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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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»wir drehen noch eine Runde!« Und während alle anderen ausstiegen, warf er ihm einen Sixpence zu.
    Der Mann zog die Augenbrauen zusammen und betrachtete die beiden. »Tut mir leid, Mister.« Er schüttelte den Kopf. »Das war schon die letzte Fahrt für heute Abend. Wir schließen.«
    Pearl bemerkte, dass das Fun House ebenfalls nicht mehr offen war und viele Pärchen Arm in Arm dem Ausgang zustrebten.
    »Er war ein ganzes Jahr lang in Neuguinea stationiert«, schwindelte sie dem Aufseher vor. »Heute ist sein erster freier Tag auf Fronturlaub.«
    Der Mann seufzte auf und blickte unsicher herum.
    James wühlte in seiner Hosentasche. Zuerst zog er Pearls Strümpfe hervor, dann eine Pfundnote, die er dem Kerl in die Hand drückte.
    Dem Aufseher traten bei dem Anblick beinahe die Augen aus dem Kopf. Sein Blick wanderte kurz zwischen James und dem Geldschein in seiner Hand hin und her, daraufhin betätigte er den Kontrollhebel. Sekunden später glitten James und Pearl erneut in die gespenstische Finsternis. Und abermals drückten sie sich aneinander. Sein Mund auf ihrem fühlte sich warm und feucht an. Pearl überließ sich auch dem Gewimmer der Geister und Werwölfe. Sie war aufgewühlt, und die durch den Tunnel hallenden Schreie verstärkten ihre innere Unruhe. Umso enger schmiegte sie sich an James. Wäre es nach ihr gegangen, so hätte sie die ganze Nacht wie in einer Endlosschleife hier in dieser Geisterbahn verbringen können und sich mit Vergnügen den Erkundungen seiner Hände auf ihrem Körper überlassen und diese Art von Schaudern genossen, das sie wie Lichtblitze durchzuckte. Doch als der Zug diesmal in der scharfen Kurve die Richtung wechselte, gellte über den Schreien von Todesfeen eine Sirene durch die ganze Geisterbahn.
    James zuckte zusammen und sah sich um. Das durchdringende Geräusch wurde immer intensiver, bevor es kurz abbrach, als müsste die Sirene Atem holen, und wuchs dann erneut zu einem gellenden Crescendo. Gerippe und aufgerissene Werwolfsmäuler sprangen von den Wänden. Der Zug ratterte weiter auf seiner Bahn, während die Sirene wieder lauter wurde. Pearl hatte es dermaßen den Atem verschlagen, dass sie nicht einmal schreien konnte. Die Wägelchen fuhren krachend durch die Schwingtüren am Ende der Strecke ins Freie. Hier draußen sahen sie aber überall nur Leute, die kreischend umherliefen und Deckung suchten. Eigentlich sollte der Geisterbahnzug langsamer werden und anhalten, aber der Aufseher hatte seinen Posten bereits verlassen, sodass der Zug auf den Gleisen einfach weiterrollte und immer schneller wurde. Der Sirenenton schwoll immer wieder an und ebbte ganz kurz ab, und die Geisterbahn sauste erneut in den Tunnel des Schreckens, durch laut krachende Schwingtüren, vorbei an eingefallenen wachsfarbenen Grimassen, von denen das Blut heruntertropfte. Pearl spürte, wie James seine Arme immer fester um sie schloss. Die Gespenster und die Monster wirkten gar nicht mehr lustig, sondern diesmal wie eine ernsthafte Bedrohung.
    »Wir werden abspringen müssen!«, schrie James in das Getöse hinein.
    Er stand auf und zog Pearl mit sich hoch. Als der Zug zum dritten Mal durch die Klapptüren am Ausgang ratterte, schlang er seinen Arm fest um ihre Hüfte und rief: »Jetzt!« Bevor sie Zeit zum Nachdenken hatte, stießen sie sich ab und segelten durch die Luft. Sie fielen zu Boden, doch James fing den ärgsten Stoß mit seiner Schulter ab, und als sie sich von ihm herunterrollte, spürte sie nur geringe Schmerzen von harmlosen Schrammen an ihren Ellbogen und Knien.
    Sämtliche Lichter im Park waren bereits gelöscht, und praktisch alle Besucher waren verschwunden. Ohne die Menschenmassen wirkte das Geheul der Sirene noch lauter und unheilverkündender. Pearl fasste nach James’ Hand und führte ihn teils laufend, teils hinkend um die Ziegelmauer der Geisterbahn herum.
    Die Sirene gellte in höchstem Alarmton, das Licht von Suchscheinwerfern strich über den Himmel. Sie eilten rings um das Gebäude und rannten auf der Suche nach Deckung in die Mitte des Luna Parks. Trotz des ganzen Geredes über eine bevorstehende japanische Invasion, das schon seit längerem in Sydney umlief, hätte Pearl nie mit so etwas gerechnet, diesem Sog der Angst in ihrem Magen, ausgerechnet in einer Situation, wo sie sich nicht in der Nähe ihrer Familie befand. Sie stellte sich vor, wie feindliche Kriegsschiffe in der Dunkelheit lauerten, ihre Kanonen auf die Küste gerichtet, wie eine Invasionsarmee durch die

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