Birne sucht Helene
ergriff Elis Hand. »Aber nein, wir kommen aus ganz einfachen Verhältnissen und haben uns hochgearbeitet. Was machen deine Eltern denn so beruflich?«
»Mein Vater ist Beamter, auf Lebenszeit, im Ministerium. Als Kind habe ich immer gesagt, Papa geht regieren.« Sie lachte, aber Rotraud und Georg Holz lachten nicht.
»Undwas macht deine Mutter?«, hakte Rotraud nach.
»Meine Hausfrau ist Mutter, also meine Mutter ist Hausfrau. Sind Sie denn auch Hausfrau?«
»Gott sei Dank nicht mehr. Ich leite jetzt unsere Verwaltung, wenn du so willst, bin ich regierende Bundesfinanzministerin unseres kleinen Gesundheitsunternehmens.«
Und was sagte man jetzt darauf? Eli entschied sich für: »Herzlichen Glückwunsch!« Und dann rutschte ihr eine Frage heraus, ohne den Umweg über das Hirnareal für logisches Denken zu nehmen. »Wieso ist Roman denn dann Buchhändler und nicht Arzt geworden?«
»Das«, antwortete Rotraud spitz, »fragst du ihn lieber selber. Frag ihn dann bitte auch gleich, ob er absichtlich durch den Medizinertest gefallen ist. Aber so was würde er natürlich nie tun, nicht wahr, Roman?«
»Habe ich dir eigentlich schon meine entzückenden Eltern vorgestellt?«, fragte dieser Eli nun mit schiefem Lächeln.
»Wenn du der Meinung bist«, fuhr Rotraud an Eli gewandt fort, »dass Roman den Test wiederholen sollte, sag es ihm ruhig. Meinen Segen hast du auf jeden Fall.«
Danach war die Stimmung erst mal im Keller. Wie gut, dass sie plötzlich von einem livrierten Kellner zu Tisch gebeten wurden. Wo kam der denn plötzlich her? Versteckten die ihr Personal in Schränken?
Wie sich herausstellte, hatten sie für diesen besonderen Abend extra einen Mietkoch samt Ober engagiert. Das Pizza-Taxi der feinen Leute.
Sie tafelten groß auf. Rotraud und Georg verwandelten sich mit jedem Schluck Wein mehr in die Menschen zurück, die sie einst wohl gewesen waren. Der Alkohol löste die mit der Zeit hart gewordenen Schalen einfach ab. Rotraud wurde immer geselliger und Georg immer müder. Oft schweifte sein Blick hinaus in denGarten zum Stall, und Eli konnte beobachten, wie sich seine Lippen still bewegten, so als rede er beruhigend auf eines seiner Pferde ein. Eigentlich waren die beiden gar nicht so übel. Und das Essen war super, meine Güte, sie hatten sogar daran gedacht, dass Eli Vegetarierin war. Der Koch hatte einen traumhaften Löwenzahnsalat gezaubert und mit Gorgonzola gefüllte Cannelloni mit hauchdünnen Trüffelscheiben kreiert.
So ließ es sich leben.
Was war an reichen, leicht versnobten Schwiegereltern auszusetzen? Die man nur an Feiertagen sah? Und bei denen man vermutlich noch Reiten lernen konnte. Eigentlich nichts! Außerdem fand sie es sehr sympathisch, dass die beiden das alles kraft ihrer Arbeit erreicht hatten.
Eli war in der Laune, etwas klarzustellen. Roman hatte sie zwar eindringlich darum gebeten, nichts von seiner Heldentat im Rhein zu erzählen, aber seine Eltern sollten ruhig wissen, was sie an ihm hatten. Medizinstudium hin oder her.
»Roman hat letzte Woche übrigens jemanden vor dem Ertrinken gerettet. Wir waren gerade bei unserem ersten gemeinsamen Ausflug, mit dem Schiff auf dem Rhein. Da fiel ein Mann ins Wasser, alle guckten nur, aber Roman sprang direkt rein und rettete ihn.«
Rotraud winkte ab. »Wir wissen doch, dass unser Roman ein echter Ritter ist. Zwei seiner Freundinnen hat er vor Straßendieben bewahrt, und einmal wollte so ein grober Typ seine Damalige, die Eva war das, glaube ich, na ja, der wollte sie betatschen, den hat Roman dann davon gejagt. Da sind ihm natürlich die Herzen zugeflogen.« Sie hielt sich plötzlich die Hand vor den Mund. »Ach, Roman, du hattest ja gesagt, wir dürfen das nicht erzählen. Hab ich jetzt ganz vergessen. Aber es macht uns doch stolz, wenn wir sehen, wie du deine Herzdamen verteidigst. Nicht wahr, Georg?«
Georgnahm noch einen Schluck und prostete in Richtung Stall. »So ist es!«
Zufälle gab es …
»Was waren denn das für Typen?«
»Ach, immer solche Glatzköpfe.«
Genau wie bei ihr. Was für ein wahnsinniger Zufall. Eli fuhr es eiskalt über den Rücken, während Rotraud weiterredete. »Bullige Kerle, ganz schlimme Burschen. Aber einen Menschen aus dem Wasser gefischt hat er noch nie. Warum berichtete denn die Zeitung nicht darüber?«
»Dafür mach ich das doch nicht«, sagte Roman. »Und jetzt lasst uns über was anderes reden. Mir ist das unangenehm.«
Doch Eli hakte nach: »War Roman da immer schon lange mit seinen
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