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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Riehl
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Miriam, die mit leicht vorwurfsvollem Blick fragte, ob der Gottesdienst so lange gedauert habe.
    »Mhm«, antwortete Hilda, »war ganz nett, oder?« Sie sah Ralf an.
    »Wo ist Helge?«
    »Der hat sich im Sun Hing so voll gefressen, dass er jetzt einen Nachmittagsschlaf braucht. Wenn er aufwacht, können wir zum Strand gehen.«
    »Lasst mich nur machen«, sagte Hilda und ging Helge wecken. Miriam grinste Ralf an.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Ich dachte mir, du hast nichts dagegen, wenn ich dir einen Job organisiere. Rat mal, was es ist.«
    »Hm. Kloputzen?«

    Während die anderen an den Strand gingen, putzte Ralf Toiletten. Nun, dafür musste er nicht mehr auf der Liege in der Küche übernachten. Er würde in einem Bett schlafen, so lange er wollte - ohne schwedischen Weckdienst. Und das Beste: Hilda würde ihn nicht besuchen. Ralf verstand nicht so richtig, warum - es ging Miriam ja eigentlich nichts an -, aber er würde sterben, wenn sie was von der Sache mit Hilda mitbekäme.
    Als er fertig war und seine Sachen für den Strand packte, fiel ihm das Tränengasspray ein. Er könnte sich das Ding kurz mal näher ansehen - wenn sie es nicht mitgenommen hatte.
    Sie hatte nicht: Das Spray lag oben in ihrem Rucksack. Kurz entschlossen griff sich Ralf das Fläschchen und ging damit aufs Klo. Dort roch es ohnehin nach Chemie - mit Reiniger hatte er nicht gespart -, das würde keiner merken. Jetzt sollte sich herausstellen, ob das Zeug tatsächlich so furchtbar war. Er ging ans Fenster, streckte den Arm aus, legte den Finger auf den Auslöser und drückte vorsichtig drauf - ein bisschen musste genügen, Hilda sollte ja nicht merken, dass jemand...
    Nichts passierte.
    Logisch eigentlich: Fest musste man draufdrücken, sonst war bei so Zeug die Gefahr viel zu groß, dass es versehentlich die Handtasche ruinierte. Ralf zielte auf die Innenseite seines Handgelenks, wie er es bei seiner Mutter in der Parfümabteilung im Kaufhaus gesehen hatte, drückte heftig auf den Knopf und atmete gleichzeitig ein, um - bevor sich das Mittel verflüchtigte - genau mitzukriegen, wie es wirkte.

    »Hier könnten wir über Nacht bleiben. Es gibt einen Strand.« Pam blätterte im Reiseführer.
    »Was noch?«, wollte Kristine wissen.
    »Eine Koala-Krankenstation.«
    »Hm. Whale Watching?«
    »Steht nichts da.«
    »Dann lass uns die Nacht im Bus bleiben. Morgen früh sind wir in Surfers Paradise. Da ist das Wasser wärmer und wir haben eine Übernachtung gespart.«
    Kristine wollte schnell Richtung Tropen: Palmen am Strand, Korallen unter Wasser, Cocktails im Glas. Was sollte es denn hier zu sehen geben, in diesem, wie hieß es doch gleich, Port Macquarie?

    Im verzweifelten Bemühen, das Feuer aus seinen Augen zu waschen, hielt Ralf sein Gesicht unter den Wasserhahn. Ebenso wenig gelang es, das Brennen in Hals, Nase und Lunge zu lindern. Schließlich stellte er sich unter die Dusche, der Erfolg war mäßig: Was er durch den Grauschleier im Spiegel erkennen konnte, waren rot leuchtende Christbaumkugeln anstelle seiner Augen, der Mund sah aus, als ob ein Kleinkind rote Grütze gegessen hätte, und die auf Rübengröße geschwollene Nase hätte jedem Clown Ehre gemacht.
    Was jetzt? Wie sollte er erklären, dass man so dämlich sein konnte, sich selbst mit Tränengas zu besprühen!
    Er brauchte eine Ausrede und zwar eine gute: Ein Unfall? Er hatte, hm, zufällig das Spray in die Hand bekommen, und dabei lösten sich, hm, ganz von allein ein paar Tropfen, die er, hm, versehentlich in die Augen bekam? Konnte man vergessen. Eine Schlägerei? Ein paar kräftige Schweden, denen das Klo nicht sauber genug geputzt war, hatten ihm die Visage poliert? Leider waren seine Augen rot, nicht blau, und die Geschichte hörte sich verdächtig nach Hildas Matrosenstory an. Pollenallergie? Australische Killerpollen, plötzlich in Port Macquarie eingefallen, die Turbo-Heuschnupfen auslösten? Auch Quatsch, aber noch das Beste. Wenn er gegen den Kloreiniger allergisch wäre, würde das erklären, warum die Symptome so plötzlich kamen und warum sie, hoffentlich, morgen wieder abgeklungen waren. Das war’s: Er hatte tierisch geschrubbt und sich den Schweiß von der Stirn gewischt. Dabei hatte er das Reinigungsmittel an den Handschuhen vergessen - so war es in die Augen gekommen. Perfekt!
    Ralf machte sich einen Tee, um die Schleimhäute zu beruhigen, packte Badekram ein, setzte eine Sonnenbrille auf und ging an den Strand.

    »Was hast du denn gemacht? Bist du gegen die

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