Bis an das Ende der Nacht (German Edition)
Sie war bei Bewusstsein, sah Dana; ihr Mund öffnete und schloss sich, keuchend fast. Die Augen der Frau – das Weiße darin bestürzend hell gegen die aufgeschwollenen Wangen – rollten hin und her.
Komm, sagte Bryan.
Er konnte den rechten Arm nicht gebrauchen. Danas eigener Arm schmerzte, aber sie schob die Hände unter den einen Arm der Frau, und Bryan fasste sie mit seiner heilen Hand unter dem anderen, und so hievten sie sie den Abhang hoch, weg von dem brennenden Auto, dem lodernden, stinkenden wei ßen Feuer der brennenden Reifen, dem Geruch des Mannes, der dort drinnen verbrannte – ihr Ehemann. Das erfuhren sie später. Ihr Ehemann. Sie waren Einheimische. Er hatte getrunken und war zu schnell gefahren.
Er war schon tot, als das Feuer ausbrach, sagte Bryan in dieser Nacht im Krankenhaus zu Dana, in der kurzen Wachphase, ehe die Schmerzmittel ihn mit sich forttrugen, ins Vergessen. Reglos lag er da, den Arm bis zur Schulter bandagiert.
Bryan flüsterte: Sein Genick war gebrochen. Ich hab nachgefühlt.
Als ob sie Sorge hätte, er könnte nicht genug Menschen gerettet haben, als wäre sie böse auf ihn, weil er versagt hatte. Dana war heilfroh, dass der Mann tot gewesen war. Hätte er gelebt, dann wäre Bryan noch einmal zurückgegangen, um ihn zu holen, und sie wären jetzt beide tot. Das wusste sie sicher.
Wie geht es ihr?, wollte Bryan wissen. Seine Lippen waren geschwollen, aufgeplatzt.
Sie ist auf der Intensivstation. Sie wissen noch nicht, ob sie überlebt.
Aber die Frau hatte überlebt. Ihr Rückgrat war gebrochen, und sie hatte entsetzliche Narben davongetragen, aber überlebt hatte sie und wohnte jetzt bei ihrer Schwester in Colorado Springs. Sie und Bryan schickten sich Weihnachtskarten.
Bryan hatte genickt und dann die Augen geschlossen.
Im Rückblick war sich Dana nicht sicher, wann es geschehen war – welcher Moment es tatsächlich war, der alles verändert hatte. Vor dem Unfall war sie so gut wie entschlossen gewesen, sich von Bryan zu trennen. Aber als sie nun an seinem Krankenhausbett saß, hatte sie das Gefühl, lieber sterben zu wollen, als ihn noch einmal aus den Augen zu verlieren. Sie empfand … Frieden: die gleiche Art Frieden, die über sie kam, wenn sie miteinander geschlafen hatten und sie an seinen langen, mageren Körper geschmiegt lag. Aber sie hätte nicht sagen können, was genau diesen Wandel herbeigeführt hatte. Bryan hatte eine wunderbare, tapfere Tat vollbracht – sie vollbracht ohne einen Augenblick des Zauderns. Und als er in das Auto gekrochen war, da hatte Dana sich selbst verloren – da hatte ein Teil von ihr sich aus ihr gelöst wie ein Boot aus seiner Vertäuung und war erst zu ihr zurückgetrieben, als Bryan lebend wieder herauskam.
Dana beugte sich vor. Alles in ihr schien sie zu ihm hinabzuziehen. Sie flüsterte Bryan zu: Ich liebe dich.
Und ihm das zu sagen fühlte sich gut an. Wahr.
Bryan lächelte zu ihr hoch, obwohl es seinem Mund sichtlich weh tat. Seine heile Hand streifte ihre. Dann siegten die Mittel endgültig, und er dämmerte weg.
Jetzt, im Auto, döste auch Dana. Sie träumte, wie so oft, von dem Unfall. Manchmal waren es Alpträume – dann war sie die Frau, die im Wagen eingeklemmt war und hinausschrie, während Bryan draußen im Schnee auf und ab ging, abwägend. Aber manchmal verspürte sie auch überhaupt keine Furcht. Heute träumte sie, dass sie gar nicht erst aus dem Cherokee ausstieg, dass sie die ganze Szene von drinnen auf einem Fernsehschirm beobachtete, im vollen Wissen darum, wie es ausgehen würde.
Schatz, sagte Bryan und schüttelte sie. Wir sind da.
Sie war schon fast im Haus, als ihr wieder einfiel, dass sie Jimmy geküsst hatte.
Bryan brachte sie bis ins Schlafzimmer, den Arm um ihre Mitte gelegt, als könnte sie sonst umkippen. Er schlug die Decke zurück, und sie streckte sich auf den kühlen Laken aus. Als sie die Knie anwinkeln wollte, hinunterlangen zu ihrer Ferse, hielt er sie mit der Hand ab. Sie schloss die Augen: Bryan würde sie ausziehen. Ihr Puls beschleunigte sich. Wenn er jetzt mit ihr schlief, wäre die Erinnerung an Jimmy ausgelöscht. Sie würde das vertraute Reiben von Bryans Bauch spüren, Bryans Hüftknochen – wie hatte sie das vergessen können?
Bryan streifte ihr den einen Schuh von den Füßen, dann den anderen. Er schob die Hand unter ihr Kleid, um den Bund ihrer Strumpfhose zu fassen zu bekommen. Sie ließ ihn ihre Hüften anheben. Seine Finger fuhren unter den Bund, über ihre
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