Biohacking - Gentechnik aus der Garage
iGEM-Wettbewerbs. Es sind in den meisten Fällen nicht etwa Professoren oder wissenschaftliche Assistenten, die die Initiative ergreifen und Studenten eine Aufgabe stellen. Es sind die Studenten selbst, die über Kommilitonen oder Facebook, Twitter, Blogs und Ähnliches von dem Wettbewerb hören und sich dann um den vom MIT vorgeschriebenen akademischen Betreuer, ein passendes Labor, Materialien und sogar die Finanzierung durch Sponsoren kümmern.
Am Community College in Baltimore gehören zu den Studenten auch schon etwas fortgeschrittenere Semester wie Bernadette Gallagher, die dort Fortbildungen oder Umschulungen machen. Ein Mitstreiter in ihrem Team ist Miles Pekala, Elektrotechnik-Student und Hacker. „Ich bin hier, weil ich zum Hafford Hackerspace gehöre und versuchen will, mit DIY-Biologie anzufangen“, sagt Pekala. Ein anderer heißt Patrick O’Neill, ein Informatik-Student: „Ich bin zu diesem Wettbewerb gestoßen, weil ich am Programmieren von Biologie interessiert bin.“ Dazu kommen noch zwei weitere Studenten, Ryan Ogle und Robert Buck. Es ist eine kleine, aber bemerkenswert diverse Gruppe aus der Mitte der Gesellschaft und ohne Bio-Studium. Der einzige Profi ist der Prof. Tom Burkett, Anfang 50, mit Schnauzer und hoher Stirn, hat lange Jahre für das National Cancer Institute der USA und in einer Biotech-Firma geforscht.
Anfangs diskutieren sie lange, welches Projekt sie angesichts der unterschiedlichen Hintergründe und der kaum vorhandenen biologischen Vorkenntnisse überhaupt angehen sollen. In dem Wissen, dass alle in Sachen Gentechnik absolute Amateure sind, einigt sich die Gruppe schließlich auf etwas, das zwar fast beängstigend anspruchsvoll ist, aber zu ihnen passt. Sie wollen etwas basteln, das eben dieser Amateur-Kultur der DIY-Bio-Bewegung, der sich alle zugehörig fühlen, dienen könnte: „Wir entwickeln günstige Alternativen für existierende Werkzeuge und Techniken in dem Versuch, die Partizipationsmöglichkeiten in der biologischen Forschung und Entwicklung zu erweitern“, formuliert es die Gruppe auf ihrer iGEM-Website, die sie wie alle Teams für den Wettbewerb bestücken muss.
Das Hauptprojekt besteht darin, das Darmbakterium E. coli mit einem Gen für Taq-Polymerase auszustatten, jenes Enzym, das für die routinemäßige Vermehrung von DNA im Labor gebraucht wird. Es stammt ursprünglich aus hitzeresistenten Tiefseebakterien namens Thermus aquaticus (kurz Taq) und eignet sich deshalb hervorragend für die teilweise sehr hohen Temperaturen im Genkopierautomaten. Mit diesen das Tiefsee-Gen tragenden Coli-Bakterien will das Team anderen Bio-Amateuren helfen. Sie sollen ein biologisches Werkzeug sein, mit dem man dieses Enzym selbst herstellen kann, ohne es teuer einkaufen zu müssen. Bernadette, Miles und die anderen wollen damit etwas dazu beitragen, die Hürden für den Einstieg in die Synthetische Biologie zu senken.
Allerdings haben sie anfangs mit ganz anderen Hürden zu kämpfen. „Der Kopf schwirrte mir vor lauter neuen Begriffen und Techniken, von denen ich noch nie etwas gehört hatte“, erzählt Miles Pekala von den ersten Treffen, in denen Burkett das geplante Experiment und die dazugehörigen biologischen Prinzipien erklärte. Für manch einen war das zu viel, ein paar der anfangs Interessierten tauchten nach den ersten Treffen nicht mehr auf, die Gruppe schrumpfte auf fünf plus Professor.
Als es dann ins Labor ging, schwangen auch Bedenken über Sicherheit mit, vor allem bei Miles und Bernadette. Schließlich hatte keiner von ihnen vorher schon einmal eine Pipette in der Hand gehabt, dafür aber schon eine Menge darüber gehört, was bei Gentechnik vielleicht alles schiefgehen kann. Die typischen Fernsehbilder von Hochsicherheitslabors und Experten in Schutzanzügen waren auch nicht geeignet, die Bedenken abzubauen. Tom Burkett begann deshalb fast behutsam mit den ersten praktischen Übungen und erklärte jeden Schritt. Für Bernadette war zudem wichtig, „zu wissen, dass das Labor zu einem College gehört“, dass es also neben den Sicherheitsvorkehrungen, die Tom ihnen beibrachte, auch die technische und organisatorische Sicherheit einer professionellen Umgebung gab. Die Materialien und Prozeduren, die potenziell gefährlich sein könnten, habe sie schnell kennengelernt. Und letztlich habe sie sich dann „nie unsicher gefühlt“.
Wir begleiten das Team ins Labor und dürfen zuschauen, wie sie die letzten Handgriffe ihres Experiments abspulen. Mit
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