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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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sich ein T-Shirt überziehen und aussehen wie dein bester Kumpel. Oder sie legte eine Spur Lippenstift auf und machte ihr Haar zurecht und zog ein Kleid an, und schon wirkte sie wie frisch von der Kinoleinwand heruntergestiegen. Larry ließ die Finger über die Seide gleiten. Ob Wayne die Wäsche auch so berührt hatte? Und was mochte ihm dabei durch den Kopf gegangen sein? Hatte er schon Bescheid gewusst, als er sie gekauft hatte? Wann war er dahintergekommen?
    Jetzt tu nicht so unschuldig, hatte Wayne bei dem Anruf gesagt. Er hatte Larry zu Hause angerufen; Emily wäre drangegangen, wenn sie nicht beide Hände im Spülwasser gehabt hätte. Larry sah ihr zu, wie sie die Bratreine schrubbte, während er zuhörte. Ich weiß alles, sagte Wayne. Ich bin euch zum Motel gefolgt. Ich hab sie erschossen, Larry. Ich hab sie in den Kopf geschossen.
    Larry warf Dessous und Verpackung in den Müllsack.
    Er nahm den Sack mit nach oben – knipste das Wohnzimmerlicht hinter sich aus und das Licht im Treppenhaus an. Er musste sich dicht am Geländer entlangschieben, um an der Stelle vorbeizugelangen, wo Wayne den Hund erschossen hatte, einen großen Husky namens Kodiak, triefäugig und arthritisch. Kodiak hatte nicht viel übrig für Kinder, die ihm nur seinen geringelten Schwanz langziehen wollten, deshalb schlief er die meiste Zeit in einem riesigen Korb oben im Nähzimmer. Die Schüsse mussten ihn aufgeschreckt haben. Wahrscheinlich hatte er sofort gewittert, was los war. Jenny hatte ihn als Welpen bekommen, in der Highschool, als sie noch mit Larry ging; er sah sie beide vor sich, damals, wie sie bei Jennys Eltern auf dem Küchenboden gekniet hatten, das Hündchen fröhlich von einem zum anderen schlitternd. Kodiak war in Liebe zu Jenny alt geworden. Er musste Wayne angeknurrt, ihn verbellt haben dort auf dem Treppenabsatz, bevor Wayne ihn erschoss. Larry hatte es mehr als einmal erlebt, dass Blut Hunde bösartig machte; es legte einen Schalter in ihrem Kopf um. Er hoffte, dass Kodiak wenigstens zum Sprung auf Wayne angesetzt hatte, ehe die Kugel ihn traf.
    Larry ging ins Schlafzimmer von Wayne und Jenny. Er war schon einmal darin gewesen. Ein einziges Mal. Wayne hatte geschäftlich in Chicago zu tun gehabt, die Kinder waren bei einer Freundin, und Jenny hatte Larry angerufen – auf dem Revier. Sie hatte der Zentrale gesagt, dass sie jemanden im Wald gesehen zu haben glaubte, einen Jäger vielleicht: ob der Sheriff wohl vorbeikommen und nach dem Rechten schauen könne? Das war schlau von ihr. Auf diese Weise konnte Larry am hellen Tag hinfahren und im Wohnzimmer rauchen und einen Kaffee trinken, und kein Mensch fand etwas dabei.
    Und wie sich zeigte, konnte Jenny Larrys Kaffee auf dem Esstisch abstellen und ihn dann, am Fuß der Treppe stehend, mit dem Finger locken. Und Larry konnte von dem Anblick allein steif werden: Jenny Sullivan, ihn anlächelnd in Jogginghose und einem alten T-Shirt.
    Und oben konnte sie sagen: Nicht auf dem Bett.
    Also standen sie vor dem Spiegel über der niedrigen Kommode, Jenny vornübergebeugt, sie beide mit auf die Schenkel heruntergeschobenen Hosen, Larry die Kiefer gegeneinandermahlend, um wenigstens ein paar Minuten durchzuhalten. Mittendrin nahm er seinen Hut von der Kommode – er hatte ihn mit heraufgebracht, keine Ahnung, warum – und setzte ihn ihr auf, und sie sah hoch, und ihre Blicke trafen sich im Spiegel, und beide lachten sie, als sie zu kommen begannen, und Jennys Lachen schlug in eine Art Quietschen um. Er sagte: Solche Töne hab ich von dir ja noch nie gehört, und Jenny sagte: Solche Töne hab ich auch noch nie von mir gegeben. Schon gar nicht in diesem Schlafzimmer. Sie sagte: Dieses Haus hat so was noch nie erlebt. Und kaum hatte sie es gesagt, schien es, als wäre das Haus Wayne, als wäre Wayne plötzlich mit im Zimmer. Sie wurden beide ernst und verlegen – Jennys Mund auf einmal ganz klein und bitter -, und sie lösten sich voneinander, zogen ihre Kleider hoch, rissen sich zusammen.
    Jetzt öffnete Larry die Kommodenschubladen, versuchte sich zu erinnern, was Jenny an dem Tag damals angehabt hatte. Die blaue Jogginghose. Das Butler-Bulldogs-T-Shirt. Quietschrosa Socken – er sah ihre Füße vor sich, wie sie vor ihm die Treppe hochgegangen war. Er fand ein Paar, das ihm das richtige schien, sehr klein zusammengerollt. Seidene Höschen in ganz zartem Grünlichblau. Er fand ein puscheliges rotes Ding, mit dem sie immer ihren Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Kleine

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