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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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ganz von sich aus, mir das einzige Einzelzimmer zu überlassen, was mich echt erstaunte. Das Schlafen in der G e meinschaftsunterkunft fiel bestimmt nicht nur mir schwer. Dann gab es den Pi l gerempfang mit Wein und Brotzeit, eine schöne Stadtbesichtigung, ein üppiges Abendmahl mit vier Gängen und noch mehr Wein, und nun hieß es, zum Jah r markt zu gehen. Es war freilich nicht ganz sicher, ob es sich für ernsthafte Pilger auch so gehörte. Also wurde als Alibi der Spruch ausgegeben, man müsse doch die armen Schausteller für ihre große Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ein wenig verdienen lassen. Mit anderen Worten, es war ein guter Tag, und man wollte noch mehr davon haben. Die meisten waren ja noch junge Hüpfer, die mit einer Tageswanderung nicht müde zu machen waren und stets noch etwas Dampf ablassen konnten. Aber auch für die älteren wie Jean Luc lief heute alles gut. So zogen wir nach dem Dunkelwerden lustig aus dem Hause und stürzten uns ins Vergnügen.
    Das es vielleicht keine so gute Idee war, kam mir erst, als auf dem blinkenden, heulenden, sich wie wahnsinnig um alle möglichen Achsen drehenden Karussell mein Magen zu klagen begann. Es war nicht etwa die erste Fahrt, und er meinte, er hätte sich geduldet, um nicht als Spaßverderber zu gelten, aber nun sei es g e nug. Man könne ihm nicht alle nur denkbaren Speisen vorsetzen, sie literweise mit Wein tränken und ihn dann nicht in Ruhe die Aufräumarbeit machen lassen. Wenigstens etwas mäßigen sollte ich mich. Es folgten einige wuchtige Konvu l sionen zur Warnung. Der ganze Organismus empörte sich sogleich mit. Er kö n ne auf keinen Fall auf die Ration verzichten, ich würde ihn sowieso nicht le i stungsgerecht behandeln. Sollte der Magen nicht die versprochenen Kalorien li e fern und statt dessen in seiner bekannt unverantwortlichen Art alles einfach auf die Straße kippen, sähe es düster aus. So könne man nicht mit dem eigenen Kö r per wirtschaften. Nicht, wenn man ankommen möchte. Was so wie fraglich sei. Mindestens vier Kilo besten goldenen Fettes habe er bereits verloren. Der Kopf versuchte es aber mit Vernunft, drohte mit Weh und Schlaflosigkeit und malte vor, wie ich mich dann am nächsten Morgen wohl fühlen möge. Ich solle es mit dem Wein nicht übertreiben. Und die Frauen, ja das wisse aber jeder, die Frauen seien des Mannes Untergang. Zumal in meinem Alter.
    Alles klar! Ich versprach sofort, mich nur noch auf das Zuschauen zu beschrä n ken, und blieb dann auch eine Weile dabei. Doch dann winkte Angélique, ganz Milch und Honig, gar zu verführerisch aus einem der Elektroautos, deren Zweck darin bestand, andere solche Fahrzeuge absichtlich und möglichst heftig zu rammen. Sie schien sich mit dem Gerät bestens auszukennen und fegte seit einer ganzen Weile alle vom Platz. Ihr Maulesel Charlot hätte es mit den Hinterbeinen nicht besser tun können. Gerade lugte er neugierig aus dem Gebüsch und war bestimmt ganz stolz auf sie. Nun schien sie, meine physische Präsenz dringend zu benötigen. Philippe, der sich nicht nur an diesem Abend, aber heute beso n ders, jede Mühe um sie gab, konnte nicht mehr. Wie ein geschlagener Boxer hing er fix und fertig in den Seilen. Nie und nimmer hätte er mir seinen Platz an der Seite von Angélique überlassen, das sah man ihm direkt an, aber nun war er geschlagen. Und auch die anderen winkten mir heftig zu, das fesche Mädchen jetzt nicht alleine zu lassen. Und da vergaß ich meine guten Vorsätze und stieg ein und überließ, oh du Schreck, einer Frau das Steuer. In den darauffolgenden Minuten, die mir irgendwie länger vorkamen, hatte ich nun eine Menge heftigen Körperkontakt mit Angélique und dem angrenzenden Wageninneren. Zumindest wußte ich jetzt, warum das Gerät unter dem Jungvolk so populär ist. Da kann man sich in allem Anstand auf gleicher Augenhöhe, ach Quatsch, da muß man sich einfach näherkommen. Ich nehme an, als es noch keinen Strom gab, da ließ man sich wohl zum selben Zweck in einem Faß den Bergabhang hinunterrollen.
    Wer weiß, wie es am Ende noch ausgegangen wäre. Angélique war gut gebaut und machte den Eindruck, sie könnte dieses Spiel noch weiter spielen. Mit der Kraft und Unbekümmertheit der Jugend und einer echt keltischen Zähigkeit. Sie war ja aus der Bretagne. Und ich war der einzige noch übriggebliebene Kand i dat. Doch als ich am Ende völlig desorientiert aus dem Wagen taumelte, lag meine schöne Jakobsmuschel, die ich von Anfang an um den Hals

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