Birne sucht Helene
lächeln, sonst macht das Biest den Kindern Angst.«
Löschi warf ihr einen seiner vernichtenden Blicke zu, bevor er sein strahlendstes Lächeln aufsetzte.
Ohne ein weiteres Wort ergriff David Elis Hand und bog mit ihr in die Richmodstraße ab, wo nach wenigen Metern das Café Lichtenberg auftauchte. Sie wählten einen der Tische auf dem Bürgersteig.
»Nun sag schon, was gibt es denn so Dringendes? Ich hab schon ganz weiche Knie. Jetzt schau doch nicht wieder so.«
»Wie guck ich denn?« David schien überrascht.
»Als hättest du Zahnschmerzen, als käme jetzt was Übles. Ich will nichts Übles, hörst du? Nicht am verkaufsoffenen Sonntag. Ich kann üble Sachen heute überhaupt nicht gebrauchen.«
»Ist nichts Übles.« Er nahm wieder ihre Hand und küsste diese. »Ganz im Gegenteil.«
Die Bedienung kam. Eli hätte sie am liebsten weggescheucht wie eine lästige Fliege, David bestellte zwei Espressi. »Ich brauch jetzt unbedingt einen starken Kaffee.«
»Jetzt mach es doch nicht so spannend.«
»Lass mich erst noch eine rauchen, damit der Puls runtergeht.«
»Was meinst du, wo meiner gerade ist? Dagegen ist der eines 100 -Meter-Sprinters tiefenentspannt. Spuckst du jetzt endlich aus, worum es geht oder muss ich zu rabiateren Mitteln greifen?«
David lächelte. Mit der Zigarette im Mundwinkel sah er dabei fast so lässig aus wie Steve McQueen.
»Nurnoch einen Schluck Kaffee, okay? Ich hab so was noch nie gemacht.«
Mein Gott, er würde doch nicht … jetzt? Hier? Sie kannten sich doch gerade erst ein paar Wochen. Aber es lief gut, von Anfang an. Trotz seiner bald startenden Fernsehkarriere und seiner Zeit im Ausland war David auf dem Boden geblieben, er war aufmerksam, bekochte sie gern, wusste, was er wollte – und würde sie niemals so verletzen wie Paul.
Der war Geschichte. Und seine Küsse mit ihm.
Die Bedienung kam mit den Espressi und stellte sie professionell lächelnd vor ihnen ab. »Ich darf gleich kassieren. Wir haben jetzt nämlich Schichtwechsel.«
Eli griff zur Rechnung. Nicht weil sie bezahlen wollte, das würde David niemals zulassen, sondern um die Zahlen zu sehen. 270313 ? Irgendwo? In der Endsumme? Der Telefonnummer des Cafés? Der Tischnummer? Nein. Nirgends. Eli sah auf die Straße, was stand auf dem Nummernschild des gegenüber geparkten VW Tourans? 2968 . Ach, Mist!
David zahlte, räusperte sich danach theatralisch und zog ein Ringkästchen aus der Jackentasche. Es war mit rotem Samt bespannt.
»Für dich«, sagte er, und seine Stimme brach fast weg. »Mach es auf.«
Eli wusste nicht, ob ihr Herz schneller schlug, als ihre Hände zitterten. Was sollte sie sagen? Sie hatte noch nicht darüber nachgedacht, ob sie ihn heiraten wollte. Löschi hatte David als Fang ihres Lebens bezeichnet. Aber wollte sie die Angel wirklich einholen?
Ja.
Das wollte sie.
David tat ihr so gut. Was konnte ihr Besseres passieren? Es gab zwar keine bunten Schmetterlingsschwärme in ihrem Bauch wie beiPaul, aber die verzogen sich eh irgendwann wieder zurück in den tropischen Urwald.
Sie klappte das kleine, quadratische Kästchen mit dem gerundeten Deckel feierlich auf. Darin funkelte ein auf Hochglanz polierter … Schlüssel.
»Für meine Wohnung«, sagte David. »Ich möchte, dass du bei mir einziehst. Das ist mir heute Morgen klargeworden, als du dich für die Arbeit fertiggemacht hast. Ich will jeden Tag sehen, wie du dein süßes Hinterteil aus dem Bett schwingst und versuchst, dich ganz leise rauszuschleichen, um mich nicht zu wecken. Und dann hören, wie du Kaffee kochst und mir was in die Thermoskanne füllst. Was meinst du? Wollen wir es versuchen? Und dann suchen wir uns ganz schnell zusammen eine größere Wohnung, wo immer du willst, Köln, Bonn, Brühl, Hürth, egal. Die kannst du dann einrichten, wie du willst. Ich lass alles über mich ergehen!«
Eli beugte sich über den Bistrotisch hinweg und gab David einen langen Kuss, dabei zwei Espressi samt Cantucci-Keksen umwerfend. Egal. Alles egal.
»Ja, ich will.«
Paul bereitete konzentriert den Bärlauchsud für das Graupenrisotto zu, später kämen noch Kartoffel-Crumble und ein pochiertes Landei dazu. Das Rezept hatte er von Nils Henkel, dem Koch des Gourmetrestaurants Lerbach. Er konnte den Blick nicht vom köchelnden Bärlauch lösen, von den schnell aufsteigenden Bläschen und den sich windenden Zwiebeln.
Seit dem katastrophalen Abend mit Eli kamen bei ihm nur noch vegetarische Gerichte auf den Tisch. Er brachte es einfach
Weitere Kostenlose Bücher