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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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eine unechte Geste; Schauspielerei. Der Mann weiß: Der Junge wird auch gegen ihn zunehmend rebellieren, je länger die Reise dauert.
    Heute braucht sie Ruhe, sagt der Mann gedämpft. Aber sie lässt dir etwas ausrichten. Möchtest du es hören?
    Der Junge nickt und schaut weg, zur Windschutzscheibe hinaus. Sie haben beide die Straße im Blick, während der Mann den Namen des Jungen sagt, und dann:
    Mach dir keine Sorgen, mein Schatz, lässt sie dir sagen. Halt die Ohren steif, wir sprechen uns bald. Ich will, dass du es dir gut gehen lässt. Ich will, dass du brav bist. Entspann dich einfach, und ich ruf dich in Colorado an. Du musst das als Urlaub sehen. Ich hab dich lieb, mein Schatz, sehr lieb.
    Der Mann sieht ein wenig nach der Seite herüber, als er diesen letzten Teil sagt. Der Junge dreht den Kopf nicht vom Fenster weg. Seine Wange ist rot, gerötet von Sonnenbrand, Sonnenuntergang.
    Alles in Ordnung?
    Ja.
    Wenn du willst, machen wir eine Pause.
    Nein.
     
    Später, nach Mitternacht, halten sie an einem Rastplatz. Der Mann versucht zu dösen, ein Stündchen wenigstens; er hat sich ein zusammengerolltes Sweatshirt hinter den Kopf geschoben. Der Junge hat während der Fahrt eine Stunde geschlafen und sitzt jetzt mit der Taschenlampe da.
    Wasserfall mit sieben Buchstaben, sagt der Junge. Zweiter Buchstabe A.
    Der Mann überlegt, benebelt.
    Weißt du’s denn?, fragt er. Oder ist das ein Test?
    Der Junge grinst ihn an. Doch, ich weiß es. Und du?
    Nein. Du solltest versuchen zu schlafen.
    Ich bin aber völlig wach.
    Aber mit der Zeit wird der Junge doch schläfrig; nach einer halben Stunde knipst er die Taschenlampe aus. Er rollt sich zusammen, den Kopf an die Tür gelehnt. Eine Minute später langt er unter den Sitz, raschelt herum und breitet sich dann seine Jacke über Brust und Oberarme.
    Kalt?, fragt der Mann.
    Hmmh.
    Du kannst dich an mich lehnen, wenn du magst.
    Der Junge hat nicht mehr an ihn gekuschelt geschlafen, seit er ganz klein war. Der Mann versucht, die Augen halb geschlossen zu halten, nonchalant zu tun – hat er sich verraten? Durchklingen lassen, wie sehr er sich wünscht, dass der Junge ja sagt? Aber der Junge schüttelt nur den Kopf.
    Geht schon.
    Okay, sagt der Mann.
    Weißt du’s inzwischen?, fragt der Junge.
    Was?
    Kaskade, sagt der Junge beinahe grausam. Es heißt Kaskade.

II.
     
    Der Junge hat sich auf dem weichen Motelbett zusammengerollt und beobachtet den Mann aus Schlitzaugen beim Schlafen. Eine ganze Weile liegt er still, lauscht dem Klappern der Klimaanlage und wartet, dass die Atemzüge des Mannes tief genug werden. Als es ihm sicher erscheint, setzt er sich im Bett auf, voller Angst, dass es knarzen könnte, dabei kann er natürlich immer sagen, er will nur aufs Klo gehen. Aber der Mann schnarcht weiter. Die Haare des Mannes sind feucht; er schwitzt im Schlaf; die Klimaanlage funktioniert nicht besonders gut. Heißes Sonnenlicht gleißt durch die Stäbe der Jalousie.
    Der Mann hat gesagt, sie würden möglichst in einem Rutsch fahren, aber mittags war er dann doch zu müde; sie wollen sich ein Zimmer nehmen, hat er gesagt, und versuchen zu schlafen. Aber der Junge hat schon vorher geschlafen, er ist jetzt nicht müde. Sein Leben lang hat er immer nur in kurzen Etappen schlafen können. Daheim ist seine Mutter es schon gewohnt, dass er nachts ins Wohnzimmer schleicht und fernsieht. Aber der Mann hat ihn den Fernseher ausschalten lassen, bevor sie sich hingelegt haben.
    Der Junge schiebt die Füße über den Bettrand, verlagert sein Gewicht auf den Arm, den er auf den Nachttisch gestützt hat, und stellt sich hin. Der Mann hat die Frau von der Rezeption um einen Weckruf um fünf gebeten; jetzt ist es erst zwei. Drei Stunden hier drin, nur mit dem Geschnarche zur Unterhaltung, das ist eine Ewigkeit.
    Der Junge hockt sich auf den Boden und bindet sich die Schuhe zu. Wenn er jetzt gefragt wird, sagt er einfach, er wollte runter in den Aufenthaltsraum, fernsehen. Der Mann wird es ihm verbieten, aber es klingt plausibel, und er muss sich deshalb nicht schlecht fühlen. Der Mann hat sich große Mühe gegeben, den Jungen bei Laune zu halten, das weiß der Junge, und auch wenn die Sache ihm komisch vorkommt, auch wenn er zwischendurch das Gefühl hat, der Mann lügt, weiß er doch auch, dass der Mann nicht will, dass er traurig ist.
    Als die Schuhe gebunden sind, schleicht der Junge zur Tür. Der Teppichboden ist dick und dämpft seine Schritte. Der Mann hat einen Stuhl vor die Tür

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