, erzählt Medvedik. „Wir waren unschlüssig, haben unseren wissenschaftlichen Beirat konsultiert und am Ende beschlossen, dass wir uns nicht hundertprozentig wohlfühlen damit.“ Und das, obwohl der Mann durchaus kein Amateur gewesen sei, sondern nach eigenen Angaben sogar schon in einem Labor höherer Sicherheitsstufe gearbeitet hatte.
Die meisten Projekte passieren die selbstauferlegten Sicherheitskontrollen aber ohne Probleme: Sei es das Konstruieren von Bakterien, die Arsen aufspüren, Algen, die Lichtenergie in Biotreibstoff umwandeln, oder das Wettrennen verschiedenfarbiger Bakterienkulturen über eine Agarplatte. 10 Jorgensen, die wie Tausende andere Freiwillige ihr eigenes Erbgut im Rahmen des Personal Genome Projects der Harvard University sequenzieren und öffentlich einsehbar machen lässt, will New Yorkern auch im Genspace ermöglichen, ihre eigenen Gene auf Mutationen zu durchsuchen, die mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden können.
„Was die Leute hierherkommen lässt, ist ihre Leidenschaft für Wissenschaft und nicht, dass sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen müssten“, erklärt Jorgensen. Gerade deshalb kämen auch so viele Profi-Forscher. Das Basteln hier scheint für viele wie eine Art Ausgleichssport zu wirken. „Der Unterschied zu einem professionellen Labor ist, dass man hier die Freiheit hat, Dinge zu erforschen, die ökonomisch oder medizinisch scheinbar keinen Sinn ergeben“, sagt Jorgensen. Ein Drittel der Genspace-Nutzer seien Künstler, die zum Beispiel genetische Merkmale aus dem Erbgut von zufällig gefundenen Haarresten herauslesen und dann aus den Genen abstrahierte „Porträts“ von den dazugehören Menschen zeichnen wollen. Es ist ein Experiment, das sehr viel Raum für künstlerische Interpretation lässt, denn derzeit kann man aus den Genen eines Haares zwar erkennen, ob der Mensch zu dem Haar an einer Erbkrankheit leidet. Über das Aussehen aber verraten die Gene nach heutigem Kenntnisstand gerade einmal die Farbe von Haut, Haaren und Augen, und das Geschlecht.
Ein anderer Künstler verändert isolierte Bindegewebszellen von Mäusen, so genannte 3T3-Zellen, so, dass sie nach jeder Zellteilung die Farbe wechseln. „Und eine weitere Biokünstlerin arbeitet mit Paenobacillus vortex – Bakterien, die wunderschöne Muster hervorbringen, wenn man ihre Nahrung verändert“, und erfüllt damitdas Motto von Genspace, mit dem man auf der Website begrüßt wird: „Erinnert ihr euch an die Zeit, als euch Wissenschaft noch Spaß gemacht hat?“
In diesem Spruch scheint mancher Forscher sich selbst
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