Birne sucht Helene
eine Blutorangen-Tarte dafür backen. Selbst wenn sie nicht kalt ist, schmeckt sie erfrischend. Und mit Estragonmarzipan ist sie der Kick. Am Decksteiner Weiher könnten Sie gut mit dem Wagen parken, von da sind es nur ein paar Schritte bis zum See.«
Paul sah gar nicht auf, er kämpfte gegen die Bilder in seinem elend dummen Kopf an, die ihm zeigten, wie Eli und er zusammen auf einer Picknickdecke saßen. Aber Eli war vergeben. Wie es schien, für immer und ewig. Und er? War allein, aber kein Mönch. Und vor ihm saß die süßeste Mini-Cabrio-Fahrerin, die er je gesehen hatte. Meine Güte, so viel Erotik hatte die KFZ -Zulassungsstelle nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit die Siebengebirge Dream Girls in Mannschaftsstärke ihren Bus angemeldet hatten. Mit einem Mal musste Paul an Geishas denken – allerdings nicht daran, wie sie eine Tee-Zeremonie abhielten.
»Blutorangen-Tarte klingt toll«, sagte sie nun.
»Und geht viel einfacher zu kochen, als es klingt. Möchten Sie ein Wunschkennzeichen?«
»Ja?«
»Kostet allerdings ein paar Euro.«
»Ach so, nein, ich meinte das mit dem einfachen Kochen. Mein Wunschkennzeichen habe ich im Internet schon reserviert, ich suche schnell den Ausdruck. Oh, jetzt ist er ganz zerknittert. Ich hoffe, das macht nichts?«
»Ach was.« Paul strich ihn glatt. »Steht ja alles drauf, was wir brauchen.«
Die Asiatin kramte auch Zettel und Stift hervor. »Sollte ich denn alles für das Picknick vorbereiten oder ist es besser, die Dinge ganz frisch zu machen?«
Paul hatte sich erst vor kurzem in dieses Thema eingelesen und auch bereits eine Meinung zu der großen Frage »Vor Ort schmierenoder mitbringen?«. Nämlich vor Ort schmieren, wo bliebe sonst der Spaß? Es folgten Rezepte zu süßsauren Soleiern, Waldorfsalat, provenzalischen Oliven und Chicken Teriyaki. Es sprudelte nur so aus Paul, während er auf seinem Computer-Keyboard tippte. Genauer gesagt: sich ständig vertippte. Saß etwa eine neue Dalia Paulauskas vor ihm? Oder eine Frau, die bis zum Frühstück bleiben würde – und sogar länger. Paul versuchte seinen Puls auf ein nicht gesundheitsschädigendes Maß herunterzubringen. Es gab da so eine Atemübung aus der Amica . Aber wahrscheinlich machte er sich nur etwas vor, sie würde niemals mit ihm ausgehen, egal, wie viele Rezepte er kannte. Dann fiel ihm etwas Wichtiges ein: Fleisch! Er musste Fleisch erwähnen, sonst hielt sie ihn sowieso für schwul.
»Und natürlich Fleisch, ohne geht es nicht. Was toll Mariniertes.« Pfeffer! »Mit Pfeffer, schön scharf.«
So, jetzt hatte er eigentlich alle Reizworte gesagt.
»Gehört das zum Service des Hauses, jeder Frau das passende Rezept zum Auto zu geben?«
Jetzt war etwas Schlagfertiges gefragt! Etwas, womit sie nicht rechnete, was souverän seinen Witz unterstrich.
»Äh, ja.«
Okay, gescheitert.
»Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Rezepte auch mailen. So, an der Kasse den Beleg bezahlen und wenn Sie zurückkommen, ist alles fertig.«
Er würde gerne selber mal dieses Chicken Teriyaki ausprobieren. Es war eine echte Offenbarung für ihn gewesen, was da alles hineingehörte. Unter anderem Mirin, süßer Reiswein. Damit konnte man sich wahrscheinlich prima die Kante geben.
Schon war die bayrische Asiatin zur Kasse unterwegs, und der nächste Antragsteller saß vor ihm. Eine Ummeldung, er hatte noch nicht die Plakette für die Hauptuntersuchung abgerubbelt. Alsoretour. Da klingelte plötzlich das Telefon. Paul sah, dass es Oma Gerti war. Sie wollte bestimmt wissen, wie es mit seiner Freundin lief – die er ihr zuliebe erfunden hatte. Er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, ihr zu erzählen, dass kein Rendezvous mit Pellkartoffeln und Sahnehering stattgefunden hatte. Stattdessen hatte er angedeutet, dass er mit der Frau seiner Träume nach dem Verspeisen von Fisch und Kartoffeln in der Kiste gelandet war. Das hatte Oma Gerti sehr, sehr glücklich gemacht. Sie hatte sogar ein bisschen anzüglich gekichert.
Seitdem rief sie regelmäßig an, um sich über den Stand der Beziehung zu informieren. Regelmäßig bedeutete stündlich.
Paul schaffte es einfach nicht mehr, sich weitere romantische Geschichten auszudenken. Deswegen konnte er jetzt nicht rangehen. Stattdessen bediente er den aktuellen Kunden fertig. Dann kam die Asiatin wieder zu ihm.
»So, ich habe bezahlt. Und hier sind die neuen Kennzeichen.«
Sie legte die beiden Schilder auf den Schreibtisch.
Paul brachte die Hauptuntersuchungsplakette an
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