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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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er die Worte hörte … wenn Mel ihm jetzt auch nur auf die Schulter tippte, wäre es geschehen um ihn, dann würde er sich die ganze Nacht an sie klammern und in ihr Haar flennen.
    Er sagte: Ich brauch einfach Zeit zum Nachdenken.
    Ihrer Stimme war nichts zu entnehmen. Ist gut.
    Kann ich trotzdem dableiben?
    Du Arschloch. Ja, ich will, dass du bleibst.
    Eine lange Zeit lagen sie stumm da. Mel drehte sich von ihm weg. Brad beobachtete den oberen Rand ihres Ohrs.
    Schließlich sagte sie: Wir können drüber nachdenken, und wir können drüber reden, und ich lass dich auch eine Weile in Ruhe, wenn dir das lieber ist. Aber wenn du in meinem Bett bleiben willst, dann muss ich dir leider sagen, dass die Zeit läuft.
    Mel -
    Du weißt, dass ich Recht habe. Ich hab es satt, hinter den falschen Leuten herzurennen.
    Worauf sie sich zu ihm umwandte, rasch, und ihn auf die Stirn küsste. Gute Nacht, sagte sie.
    Aber irgendwann frühmorgens, während Mel schlief, immer noch mit dem Rücken zu ihm, sah Brad es vor sich:
    Eine kleine Wohnung, irgendwo oben am Lincoln Park, ein paar Stockwerke über der Straße. Die Balkontür stand offen – es war Sommer. Unten auf der Straße sah er Studenten kommen und gehen, Taschen über der Schulter. Mel arbeitete, und er saß vor einem Ventilator und hörte über Kopfhörer Platten oder dudelte mit einem Keyboard herum. Ihr Bett war in der Ecke aufgestellt, direkt unter einem Fenster. Er wusste, dass das Gestell knarzte – aber er wusste auch, dass sie sich keine Mühe geben mussten, leise zu sein, hier nicht. Sie hatten einen Aschenbecher am Fenster stehen, so dass sie im Dunkeln dasitzen konnten und rauchen und auf die Straßen hinabschauen. Wenn sie schliefen, wehte ein leichter Luftzug über sie hin, Verkehrsgeräusche. Und wenn es Zeit war, Mel aufzuwecken, küsste er die weiche Stelle an ihrem Hals, die vibrierte, wenn sie stöhnte oder lachte.
    Er schloss die Augen und wünschte sich, vielleicht zum erstenmal seit seiner Kindheit, dass schon alles anders wäre, wenn die Sonne aufging – dass das Zimmer, in dem sie erwachten, schon verwandelt war.
    Mel war das Beste, was ihm in seinem ganzen Leben passiert war. Was gebärdete er sich also, als wäre das alles eine Mords-Tragödie?
    Es war verdammt noch mal Zeit, dass er erwachsen wurde.
    Mel, sagte er. Mel!
    Sie drehte sich zu ihm um. Ihre Augen waren noch kaum offen, aber sie lächelte, und er begriff: Sie wusste schon, was er ihr sagen wollte. Als hätte sie die ganze Nacht bloß darauf gewartet, dass der Groschen fiel, dass auch Brad sah, was sie längst gesehen hatte.
    Also, sagte er und beschrieb es ihr einfach trotzdem.

VII.
     
    Die dritte Nacht will nicht enden.
    Brad zündet eine der Kerzen an, die er zwischen den Stäben des Grillrosts festgeklemmt hat. Er und Mel ziehen die Steppdecke vom Tisch und breiten sie sich über die Köpfe, die Flamme zwischen ihnen. Brad reibt und reibt Mels Füße, aber sie sagt, sie spürt sie nicht mehr.
    Das ist alles, was sie zu ihm sagt, alles, wonach er sie noch fragen mag.
    Er lässt die Kerze brennen, bis sich die Luft zwischen ihnen erwärmt hat. Dann drückt er sie aus und rückt dicht an Mel heran und rubbelt alles, was er von ihr zu fassen bekommt, bis die Kälte unerträglich wird und er die Kerze wieder anzündet. Sie brennt langsam, aber sie wird trotzdem sichtbar kürzer.
    Sie können nur noch eines versuchen, das weiß er. Er hat sich das Hirn zermartert, wie er es Mel sagen soll, wie er es ihr beibringen soll, ohne dass sie in Panik gerät, aber vergebens. Ihm bleibt keine Wahl.
    Mel.
    Ihr Ja? ist das erste Wort seit Stunden, das über ihre Lippen kommt.
    Hör zu, sagt er. Wenn es hell wird, gehe ich Hilfe holen.
    Er kann hören, wie ihr Atem stockt. Ihre Füße zucken kaum merklich in seinen Händen.
    Nein, sagt sie.
    Wir haben keine andere Wahl.
    Du darfst nicht gehen.
    Ich muss gehen. Ich hätte schon gestern gehen sollen. Noch einen Tag stehen wir nicht durch.
    Ich komme mit, sagt sie.
    Ihm ist zum Weinen. Mel, sagt er, das schaffst du doch nicht.
    Sie schauen beide auf Mels Füße in seinem Schoß.
    Du könntest mich tragen, sagt sie. Huckepack.
    Er hat es erwogen. Er sagt: Ich würd’s ja machen. Aber es ist zu weit. So stark bin ich nicht. Und hier hast du’s wärmer, mit den Kerzen.
    Brad, flüstert sie. Bitte. Lass mich nicht allein.
    Es ist doch nur für ein paar Stunden. Allerhöchstens ein Tag.
    Das ist zu lang. Sie drängt sich an ihn. Bitte. Ich möchte lieber

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