Birne sucht Helene
wieder. kuss T.
Tinewollte nächste Woche mit ihm zusammen Urlaub machen. Irgendwo in der Sonne, einfach mal zusammen ausspannen. Sie buchte gerade, er kaufte parallel die passenden Reiseführer. Das war zumindest die offizielle Version, warum er in der Buchhandlung stand. Er fühlte sich nicht wohl dabei, sie anzuschwindeln. Selbst wenn es nur eine halbe Lüge war. Es war einfach nicht seine Art.
Ohne es zu merken, war er beim SMS -Lesen bis zum Infostand gegangen. Die adrette, junge Buchhändlerin lächelte ihn an.
Paul räusperte sich. »Guten Tag, ich suche Frau Spatzner. Wo kann ich sie finden?«
Jetzt sah ihn die Frau an, als hätte sie auf eine Zitrone gebissen. Eine unreife. Von der Größe einer Melone: »Frau Spatzner arbeitet nicht mehr bei uns.«
»Was? Seit wann? Wieso?«
»Darüber dürfen wir leider keine Auskunft geben.«
»Aber vielleicht einen Hinweis? Ist sie noch in Köln? Es ist wirklich wichtig!«
»Es tut mir leid, aber darüber dürfen wir wirklich keine Auskunft geben.«
Das Handy blökte wieder.
samos! traumhaft. vollpension sauna massage surfkurs. hab das letzte zimmer bekommen!!!!!!
Samos. Das klang nach Costa Cordalis und ewiger Weinseligkeit. Das klang zudem, als käme man niemals aus dem Bett. Und als hätten die Masseure Stierköpfe. Super.
Die Buchhändlerin wandte sich ab und wollte weggehen. Das durfte sie nicht!
Paul versuchte es noch einmal: »Hören Sie, ich bin ein sehr guter Freund von Eli, wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Sie wird sich sehr freuen, mich wiederzutreffen.«
»Esgeht wirklich nicht. Gerade bei Frau Spatzner. Kann ich Ihnen vielleicht bei einem Buch weiterhelfen?«
Sein Handy blökte abermals.
nacktbadestrand!!!!!!
Paul klickte die Nachricht weg.
»Okay, dann anders: Wer von Ihren Kollegen könnte mir sagen, wo ich Eli finde?« Dann fiel es ihm ein. »Löschi! Wo finde ich Herrn Löschmeyer?«
»Herr Löschmeyer arbeitet leider nicht mehr bei uns.«
»Jetzt nehmen Sie mich auf den Arm, oder? Sind plötzlich alle Mitarbeiter außer Ihnen nicht mehr hier?« So einfach gab sich Paul nicht geschlagen! »Was ist mit Roman Holz?«
Sie zögerte. »Es tut mir leid … Aber Herr Holz arbeitet ebenfalls nicht mehr hier.«
»Ha!«, brüllte Paul. »Wo ist die Geschäftsleitung? So bin ich ja noch nie behandelt worden. Hab ich ›Verarsch mich!‹ auf der Stirn stehen? Das ist echt das Allerletzte, was Sie hier abziehen!«
Sein Handy blökte.
kochst du mir heute abend was kalorienfreies?
Trieb diese Frau nichts anderes als simsen? Er würde heute Abend definitiv vergessen das Handy aufzuladen. Als Paul wieder vom Display aufblickte, war die Buchhändlerin verschwunden. Dann eben eine andere! Das wäre ja gelacht!
Wie sich herausstellte, sagte ihm die nächste genau das Gleiche. Spatzner, Löschmeyer, Holz, alle weg. Keine Auskunft. Danke sehr. Auf Wiedersehen.
So nicht! So einfach ließe er sich nicht abwimmeln. So wahr er Paolo Birnbaum hieß und mit zwei Pfiffen ein ganzes Schafimperiumim Griff hatte. Er würde heute mit Eli sprechen, egal, wo sie steckte.
Aber wie sollte er das nur anstellen?
Kaffee, er brauchte eine große Tasse, um das Hirn durchzuspülen. Die Cafeteria fand sich auf der dritten Etage, und die schwarze Brühe tat ihm wirklich gut. Als die adrette Buchhändlerin vom Infostand an ihm vorbeikam, gelang es ihm, sie nicht zu erwürgen. Er hielt sich unter diesen Umständen für einen Anwärter auf den Friedensnobelpreis.
Und dann sah er etwas, das in seinem Kopf eine Kettenreaktion auslöste. Dabei war es nur eine harmlose Tür. Andy hatte ihm doch von einer Tür erzählt, aus der die Buchhändlerinnen wie Bienen aus einem Stock schwirrten. Dort bekäme er sicher Infos!
Er würde einfach dreist hineingehen, und sich als neuer Praktikant ausgeben. Dann musste er nur noch die richtigen Fragen stellen. Er hätte da was gehört, drei Mitarbeiter seien weg, was denn da los gewesen sei, ob es hier so rau zuginge. Etwas in der Art. Paul merkte, wie ihm Zweifel an seinem Plan kamen, deswegen stand er schnell auf und setzte ihn um, bevor er es sich anders überlegen konnte.
Ein schmaler Gang erwartete ihn hinter der Tür, die Wände voller Buch- und Autorenplakate. Auf dem Boden standen Kartons, stapelweise Lesefutter darin.
Aber keine Menschenseele zu sehen.
Er musste tiefer ins Herz der Buchhandlung vordringen. Paul schnappte sich eines der Pakete und hob es vor die Brust. So sah es aus, als hätte er wirklich etwas zu tun.
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