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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Er kriegt dann diese Zornfalten und rötlichen Flecken im Gesicht, die machen ihn so herrlich hässlich. Es tut mir leid, Schatzilein, aber das will ich um nichts in der Welt missen. Den Typen vertreibe ich aus deinem Leben, und wenn es das Letzte ist, was ich alter Mann noch hinkriege.«
    »Na, super. Dein Kleinkrieg hat vor allem diesen Mist hier hingekriegt!« Sie drückte ihm die Luftballons in die Hand und zog einen Schokoriegel aus der Jackentasche. Zur Aufbesserung der Laune. »Der Disselbeck denkt, ich stecke dahinter. Das hat der Romanihm wohl gesagt. Habe schon eine Abmahnung erhalten.«
    »Alles nur Bluff, Einschüchterungsversuche. Der Disselbeck würde gegenüber der Zentrale doch nie zugeben, dass er eine Mitarbeiterin feuern musste, weil er sie nicht in den Griff bekam. Die Blöße würde der sich nie geben.« Löschi rückte näher – was wegen seiner Zigarette einem Ballon das Leben kostete. »Huch! Hab ich mich erschrocken! Das dumme Ding. Ich freu mich übrigens, dass es mit dir und David so gut läuft. Er ist echt ein toller Fang, würde mir auch gefallen.«
    »Also, bitte!«
    »Keine Angst, ich werfe meinen Hut nicht in den Ring. Das wäre ja auch total unfair dir gegenüber.« Er strich sich demonstrativ durch die blonden Haare. »Also, was ich eigentlich sagen wollte: Ich vermiss dich, Kleines. Wir sehen uns kaum noch außerhalb der Arbeit. Als deine Mutter krank und deine Schwester da war, hab ich das stillschweigend und tapfer ertragen. Aber jetzt muss auch mal wieder Zeit für Löschi sein. Cocktailabend? Heute? Ich zahle die erste Runde!«
    Plötzlich schaute Disselbeck grimmig heraus. Löschi tat schnell einen Schritt zurück und verschwand hinter einer Betonsäule, Eli drückte einem arglosen Jugendlichen mit Nietenjacke einen Luftballon in die Hand, den er gar nicht wollte. Als ihr Chef wieder verschwunden war, zog sie Löschi am Kragen hervor.
    »Wie ein kleines Kind.«
    »Im Versteckspielen war ich immer schon super. Weil ich so gertenschlank bin, weißt du.« Er fuhr sich über die Hüfte. »Modelmaße! Und, was ist jetzt mit unserem Damenabend?«
    Eli wollte gerade antworten, als der Wind so stark in die Luftballons blies, dass sie Mühe hatte, alle festzuhalten. Der April war extrem windig und auf dem Neumarkt wehte es so stark, dass man ohne Probleme eine Segelregatta hätte veranstalten können – wenn das alljährliche Kölner Hochwasser mal bis hierhin käme.
    »Cocktails immer!«, sagte Eli, nachdem sie wieder alle Ballons unter Kontrolle hatte. »Aber tu nicht so, als hätte es nur an mir gelegen, dass wir zwei nichts mehr unternommen haben. Wann hattest du denn mal einen Abend frei? Was treibst du überhaupt die ganze Zeit, wenn ich mal fragen darf?«
    »Meine Theatergruppe, wir haben doch bald Premiere. ›Der Schöne und das Biest‹.«
    »Und wen spielst du?«
    »Frechheit, die Frage! Also, wirklich!« Plötzlich zeigte er Richtung Bahnsteig. »Ich glaube, der gute Löschi muss sich jetzt verabschieden. Da kommt nämlich dein Schatzi. Aber vorher noch eine Frage: Hat er eigentlich einen großen … Kochlöffel?«
    Löschi lachte so unanständig, dass selbst Dolly Buster vor Scham errötet wäre. Eli knuffte ihn dafür ordentlich in den Arm. Als er kurz aufschrie, wusste sie, dass ihr Powerboxen sich langsam bezahlt machte.
    Schon von weitem erkannte Eli, dass David heute ganz ernst und angespannt aussah, was überhaupt nicht seine Art war. Er steckte sonst so voller Energie, voll Unternehmungsgeist, mit ihm gab es kein gemütlich auf der Couch lümmeln und Fernsehen gucken, mit David war man immer unterwegs. Über einen Monat war es jetzt schon her, dass sie ihn kennengelernt hatte. Beim Treffen mit Paul, das sie seitdem nur noch den Yin-Yang-Abend nannte. Yin, dunkel, war der Fleisch-Missionar Paul gewesen, auf seinem Kreuzzug für blutiges Lamm. Yang, hell, war Davids Auftauchen. Seitdem hatte sie ihn immer öfter gesehen – und Paul nie wieder.
    »Hallo, Eli!« Er gab ihr einen Kuss zur Begrüßung, viel länger als sonst. »Hast du einen Moment für mich? Ich weiß, dass es schlecht ist während der Arbeitszeit. Aber es ist wirklich wichtig.«
    Elidrückte dem immer noch neben ihr rauchenden Löschi die Ballons in die Hand. »Könntest du mal übernehmen? Wenn der Disselbeck fragt, sagst du einfach, mir sei übel, und ich wär kurz zur Apotheke gegangen.«
    Es passierte selten, doch manchmal sagte Löschi nichts.
    »Lächeln!«, erinnerte ihn Eli. »Immer

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