Bis auf die Knochen
zu treiben. Aber ich glaube, wir sind diejenigen, die die Taten vollbringen, und wir sind auch diejenigen, die verdienen, was an Anerkennung oder Schuld daraus entsteht.«
» Im Gro ß en und Ganzen stimme ich dir zu «, sagte Art. »K ö nnte kein Polizist sein, wenn ich nicht daran glauben w ü rde, dass die Menschen f ü r ihre Taten verantwortlich sind. Wie auch immer, es gibt dem Fall jedenfalls eine interessante Wendung.«
» Hast du schon in Chattanooga angerufen – die Polizei oder Jess? «
» Nein. Du hast die Haut gefunden, von der ich die Fingerabdr ü cke abgenommen habe, also stand dir der erste Anruf zu. Als N ä chstes rufe ich Jess an.«
» Warte. Eine Frage noch.«
» Schie ß los.«
» Ich nehme an, du hast noch keinen Treffer f ü r diesen Daumenabdruck, den du von Craigs abgetrenntem Penis abgenommen hast? «
» Richtig.«
» Also sind die Fingerabdr ü cke des M ö rders weder in der AFIS-Datenbank in Tennessee noch beim FBI? «
» Vermutlich nicht «, sagte er. » Es k ö nnte aber auch sein, dass der Abdruck stimmt, aber die Gr öß e falsch ist.«
» H ä ? «
» Wir k ö nnen nicht sicher sein, dass der Schwanz zu dem Zeitpunkt, als ich den Abdruck abgenommen habe, dieselbe Gr öß e hatte wie zu dem Zeitpunkt, als der M ö rder ihn gepackt hat «, sagte er. » Also muss ich einige Vergr öß erungen und Verkleinerungen des Daumenabdrucks machen und auch die einschicken. Was ich einschicke, muss von der Gr öß e her plus/minus zehn Prozent im Rahmen dessen sein, was in den Akten ist, sonst erkennt AFIS den Treffer nicht.«
» Es w ä re doch der Hammer «, sagte ich, » wenn wir sowohl die Identit ä t des Opfers als auch die des M ö rders anhand von Fingerabdr ü cken auf einer H ü lse aus Haut und auf einem amputierten Penis feststellen k ö nnten.«
» Ja «, meinte er, » glaub nicht, das w ü rde mir nicht gefallen. Aber das w ä re wirklich ein Gl ü ckstreffer. Vielleicht mehr Gl ü ck, als ich alles in allem je hatte.«
» Wir machen unser eigenes Gl ü ck «, sagte ich. » Auch daran glaube ich. ›Das Gl ü ck beg ü nstigt den vorbereiteten Geist.‹ Louis Pasteur.«
» Der Kerl mit der pasteurisierten Milch? «
» Genau der.«
» Hat er das gesagt, um zu erkl ä ren, wie er auf die Idee gekommen ist? «
» Nein «, sagte ich, » das hat er viele Jahre, bevor er auf die Idee kam, von sich gegeben. Man k ö nnte sagen, die Idee hat bewiesen, dass er recht hatte.«
» Sieht so aus «, stimmte Art mir zu. » Apropos Ideen, ich habe so die Idee, dass die Polizei in Chattanooga oder das B ü ro des Medical Examiners Willis’ Namen heute oder morgen bekanntgeben wird.«
» Wahrscheinlich «, sagte ich. » Die stehen bestimmt gewaltig unter Druck, zu zeigen, dass sie in dem Fall Fortschritte machen.«
» Ich nehme mal an, dass die Medien in Knoxville die Geschichte auch aufgreifen «, sagte er, » schlie ß lich hat Willis bis vor ein paar Monaten in Knoxville gelebt.«
» Aber nat ü rlich «, seufzte ich. » Lokalbezug bei einem perversen Fall.«
» Ich muss immer an die Eltern des Jungen denken «, sagte Art. » Das nimmt sie bestimmt ganz sch ö n mit. Rei ß t den Schorf direkt von der Wunde – falls sie ü berhaupt schon so weit sind, dass sich Schorf gebildet hat. Vielleicht w ä re es nicht gut, wenn sie es aus der Zeitung erfahren.«
Ich versuchte mich in die Lage der Eltern zu versetzen. Ich stellte mir meinen Sohn Jeff und seine Frau Jenny vor und wie es f ü r sie w ä re, wenn Tyler oder Walker von einem Erwachsenen, dem sie vertrauten, sexuell missbraucht worden w ä re, und wie es ihnen ginge, wenn sie in der Zeitung vom Tod des T ä ters lesen w ü rden. » Das w ä re heftig «, sagte ich, » aber nicht unbedingt negativ. Ist wom ö glich f ü r sie die sch ö nste Nachricht ü berhaupt. Ist wom ö glich genau das, was sie brauchen, um alles hinter sich zu lassen und ihr Leben weiterzuleben.«
» So etwas l ä sst man niemals hinter sich «, sagte Art. » Es ist fast so wie der Tod eines Kindes; es qu ä lt einen bis zum Lebensende. Der Schmerz l ä sst nach einer Weile nach, doch es braucht nicht viel – ein Geburtstag, eine Szene im Fernsehen, eine Buntstiftzeichnung, die man am Boden einer Schublade findet –, um das Ganze wieder heraufzubeschw ö ren.«
Pl ö tzlich d ä mmerte mir, was er vorhatte. » Du willst es den Eltern des Kindes selbst sagen? «
» Nicht ganz «, sagte er. » Nicht ich. Wir.«
» Wir? Du und ich? Warum?
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