Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
uns wird nichts mehr bleiben, das es noch zu retten lohnt.«
Smaragdgrüne Reisterrassen erstrecken sich bis zum Horizont, ein flimmernd helles Leuchten in der tropischen Sonne. Kanya ist schon so lange in dem Dreckloch Krung Thep gefangen, dass es eine Wohltat für sie ist, diese im Wachsen begriffene Welt zu sehen. So etwas wie Hoffnung scheint wieder vorstellbar. Dass die Reisgräser nicht einer neuen Variante der Rostwelke anheimfallen werden. Dass nicht irgendeine genmanipulierte Spore den Weg von Burma hierherfinden wird, um im Königreich Wurzeln zu schlagen. Noch immer wächst Reis auf den gefluteten Feldern, die Schutzwälle halten,
und die Wasserpumpen Seiner Königlichen Majestät Rama XII. tun weiterhin ihre Arbeit.
Die tätowierten Bauern falten respektvoll die Hände und verneigen sich, als Kanya an ihnen vorbeiradelt. Ihren gestempelten Armen zufolge haben die meisten von ihnen ihren Frondienst für dieses Jahr so gut wie abgeleistet. Einige andere tragen Zeichen, denen zufolge sie zur Beginn der Regenzeit in die Städte wechseln müssen, wo sie den Damm gegen Überflutungen sichern werden. Auch Kanya trägt Zeichen auf der Haut, die an ihre Zeit als Farmerstochter erinnern, lange bevor Akkarats Agenten sie damit beauftragten, ins Herz des Umweltministeriums einzudringen.
Nach einer Stunde Fahrt mit dem Rad auf erhöht gelegenen Fußwegen tauchen die Umrisse des Anwesens vor ihr auf. Zuerst der Zaun. Dann die Männer mit den Hunden. Als Nächstes Mauern, die mit hohen Bambusspeeren, Glasscherben und Stacheldraht gesichert sind. Kanya weicht den Stolperfallen aus und folgt der Straße. Eigentlich ist es nur das Haus eines reichen Mannes, hoch oben auf einem künstlichen Berg aus Bauschutt von Expansionshochhäusern errichtet.
Wenn man bedenkt, wie viele Menschenleben in den letzten einhundert Jahren verlorengegangen sind, ist es schon beeindruckend, dass eine solche Menge von Arbeitskräften für etwas so Albernes wie eine Anhöhe eingesetzt wurde – während Dämme repariert, Felder bestellt und Kriege ausgefochten werden müssen, war ein Mann in der Lage, sich all dies zu leisten. Der Rückzugsort eines Superreichen. Ursprünglich für Rama XII. gebaut und auch heute noch offiziell Eigentum des Palasts. Von einem Luftschiff aus betrachtet wirkt das Grundstück nicht besonders auffällig. Ein Anwesen unter vielen. Verschwendungssucht, die irgendeiner Nebenlinie der königlichen Familie zugutekommt. Und
doch ist eine Mauer eine Mauer, ein Tigergraben ein Tigergraben, und Männer mit Hunden überwachen, wer hinein-und wer hinausgeht.
Kanya zeigt ihnen ihren Ausweis, während die Doggen knurren und an den Ketten zerren. Die Biester sind unnatürlich groß. Aufziehhunde. Hungrig, tödlich und wie für ihre Aufgabe geschaffen. Die Muskelberge mit den Riesenzähnen wiegen glatt das Doppelte wie sie. Zum Leben erweckte Schreckgespenster, die Gi Bu Sens Fantasie entstammen.
Die Wachen lesen Codes mit ihren handkurbelbetriebenen Dechiffriergeräten aus. Sie tragen die schwarze Livree der Königinnentreuen und sind in ihrer Effizienz und dem heiligen Ernst, den sie an den Tag legen, geradezu beängstigend. Endlich winken sie Kanya durch, vorbei an den Doggen, die die Zähne fletschen. Kanya radelt auf das Haupttor zu, und bei dem Gedanken, dass sie selbst mit dem Fahrrad niemals schneller wäre als die Hunde, stellen sich ihr die Nackenhaare auf.
An der Pforte angekommen, wird sie von einer weiteren Wache kontrolliert, dann führt man sie zur gefliesten Terrasse vor dem Haus, neben der ein blauer Swimmingpool wie ein Juwel in der Sonne glänzt.
Im Schatten eines Bananenbaums sitzen drei kichernde Ladyboys und lächeln zu ihr herüber. Kanya erwidert ihr Lächeln. Sie sind hübsch. Wenn sie allerdings einen Farang lieben, dann sind sie auch ausgesprochen töricht.
»Ich bin Kip«, stellt sich eine von ihnen vor. »Der Doktor bekommt gerade seine Massage.« Sie deutet mit dem Kopf auf das schimmernde Wasser. »Sie können am Pool auf ihn warten.«
Der Duft des Ozeans hüllt sie ein. Kanya schlendert zum Rand der Terrasse. Unter ihr plätschern Wellen ans Ufer, fallen in sich zusammen und scheuern weiß über den Sandstrand.
Eine leichte Brise umspielt sie, die Luft ist sauber und frisch und bringt optimistische Gedanken mit sich, die so ganz anders sind als der klaustrophobische Gestank hinter den Dämmen von Bangkok.
Sie atmet tief ein und genießt die salzige Luft. Da flattert plötzlich ein
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