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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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es – und fühlte sich gleich schlecht deswegen. Der Gefühlscocktail in ihrem Inneren schäumte über und hatte mehr Zutaten als ein Planter’s Punch.
    Plötzlich stand Löschi in der Aufzugtür. »Liebelein, dein Typ wird verlangt. Und wenn du nicht sofort erscheinst, landest du auch in Schirgiswalde.«
    Einige Tage später klingelte Paul an einer Tür Sturm, die mit einer attraktiven, halbnackten Frau beklebt war, deren Gesicht keinen Zweifel daran ließ, dass es sich bei ihr um einen Zombie handelte. Fortgeschrittene Verwesungsstufe. In der Hand hielt Paul einen Sechserpack Kölsch und eine Ausgabe des Playboys , zudem eine Tupper-Schüssel mit selbstgemachter, extrafeuriger Grillsauce. Wichtigste Zutat: Red-Savina-Habanero-Chili, der schärfste Pfeffer der Welt. Er hatte einen Scoville-Wert von 570 000 , roter Tabasco kam nur auf läppische 30 000 . Schließlich wurde Andy heute dreißig, da durfte der Jubilar schon ein paar Tränen vergießen. Fish-Mac hatte versprochen, Zurück in die Zukunft I-III mitzubringen. Das Leben konnte so schön sein! Vor allem, weil Tine mit ein paar Freundinnen zu einem Factory-Outlet nahe der belgischen Grenze gedüst war und danach in irgendeiner Disco abtanzen wollte. Pauls Lieblingskioskbesitzer Ömer öffnete die Tür. Ömer? Seit wann waren die beiden befreundet?
    »Ah, Paul, da bist du ja! Wie war das Marie-Claire -Extra ›Kochen wie Claudia Schiffer‹?«
    »Hab ich mich in der Tür geirrt?«
    »Komm rein, dein Bier wird schon schal.«
    »Woher kennst du denn Andy?«
    »LangeGeschichte.«
    »Immer nur raus damit.«
    »Später, Paul.«
    Als er ins Wohnzimmer trat, war das Gejohle groß. Außer Andy waren Fish-Mac, Tronje (hieß eigentlich Hagen), Felix (hieß eigentlich Stephan), China (Joachim) und Stephan (hieß eigentlich Felix) da. Sie saßen um den Wohnzimmertisch, auf dem ein schokoladiger Fertigkuchen mit drei Kerzen stand. Paul vermutete, dass sie schon einen ordentlichen Vorsprung beim Alkoholpegel hatten. Gott sei Dank waren David und Eli nicht da, sonst hätte er einen Magenkrampf vortäuschen müssen. Mit Schwung ließ er sich auf das Sofa fallen und prostete dem Geburtstagskind zu. Die kleinen Veränderungen an Andy fielen Paul erst beim zweiten Blick auf. Seine Haare wirkten … sauber, sein Gesicht war frei von Bartstoppeln, seine Augenbrauen waren weniger buschig. Die Klamotten waren zwar immer noch ausgewaschen und mit Löchern – doch es sah aus, als wären sie an genau den richtigen Stellen und mit voller Absicht angebracht. Er sah gleichermaßen unordentlich wie stylish aus. Und wenn Paul sich nicht völlig täuschte, hatte Andy auch abgenommen.
    Kurz gesagt: Andy war generalüberholt worden. Mit ASU und geleertem Aschenbecher. Die TÜV -Plakette wäre ihm sicher.
    Doch nicht nur das veränderte Äußere irritierte Paul an seinem Freund. Den ganzen Abend über blickte der Neu-Ü- 30 er nervös auf die Uhr, trank selbst keinen Schluck und wirkte unglaublich angespannt. Als Paul ihn darauf ansprach, winkte er nur ab.
    »Es ist nichts, wirklich, du wirst es gleich erfahren.« Dann nahm er Paul lange in den Arm. »Wir sind doch Freunde, oder? Für immer?«
    »Klar! Aber warum sagst du das?« Paul blickte ihm ernst in die Augen. »Bist du etwa … todkrank?«
    Andy lachte kurz auf. »Nein, ganz im Gegenteil.« Wieder ein prüfenderBlick auf seine Armbanduhr. »Jetzt ist es so weit.« Er drehte einen leeren Bierkasten um und stellte sich darauf. Es dauerte trotzdem etwas, bis alle ruhig wurden. »Okay, Jungs, schön dass ihr alle da seid. Jetzt bin ich tatsächlich dreißig – und habe immer noch kein graues Haar am Sack.«
    »Zeigen!«, rief Felix. Gelächter. Alle hoben die Gläser. Nur Paul nicht. Irgendetwas lag in der Luft. Andy hatte diesen Witz ohne ein schmieriges Grinsen gemacht, das war überhaupt nicht normal. Wäre Paul ein Arzt, hätte er Andy jetzt zur Kur nach Bad Salzuflen geschickt.
    Jetzt sprach das Geburtstagskind weiter: »Paul und ich hatten uns geschworen zu heiraten, wenn wir an unserem Dreißigsten noch solo sind. Also, Paul, mein Lieber, ich bin jetzt dreißig, darf ich dich bitten …« Er machte eine Pause, alle spitzten die Ohren, als wären sie Vulkanier, »… sitzen zu bleiben. Denn du bist nicht fällig.«
    »Was? Du hast ’ne Freundin ?«
    Wer wohl die Glückliche war? Hoffentlich würde sie Paul mögen, dann könnten sie mal gemeinsam was unternehmen. Es war bestimmt eine ganz nette und tolerante – sonst hätte

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