Bis ans Ende der Welt
gestimmt.«
»Hä? Was hat das mit dem Fernrohr zu tun?«
»Vergiss es.«
Miriam und ihr Biologiestudium, dachte Ralf. Gottesanbetermännchen! War ja ein bisschen weit hergeholt.
Das bunte zerknautschte Plastikgeheimnis entpuppte sich am Strand als aufblasbarer Weihnachtsmann, einen Meter hoch. Miriam fand ihn witzig, Ralf wusste nicht so recht.
»Wozu braucht man so ein Ding? Okay, wenn man die Luft rauslässt, nimmt er nicht viel Platz weg, aber welchen Sinn soll der haben?«
»Zum Spaß eben, der schaut drollig. Es muss nicht immer alles einen Sinn haben.«
Nicht? Irgendwie doch, hatte Ralf immer gedacht. Kam ihm sonst ein bisschen wie Betrug am Leben vor, das nach einem logischen Plan funktionieren sollte. Allerdings war das Schicksal manchmal nicht logisch, zum Beispiel als Sand in das Fernrohr gekommen war. Und doch - meistens hatte alles seinen Sinn. Vielleicht waren Fernrohr- und Tränengas-Desaster Warnungen des Schicksals vor - vor was eigentlich? Vor Sand und Tränengas vermutlich.
Miriam ließ den Weihnachtsmann auf ihn zugehen.
»Hohoho, zack, zack - Ralfi war böse und muss in den Sack.«
Der Weihnachtsmann hatte tatsächlich einen merkwürdigen Blick: Er schielte Ralf mit irrem Lächeln an, als ob er auf Drogen wäre. Einen Sack über der Schulter hatte die Figur auch, besser gesagt ein Säckchen.
»Da hab ich keine Angst«, antwortete Ralf, »der Sack ist ja viel zu klein für mich. Oder kommt...«, er nahm sich den Weihnachtsmann und ließ ihn den Himmel absuchen, »... hohoho, auf meinem Rentierschlitten noch Verstärkung angeritten?«
Miriam lachte. »Au ja, lass uns einen Rentierschlitten bauen.«
Als begnadeter Sandburgenarchitekt ließ sich Ralf nicht lange betteln. Sie bekamen Verstärkung von einer Familie, die zwei aufblasbare Tannenbäume dabeihatte. Im Ergebnis hatten sie einen Fünfpersonenschlitten, zwar sahen die Rentiere aus wie Dackel, aber Ralf erklärte, sie seien im Schnee eingesunken, deswegen könne man ihre Beine nicht sehen.
Als Pam und Kristine zurück waren, hatte Robby um Pams Handtuch ein Herz gegraben. Er lächelte sie schüchtern an und fragte, ob sie heute Abend noch einmal mit ihm ausginge. Pam wurde verlegen.
»Heute Abend wollte ich mit meiner Freundin etwas unternehmen.«
»Natürlich«, antwortete Robby und sah Kristine fragend an. »Kann ich mit?«
Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr blieb nichts übrig, als die Schultern zu zucken und zu sagen: »Ja, klar.«
Ralf und Miriam waren spät dran. Im Backpacker drängte sie: »Männer brauchen ewig. Mach endlich.«
Ralf schulterte den Rucksack - er kam ihm leicht vor. Offenbar eine Folge des Trainings.
»Hast du das Fernrohr eingepackt?«, fragte Miriam.
Oh, hatte er fast vergessen - deswegen war der Rucksack leichter. Hier irgendwo musste es noch liegen. Ralf hatte es auf sein Bett gelegt, daran konnte er sich erinnern. Aber da war es nicht mehr, nicht einmal die Zeitung lag noch da. Verschwunden, einfach weg. Wie war das möglich? Verdammt, geklaut, er hatte es geahnt. Kristine würde ihn vierteilen.
»Bestimmt hat es dieser Rothaarige mitgenommen.«
»Welcher Rothaarige? Meinst du, geklaut? Wer läuft denn mit einem gestohlenen Riesenfernrohr durch die Gegend?«
»Na der! Der hat es ganz komisch angesehen.«
Sie gingen zur Abendmanagerin, aber die wusste nichts von einem Fernrohr und kannte auch keinen Rothaarigen.
»Die Klimaanlage wurde repariert, da ging’s hier drunter und drüber. Tut mir Leid, ich habe nichts Verdächtiges bemerkt.« Die Abendmanagerin sah in ihrem Buch nach. »Sechs Leute haben heute Vormittag ausgecheckt, zwei waren Frauen, die fallen weg. Ob einer der anderen rote Haare hatte, müsst ihr den Manager der Frühschicht fragen. Kann sein, dass er sich daran erinnert.«
»Lass uns die Nacht noch hier bleiben«, schlug Miriam vor. »Wir fragen alle, ob sie was gesehen haben. Vielleicht taucht es wieder auf.«
Ralf nickte, glaubte aber nicht daran.
Mehrere Leute konnten sich an einen Rothaarigen erinnern, auch an die tropfende Lippe, aber niemand wusste was Genaues. Wertgegenstände wurden nicht vermisst. Ralf war so schlau wie zuvor.
Nachts im Bett kam er ins Grübeln. Ebenso wie die Sache mit dem Fernrohr hatte ihn die Sache mit dem Gutenachtkuss getroffen, er musste oft daran denken und hatte Sehnsucht, dieses Gefühl noch einmal zu spüren. Vielleicht konnte er Miriam mit dem Gedicht milder stimmen, nur, was dann? Es blieb dabei: Auf der Suche nach Kristine
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