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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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Projekte für die Gesellschaft: Die von Hanny entdeckte Gaswolke, so besonders sie sein mag, hat die Wissenschaftswelt nicht erregt wie das Higgs-Boson oder die Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Sie hat vor allem geholfen, Brücken zu bauen zwischen normalen, interessierten, mehr oder weniger vorgebildeten Leuten und jenem Teil der Gesellschaft, der sich Wissenschaft nennt, der vom Rest der Gesellschaft heute aber oft so abgegrenzt ist wie nie zuvor.
    Zudem gibt es alle nur denkbaren Abstufungen von nötiger Expertise in gegenwärtigen Bürgerwissenschaftsprojekten. Sie beginnt bei einem Wert von nahe null, wenn nur die Rechenkapazität des Heimcomputers zur Verfügung gestellt werden muss. Um Galaxien zu kategorisieren und eventuelle seltsame Gaswolken zu finden, muss man das Gehirn schon etwas anstrengen. Und um etwa zu Herbaria@Home, einem Projekt, in dem online unzählige in Archiven und Museen lagernde getrocknete Pflanzen identifiziert werden sollen, etwas beitragen zu können, muss man schon eine recht ambitionierte Hobby-Botanikerin oder ein speziell interessierter pensionierter Bio-Lehrer sein. Ein anderer Ansatz ist Fold.it. Dort können Teilnehmer per Online-Spiel dabei helfen, die dreidimensionale Struktur (im Fachjargon „Folding“ oder „Faltung“) von Proteinen zu bestimmen. Ein paar von ihnen haben es damit bereits als Co-Autoren einer Fachpublikation in ein Top-Wissenschaftsjournal geschafft, weil es ihnen derart spielend gelungen war, die Kristallstruktur eines wichtigen Enzyms aufzuklären. 15
    Mit dem Anspruch sinkt zwar logischerweise die Zahl der Teilnehmer – bei Seti@Home sind es Millionen, bei Herbaria@Home gerade einmal 375 im Dezember 2012. Doch der Wert des individuellen Beitrags steigt. Netto kommt also vielleicht durchaus Vergleichbares an wissenschaftlicher Erkenntnis bei solch unterschiedlichen Projekten heraus, und ihre Bandbreite sorgt dafür, dass vom absoluten Laien bis hin zum Hobby-Experten jeder und jede, der oder die einen Computer hat, mitmachen kann. Und ein Zuwachs an Bildung springt wahrscheinlich für sie alle heraus – vom Seti-Teilnehmer, der jetzt endlich versteht, was Radiowellen sind, bis hin zum Hobby-Botaniker, der bei der Bestimmung von Doldenblütlern immer sicherer wird und nebenbei erfährt, dass die Adelsfamilie im Nachbardorf ein paar recht gute Pflanzensammler zu ihren Ahnen zählt. Moderne Bürgerforschung passiert laut Sandra Henderson, Direktorin des amerikanischen Projektes „Budburst“, in dem derzeit 13 000 Teilnehmer Naturbeobachtungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel machen, „an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Bildung“. 16 Sie kombiniert also auf sehr kostengünstige Weise genau die beiden Gebiete, die immer wieder schon fast gebetsmühlenartig als die wichtigsten Zukunftsressourcen für Länder ohne Öl, Diamanten oder Traumstrände genannt werden.
    Grundsätzlich neu allerdings ist diese Art mitmachender Bürgerwissenschaft nicht, sie bedient sich lediglich der noch relativ neuen Kommunikationsmittel namens Personal Computer und Internet. Gerade in der Astronomie hat sie jedoch eine lange Tradition. 17 An ein paar ziemlich wichtigen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts waren Amateur-Astronomen maßgeblich beteiligt, manche gelangen ihnen sogar ohne professionelle Hilfe. Eine junge Frau namens Henrietta Swan Leavitt etwa, angestellt für Hilfsarbeiten bei der Auswertung von Teleskop-Fotos an der Sternwarte der Harvard University, erkannte 1912 Gesetzmäßigkeiten in der Helligkeit von Sternen. Ihre Entdeckung lieferte unter anderem die Grundlage für Edwin Hubbles Nachweis, dass es neben unserer eigenen auch noch andere Galaxien gibt und das Universum sich ausdehnt.
    Oder Patrick Moore. Der englische Hobbyastronom entdeckte 1946 das Mare Orientale, eine Tiefebene auf dem Mond, die von der Erde aus nur selten sichtbar ist. Zwar stellte sich später heraus, dass ein deutscher Astronom namens Julius Franz es schon 1906 beschrieben hatte, Moore also eigentlich nur ein unabhängiger Wiederentdecker ist. Das hinderte ihn aber nicht daran, zu Britanniens bekanntestem „Astronomen“ zu werden. Noch heute präsentiert der 1923 geborene Herr mit Monokel, der längst ein „Sir“ im Namen trägt, auf der BBC monatlich die Sendung „The Sky at Night“.
    Moore verwendete bei seiner Entdeckung eine Erfindung, die ein anderer Hobby-Astronom gemacht hatte. Das Schmidt-Kamerateleskop, 1929 erdacht und gebastelt von dem

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