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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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gespürt haben, denn er bewegte sich nun sehr langsam weiter in sie hinein; dabei ging er so sacht und behutsam vor, dass sie sich entspannte und nicht länger den Atem anhielt. Es dauerte nicht lange, bis ihre beiden Körper sich im Gleichklang bewegten, so etwas wie ein ungeheures Freudengefühl durch ihre Glieder kribbelte und über ihren Bauch in ihre Brüste ausstrahlte. Die röhrenförmige Karussellschaukel begann im Rhythmus ihrer beiden Hüften auf und ab zu schwingen, bis sie bei jedem Schwung fast die Horizontale erreichte.
    Eine samtweiche Stille hüllte den gesamten Hafen ein. Pearl hörte, wie kleine Wellen gegen die Pontons in der Nähe schlugen, und das Flattern der Möwen. Die Suchscheinwerfer waren abgeschaltet, die Sirenen verklungen, und die Stadt lag unter der Glocke der Dunkelheit. Auf dem Boden der Karussellschaukel lagen Pearl und James noch immer eng aneinandergeschmiegt unter seinem Uniformjackett, das sie ein bisschen wärmte. So dösten sie eine Weile vor sich hin und verlagerten nur selten einmal ihre Glieder. Als Pearl im Morgengrauen vollends erwachte, fand sie sich zu ihrer gelinden Überraschung nicht nur unverletzt – im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, vor Energie zu strotzen.
    James küsste sie auf den Hals.
    »Da wir immerhin nicht gestorben sind«, murmelte er, »muss ich dir jetzt etwas sagen.«
    Sie zuckte innerlich zusammen, denn seine Ankündigung klang wie eine Warnung. Er machte sich von ihr los, nahm auf dem Sitz der Schaukel Platz und half ihr, sich ebenfalls aufzurichten und neben ihn zu setzen. Im Mondschein konnte sie die Umrisse seines Gesichts erkennen sowie das leuchtende Weiß seiner Zähne und seiner Augen. Sie glaubte zu ahnen, was nun kommen würde: Er erwartete für morgen seinen Marschbefehl, oder er hatte bereits eine Freundin daheim in den Vereinigten Staaten, war vielleicht sogar verheiratet. Hatte möglicherweise schon Kinder. Obwohl sie sich auf das Schlimmste gefasst machte, fühlte sie sich diesem Mann, den sie doch eigentlich kaum kannte, enger verbunden als sonst einem Menschen, einschließlich ihres Bruders.
    »Das ist alles ganz neu für mich«, begann er schließlich. Was meinte er damit? Das Bombardement? Den Liebesakt? Seinen Aufenthalt in Sydney? Er nahm ihre Hand in seine, hielt sie fest und blickte über das Wasser. »Und ich vermute, dass es für dich auch eine neue Erfahrung war.« Er kaute auf seiner Lippe und sah sie nicht an. »Wir sollten das daher ganz für uns behalten, wenigstens so lange, bis wir uns besser kennengelernt haben. Ist das für dich in Ordnung?«
    Sie musste schlucken und versuchte die richtigen Worte zu finden. Sie war bei weitem nicht so verlegen, wie er es offensichtlich war, was sie allerdings einigermaßen überraschend fand. Hatte sie ihn in Verlegenheit gebracht? Schämte er sich gar? Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
    James musste ihre Unsicherheit gespürt haben, denn er legte ihr einen Arm über die Schulter und drückte sie an sich. »Zu Hause haben die Leute ja einiges über die Frauen in Australien geredet, aber ich hätte nie gedacht, dass ich einer begegne, die so umwerfend ist wie du. Bei dir stimmt einfach alles. Und außerdem bist du ja noch sehr musikalisch.«
    Er strich ihr über Rücken und Nacken, und sie beruhigte sich wieder. Beim Blick über das Wasser konnte sie unter der Eisenkonstruktion der Brücke einen Silberstreif am Horizont erkennen, die Schaumkrönchen im Hafen fluoreszierten im allerersten Licht des Tages.
    Plötzlich kam ihr eine verrückte Idee, und sie platzte damit heraus, bevor sie es sich hätte anders überlegen können. »James, willst du es mir beibringen? Wirst du mir beibringen, so zu spielen wie du?«
    Er antwortete nichts darauf, als hätte ihn ihre Bitte noch weiter in Verlegenheit gebracht. James lehnte sich vor und las ihren BH vom Boden der Schaukel auf.
    Wie peinlich ihr Solo im Booker T. Washington Club geklungen haben musste, dachte Pearl, all die falschen Töne und das schleppende Tempo. Sie sprang von der Karussellschaukel herunter und sah sich nach ihrem Kleid um. Es lag auf dem Boden, neben dem Motor. Sie zog es über und knöpfte es zu, obwohl James noch immer ihren BH in der Hand hielt. Ein Schuh lag neben der nächsten Schaukel, sie schlüpfte hinein und humpelte auf der Suche nach dem anderen im morgendlichen Zwielicht umher.
    »Natürlich kann ich dir was beibringen«, rief er ihr endlich zu, »aber dann müsstest du bereit sein, ganz von

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