Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Mercedes und so fort. Und seine Zuhörer lausc h ten aufmerksam, weil sie Tüchtigkeit schätzten und ähnlich dachten. Ich hätte gerne mehr über die Motivation dieser Leute, den Camino zu gehen, erfahren, hielt mich jedoch in allem zurück. Es reichte, daß ich den Pöbel gegen mich ha t te, ich mußte nicht auch noch die Geldsäcke reizen. Ich verbiß mir sogar den Kommentar zu dem recht blamablen Abendessen. Niemand klagte, man stand darüber. Wir schieden am nächsten Morgen in Frieden und sahen uns nie wi e der.
Cacabelos , km 2755
Unterwegs auf dem Camino passiert man nicht alle Tage eine Stadt, die solche Bezeichnung verdienen würde. Insofern war Ponferrada , das Wirtschafts- und Verwaltungszentrum des Bierzo , so etwas wie ein Ereignis, dem man mit Spa n nung entgegensieht. Die Hauptattraktion ist eine phantastische Templerburg aus dem 12./13. Jahrhundert, welche einst die Brücke über dem Fluß Sil bewachen sollte. Die reichen, mächtigen Templer wurden ja bekanntlich im Jahre 1307 auf Betreiben des französischen Königs Philipp IV. und des Papstes Clemens V. g e plündert und vernichtet, was heutzutage dementsprechend literarisch ausg e schmückt wird. Was wiederum viele Touristen in die Stadt bringt. Es gibt hier noch so einiges Historisches aus dem 11. und 17. Jahrhundert, doch darüber hi n aus ist der Ort recht weit industrialisiert, modernisiert und dementsprechend f a de. Ich hielt mich hier nicht auf, nur Kirchen besuchte ich im Vorbeigehen, wenn sie offen waren, und kaufte ein paar Kleinigkeiten ein. Zügig passierte ich so die Stadt und trat wieder ins Freie. Es ging auf kleinen Asphaltstraßen durch ländliche Vororte im Grünen, ein blauer Himmel mit weißen Wolken hing da r über. Es war angenehm warm, und die Felder und Gärten rundherum waren voll reifer Früchte. Etliche Pilger waren unterwegs, und ich schloß mich drei Mä d chen aus Tasmanien an. Die Insel am Südende von Australien, ist die Heimat des tasmanischen Teufels, und wir hatten eine recht lustige Zeit, als die Mä d chen erzählten, wie sie überall mit den Tassie devils aufgezogen werden. Schließlich waren die aufmüpfigen Viecher durch eine lustige australische Ze i chentrickfilmserie ziemlich überall bekannt. Als Gegenleistung brachte ich das schamvolle Verhalten der spanischen Hunde ein, was zunächst als Jägerlatein abgetan wurde. Ein Crocodile-Dandy auf Spanisch ? Nein. Gleich der erste K ö ter, den wir sahen, verzichtete aufs Bellen, Knurren und Fellsträuben und lief davon. An den nächsten pirschten wir uns heran, um ihn zu überraschen. Des Auswegs beraubt, stellte er sich mit der Schnauze zur Mauer und tat so, als ob er uns nicht sehen würde. Ließ sich dabei sogar mit dem Pilgerstab kitzeln. Schließlich, als wir in einem Hof Rast machten, kam einer am Gehsteig vorbe i gelaufen. Er lief an der ersten Lücke der verfallenen Mauer vorbei, sah zu uns rüber, lief weiter – und kam nicht mehr an der nächsten Mauerlücke an. Wo blieb er denn? Die Mädchen gingen nachsehen und fanden ihn hinter der Mauer wartend. Er wartete und wartete, bis wir weitergingen. Blöder Hund, wir hätten ihn bestimmt nicht gegessen. Wir zogen Vegetarisches vor und befreiten die a n liegenden Grundstücke vom überflüssigen Obst und Gemüse. Schließlich ist die erste Pflicht des Pilgers, immer und überall soviel Nahrung wie möglich aufz u nehmen, um den Weg endlos fortsetzen zu können. Wie die Heuschrecke. Kluge Einheimische pflanzen deshalb ihre Gärten etwas abseits des Camino. Ich gab da stets mein Bestes, vertilgte alles, was mir unterwegs in die Finger geriet, und verlor bis dahin trotzdem etwa vier Kilo Körperfett. Vielleicht half das geklaute Grünzeug auch gegen meinen Mineralienmangel. Doch hatte ich ihn inzwischen mit Hilfe der Nahrungsergänzung für Profisportler soweit im Griff, daß die Krämpfe nicht schlimmer wurden. Zumindest mußte ich nicht jedes Mal das E ß besteck mit Hilfe der anderen Hand aus den steifen Fingern hebeln. Das hinte r ließ vor allem bei den Piefkes einen unvorteilhaften Eindruck, weil sie sich vor ansteckenden Krankheiten fürchten.
So gelangten wir relativ spät am Nachmittag nach Cacabelos zu einer originellen Herberge. Es war eine Art Zigeunerlager, bestehend aus kleinen Holzbuden rund um den Kirchhof. Sie sahen recht malerisch aus, doch gab es innen keinerlei Einrichtung außer eines winzigen Regals und zwei niedriger Brettgestelle. Der Abstand dazwischen betrug nicht viel. Man
Weitere Kostenlose Bücher