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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Riehl
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auch das Dach. Noch ein Löffel Red Curry und mit der zweiten Hand als Stütze war der Balanceakt bis zum Tisch fast ein Kinderspiel. Ralf sah noch einmal zurück, die Verkäuferin lächelte wieder.
    Miriam empfing ihn mit einem Grinsen: »Das dürfte genügen.«

    Nach der Orgie rief Ralf seine Eltern an.
    »Ralfi! Schön, dass du anrufst.«
    »Mama...«
    »Alles in Ordnung?«
    »Na ja, schon...«
    »Wie geht’s Kristine?«
    »Gut.« Glaube ich, dachte Ralf.
    »Sag ihr einen schönen Gruß von mir.«
    »Mach ich, Mama.«
    »Und von deinem Vater auch.«
    »Klar.«
    »Wir würden sie gerne einmal kennen lernen.«
    »Äh, weiß ich.«
    »Habt ihr genug Geld?«
    »Äh, wir... ich bin ein bisschen knapp, Mama.«
    »Wie viel brauchst du?«
    »Könntest du vielleicht so zwei-, dreihundert auf mein Konto einzahlen?«
    »300? Na, das lässt sich machen. Hauptsache, ihr beide habt eine schöne Zeit, an die ihr euch später erinnern könnt.«
    »Es ist wirklich traumhaft hier, Mama.«
    Ralf verabschiedete sich und nahm ein letztes Mal beste Grüße an Kristine entgegen. Er spürte ein Brennen in der Kehle, von dem er nicht sicher war, ob es vom schlechten Gewissen kam oder vom Red Curry, das tatsächlich ein bisschen scharf gewesen war.

    »Und was machen wir jetzt?«, fragte er Miriam.
    »Wir gehen zum The Beach , das ist gleich um die Ecke. Vielleicht ist Kristine schon da.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann haben wir einen Tag frei und gehen morgen noch mal hin.«
    Ralf nickte. Natürlich - deswegen waren sie hier: um Kristine zu treffen.

    Kristine klapperte Townsville nach Attraktionen ab. Im Backpacker hatte sie für den nächsten Tag eine Tour zum Riff gebucht und erfahren, dass sich einige Tauchlehrer mit ihren Schülern abends in einer Pizzeria in der Flinders Street East trafen.
    Die Tauchschule war mit zwei Crewmitgliedern und vier Schülern vertreten. Kristine wurde sofort aufgenommen und mit Fragen bombardiert: Woher sie komme, ob sie schon mal getaucht sei, wie lange sie bleiben wolle. Als sie erzählte, sie sei Deutsche, lachte Alfred, der ältere der beiden Tauchlehrer. Er war Ende dreißig und, wie Kristine registrierte, ziemlich gut gebaut.
    »Mein Vater, er heißt auch Alfred, ist aus Deutschland eingewandert: Ich kann sogar noch einen Satz: ›Himmel, Arsch und Zwirn‹, obwohl man das nicht sagt, glaube ich, wenn Damen dabei sind?«
    Kristine lächelte. »Da gibt’s Schlimmeres. Wie hat es deinen Vater nach Australien verschlagen?«
    »Er hat nach dem Krieg mit einem Holländer Zigaretten nach Deutschland geschmuggelt. Als das kein Geschäft mehr war, gingen die beiden nach Indonesien. Nach der Unabhängigkeit haben sie sich getrennt - Alfred senior kam nach Australien, hat in Sydney geheiratet und ist später nach Brisbane gezogen. Er lebt immer noch da.«
    »Und du? Hast du mal in Sydney gewohnt?«
    »In Sydney? Nein, immer in Queensland. Ich bin erst zur See gefahren und jetzt Tauchlehrer. Damit ich öfter daheim sein kann. Meine Frau hat einen kleinen Supermarkt im Hinterland, wir haben erst vor einem Jahr geheiratet.«
    Er war also verheiratet. Einen Ehering hatte er nicht an - offenbar war beim Tauchen die Gefahr zu groß, den Ring zu verlieren. Eigentlich eine Tragödie, Alfred junior sah wirklich gut aus. Und er kam nicht aus Sydney.
    »Tja, ich muss gehen«, sagte er, »mich mal wieder zu Hause blicken lassen. Morgen geht es pünktlich los. Ich freue mich schon darauf, Kristine.«
    So wie er ihr beim letzten Satz in die Augen geschaut hatte, war Alfreds Ehering vielleicht doch keine Tragödie.

    Miriam und Ralf standen vor The Beach und lasen die Werbung. Jeden Tag war etwas los: Schaumparty, Sumoringen, Dirty Dance, Limbo, Miss-Wet-T-Shirt. Immer gab es Preise zu gewinnen, einen Trip zum Riff, einen Bungeesprung oder einen Ausflug in die nähere Umgebung. Heute war Rodeo auf dem elektrischen Bullen dran.
    »Los«, sagte Miriam, »Bullriding.«
    »Wenn du auch mitmachst.«
    »Okay.«
    Ralf erinnerte sich, dass Miriam so leicht vor nichts zurückschreckte. Also gut, er auch nicht. Er ließ sich nicht noch mal Mädchen nennen.
    Der Türsteher saß auf einem Barhocker und kassierte Eintritt. Als Miriam und Ralf drinnen waren, fiel ihnen auf, dass die Diskothek fast leer war.
    »Vor elf ist nicht viel los«, erklärte der Mann auf dem Hocker, »aber dann geht’s ab.«
    Es war gerade erst zehn. Miriam holte sich einen Cocktail und setzte sich mit Ralf an einen Tisch. Die Musik war laut, die Scheinwerfer

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