Bis auf die Knochen
Beamte sa ß en mir jetzt praktisch auf dem Scho ß . » Die Wahrheit ist, ich habe gro ß e St ü cke auf Dr. Jess Carter gehalten. Die Wahrheit ist, ich habe sie nicht umgebracht. Und die Wahrheit ist – und das ist die Sache, die mir zwei Polizeibeamten gegen ü ber am schwersten fallt –, ich werde keine weiteren Fragen beantworten, solange nicht mein Anwalt zugegen ist.«
Zum dritten Mal schlug Evers mit der flachen Hand auf den Tisch, doch diesmal zuckte ich nicht mit der Wimper. Er nahm den Kassettenrekorder und sagte: » Diese Vernehmung wurde beendet, als der Verd ä chtige sich auf sein Recht berief, einen Anwalt hinzuzuziehen.« Er spuckte die Uhrzeit aus und schaltete das Ger ä t mit einem ver ä rgerten Klicken aus.
Evers stand so abrupt auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte, wirbelte herum und verlie ß den Raum. Horace erhob sich langsamer.
» Sind Sie fertig mit mir? «, fragte ich.
Horace schnaubte. » Wir haben noch nicht mal mit Ihnen angefangen «, sagte er. » Aber f ü rs Erste k ö nnen Sie gehen. Ihr Anwalt soll uns so bald wie m ö glich anrufen.« Das sagte er mit einem sarkastischen Grinsen. Er f ü hrte mich aus dem Raum und brachte mich zum Aufzug, wo er mit seinem Schl ü ssel daf ü r sorgte, dass die Kabine vom dritten Stock in die Halle fuhr. Dort brachte er mich zur T ü r. »Wir sehen uns, Doktor «, sagte er. » Sehr bald.«
Als ich aus der T ü r trat und den Weg zum Parkplatz einschlagen wollte, d ä mmerte mir, dass ich kein Auto hatte. Es war als Beweismittel sichergestellt worden, und sie w ü rden es so lange auf den Kopf stellen, bis sie etwas fanden, was sie gegen mich verwenden konnten.
Von der Anh ö he, auf der die Polizei von Knoxville hockte, konnte ich Burt DeVriess’ B ü ro auf der fernen Seite des Tals schimmern sehen. Da ich kein anderes Fortbewegungsmittel hatte, um dort hin zu gelangen, machte ich mich zu Fu ß auf den Weg. DeVriess’ B ü ro lag hoch oben im Riverview Tower, einer vierundzwanzigst ö ckigen, in B ä nder aus gr ü nem Glas und silbrigem Stahl gekleideten Ellipse. B ä nder, die die Farbe von Geld hatten.
Das Geb ä ude erhob sich am s ü dlichen Ende der Gay Street, Knoxvilles Hauptstra ß e, ü ber dem Steilufer am Fluss. Ich ü berquerte das Tal zur Gay Street auf der Hill-Avenue-Br ü cke, deren parabolische Betonb ö gen sich ü ber ein Gewirr aus Stra ß en und Auffahrten spannten, wo die Hill-Avenue-Kreuzung sich mit dem James White Parkway und dem Neyland Drive verkn ä uelte.
Der Riverview Tower war einer von zwei nebeneinanderstehenden B ü rot ü rmen, die Anfang der 1980er Jahre von den Gebr ü dern Butcher, den Bankiers Jake und C. H. Butcher, gebaut worden waren, kurz bevor ihr Finanzimperium in einem Schutthaufen aus kriminellen Betr ü gereien zusammenbrach. Die Alteingesessenen bezeichneten den eckigen, mit schwarzem Glas verkleideten Turm immer noch als » Jakes Bank « und den gekr ü mmten gr ü nsilbernen als » C. H.s Haus «, doch bis auf einen verblassten Fleck auf dem architektonischen Stammbaum hatten die Geb ä ude keinerlei Verbindung mehr zu den in Ungnade gefallenen Bankiers.
Ich betrat die Halle durch die Dreht ü r von der Gay Street her und fuhr in Gesellschaft von Menschen in Businessanz ü gen und Fr ü hlingskleidern mit dem Aufzug hinauf. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich der Einzige in der Kabine war, dem eine Mordanklage drohte, doch von meinen Mitfahrern vermutete auch sicher niemand, dass ich ein frisch gebackener Schwerverbrecher war.
Der Eingang zu DeVriess’ B ü rosuite sprach von Geld und Raffinesse, wie es sich f ü r den erfolgreichsten Strafverteidiger von Knoxville geh ö rte. Die Kanzleien der meisten Spitzenanw ä lte waren mit reichlich Walnussholz oder Mahagoni get ä felt, doch Burt neigte mehr zu Chrom, Milchglas und anderen Ankl ä ngen an Art d é co. Seine Empfangsdame, eine entsprechend elegante Mittdrei ß igerin, schaute auf und begr üß te mich mit einem L ä cheln. »Hallo, kann ich Ihnen helfen? «
» Ist … Mr. DeVriess da? «
» Haben Sie einen Termin? « Sie warf einen raschen Blick auf ihren Computerbildschirm.
» Nein, ich f ü rchte nicht.«
» Es tut mir leid, wir bedienen leider keine Laufkundschaft «, sagte sie und sah mich mit aufrichtigem Bedauern an. » M ö chten Sie einen Termin f ü r eine Beratung machen, Mr ….? «
» Brockton «, sagte ich. » Bill Brockton.«
Ihr Gesicht strahlte. » Oh, Dr. Brockton, nat ü rlich «, sagte
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