Bis ans Ende der Welt - Oskar und Mathilda ; 2
Vater. »Präzise ausgedrückt: ein Navigationsgerät.«
»Und wohin führt es uns?«, fragte Mathilda.
»Das wirst du schon sehen«, gab ihr Vater zur Antwort. Er stellte den Hebel der automatischen Gangschaltung auf D, setzte den Blinker und fuhr zügig auf die Straße zurück.
»Stimmt«, sagte Mathilda. »Ich sehe es.« Sie hatte sich nach vorne gebeugt und entzifferte mit zusammengekniffenen Augen die Angaben auf dem Monitor. »Ovada. Noch sechshundertdreiundvierzig Kilometer. Voraussichtliche Ankunft fünfzehn Uhr sieben. – Das hält Oskars Blase garantiert nicht durch. Und meine auch nicht.«
»Du hättest es überkleben sollen«, sagte Barbara von Dommel zu ihrem Mann. »Jetzt wissen sie Bescheid.«
Mathilda zog die Kartensammlung aus dem Netz, das an der Rückenlehne des Fahrersitzes angebracht war, und suchte Italien heraus.
»Ovada liegt ja nicht mal direkt am Meer«, stieß sie enttäuscht hervor. »Was wollen wir denn da?«
»Uns verstecken«, sagte ihre Mutter.
»Vor wem?«, fragte Mathilda.
»Gib auf«, meinte Oskar. »Das verraten sie uns sowieso nicht.«
Barbara von Dommel nickte ihm lächelnd zu. »Du bist wirklich ein außerordentlich kluger Junge.«
»Außerdem lockt uns dieses Biest doch sowieso in eine Falle«, sagte Mathilda und seufzte theatralisch.
»Das werden wir ja sehen«, knurrte ihre Mutter. Sie griff nach hinten und riss ihrer Tochter die Italien-Karte aus der Hand. »Ich gleiche das, was die Dame uns empfiehlt, mit der Straßenkarte ab. Wo sind wir denn eigentlich?«, fragte sie und sah angestrengt durch die Frontscheibe hinaus.
»Weiß ich nicht genau«, brummte Herr von Dommel. »Wir halten an der nächsten Raststätte.«
»Und dann?«, wollte seine Frau wissen.
»Dann tanken wir.«
»Ist das nicht viel zu riskant?«
Mathildas Vater wiegte abschätzend seinen Kopf. »Riskant hin oder her«, erwiderte er. »Der Sprit reicht höchstens noch für fünfzig Kilometer.«
Oskar und Mathilda sahen sich an. Irgendwie musste doch aus den beiden Erwachsenen herauszubekommen sein, vor wem oder was sie eine solche Angst hatten.
»Wer garantiert uns eigentlich, dass wir in Ovada sicher sind?«, fragte Mathilda.
»Niemand«, sagte ihr Vater.
»Es ist eher so ein Gefühl«, erklärte ihre Mutter. »Aber vielleicht könnten wir uns ja auch im Umkreis der nächsten fünfzig Kilometer nach etwas Nettem umschauen.«
»Oder wir fahren in die Schweiz«, schlug Mathilda vor.
»Bis dorthin reicht die Tankfüllung bestimmt nicht«, orakelte Barbara von Dommel.
»In eintausendunddreihundert Metern bitte links halten«, sagte die Dame im Bordcomputer jetzt. »Dann links abbiegen. A fünf.«
»Das machen wir auf gar keinen Fall«, sagte Mathildas Mutter und ließ ihren Finger über die Karte gleiten. »Hier gibt es überhaupt keine A fünf«, stellte sie fest.
Mathilda stöhnte. »Wir sind ja auch noch in Deutschland.«
»Ja und?« Barbara von Dommels Stimme hatte einen leicht hysterischen Unterton angenommen.
»Du hast Italien auf dem Schoß«, sagte Mathilda.
Ihre Mutter stutzte. Noch einmal warf sie einen prüfenden Blick auf die Karte, fuhr mit dem Finger darüber und nickte. »Herrgott noch mal, Ronald, das Kind hat recht!«
»Tja«, murmelte Mathilda in sich hinein. »Das Kind ist klüger, als du dachtest, was?« Breit grinsend näherte sie sich Oskars Gesicht. »Das Kind ist sogar noch viiieeel klüger«, raunte sie ihm zu.
Oskar sah sie stirnrunzelnd an.
»Wart’s nur ab«, wisperte Mathilda.
»Ich fahre jetzt auf die Autobahn«, verkündete ihr Vater. »Dort kommt bestimmt bald eine Raststätte.«
»Aber das wissen die Ent…«, platzte Barbara von Dommel heraus und schlug sich entsetzt die Hände vor den Mund.
»Keine Sorge«, beschwichtigte Mathildas Vater seine Frau. »Sie wissen ja nicht mal, dass wir nicht mehr im Veilchenweg sind.«
Mathilda schnaubte. Wenn sie nicht bald herausbekam, wer die Ent Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen waren, wurde sie noch radekastendoll.
Nachdem Ronald von Dommel auf die A5 abgebogen war, hüllte die Dame im Bordcomputer sich in Schweigen. Dafür leuchtete nach dreißig Kilometern eine kleine rote Lampe im Armaturenbrett auf.
»Wenn nicht bald eine Raststätte kommt …«, orakelte Mathildas Vater.
»Haben Sie denn keinen Reservekanister?«, fragte Oskar.
Er wusste nicht viel über Autos, zumal seine Eltern bisher ohne eins ausgekommen waren, aber von der Sache mit dem Reservekanister hatte er schon mal gehört.
»Doch,
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