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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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sexuelle Beziehung? «
    Die Frage ä rgerte mich. » Was hat das mit ihrer Ermordung zu tun? «
    Jetzt sah er mich an. » Das wei ß ich nicht «, antwortete er ruhig. » Was glauben Sie denn, was es damit zu tun hat? Ich versuche nur, mir ein Bild davon zu machen, was in ihrem Leben los war, kurz bevor sie umgebracht wurde. Klingt so, als w ä ren Sie einer der Menschen gewesen, die ihr am n ä chsten gestanden haben. Klingt so, als w ä ren Sie ein wichtiger Teil ihres Lebens gewesen. Kurz vor ihrem Tod.«
    » Vielleicht. Ich wei ß es nicht «, sagte ich. » Sie war jedenfalls ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich bin mir nicht so sicher, ob ich in ihrem Leben auch schon so einen wichtigen Platz eingenommen hatte.«
    » Warum sagen Sie das? «
    Ich erz ä hlte ihm, was sie gesagt hatte, nachdem sie mit ihrem Ex gesprochen hatte, n ä mlich dass sie vielleicht doch noch nicht fertig damit – mit ihm – war.
    » Und hat Sie das gest ö rt? «
    » Nein. Ja. Ein bisschen. Sie war noch nicht so lange geschieden – ich glaube, sie sagte, acht Monate –, also ü berrascht es wohl nicht, dass sie noch nicht ganz dar ü ber hinweg war. Aber bis zu dem Zeitpunkt, als in der letzten Nacht ihr Exmann in diesem Restaurant auftauchte, schien sie sich mir wirklich zu ö ffnen.«
    » In der letzten Nacht? Haben Sie das eben gesagt – der letzten Nacht? « Ich starrte ihn an, weil ich nicht so recht begriff, warum er so darauf herumritt. » Ihre Leiche wurde erst drei Tage sp ä ter gefunden beziehungsweise ihr Fund wurde erst drei Tage sp ä ter gemeldet, Dr. Brockton «, sagte er. » Wieso reden Sie von dieser Nacht als von der letzten Nacht? «
    » Weil es das letzte Mal war, dass ich sie gesehen habe. Nicht die letzte Nacht, die sie gelebt hat.«
    » Oh, verstehe «, sagte Evers.
    Das Gespr ä ch endete kurz nach diesem Wortwechsel mit einigen Fragen dar ü ber, wie kurz nach Jess ich das Restaurant verlassen hatte (ungef ä hr zehn Minuten, weil die Kellnerin sich Zeit lie ß mit der Rechnung) und ob ich in dieser Nacht oder ü bers Wochenende versucht hatte, mit Jess Kontakt aufzunehmen (nein, denn sie hatte um eine Atempause gebeten).
    Evers dankte mir f ü r meine Kooperation und begleitete mich hinunter in die Halle. Wir trennten uns mit der wechselseitigen Versicherung, in Kontakt zu bleiben und s ä mtliche Informationen, die von Bedeutung schienen, weiterzugeben. Doch als ich ü ber den Asphalt zu meinem Wagen ging, war ich zutiefst ersch ü ttert, und das nicht nur, weil Jess ermordet worden war. Ich hatte ein Vierteljahrhundert mit Beamten der Mordkommission zu tun gehabt, und meine Erfahrungen waren eindeutig positiv: Ich half ihnen gerne und war froh, wenn ich Hilfe von ihnen bekam. Pl ö tzlich hatte ich zum ersten Mal einen winzigen Einblick darein, wie es war, Gegenstand einer polizeilichen Ermittlung zu sein statt ihr hilfreicher Ratgeber. Ich war erleichtert, als ich in den R ü ckspiegel schaute und die Festung aus Backstein und Beton nicht mehr sehen konnte, in der die Polizei von Knoxville residierte.
    Ich nahm die lange Abfahrt, die sich den H ü gel hinunterschwang und mich auf den Neyland Drive brachte. Zu meiner Linken funkelte der Fluss in der Mittagssonne. Dieses Funkeln kam mir falsch vor, das Wasser sollte aufgew ü hlt sein, schwarz sch ä umen, und nicht friedlich pl ä tschern wie immer, so friedlich, als l ä ge Jess Carters Leiche in diesem Augenblick nicht auf einer Fahrtrage im K ü hlraum des regionalen rechtsmedizinischen Zentrums, mit aufgeschnittenem Sch ä deldach, aufgeschlitzter Brust, Herz und andere Organe in T ü ten verpackt wie Innereien in einer Metzgerei. » Verdammt «, sagte ich laut. » Verdammt und zur H ö lle.«
    Als ich an der Thompson-Boling-Arena vorbeifuhr und nach links auf den Lake Loudon Boulevard bog, bemerkte ich pl ö tzlich Blaulicht hinter mir. Ich fuhr an den Stra ß enrand, um die Polizeifahrzeuge vorbeizulassen. Stattdessen kamen sie hinter mir zum Stehen, und John Evers stieg aus und ging zu meiner T ü r. Ich kurbelte das Fenster herunter. »Was ist los? «, fragte ich. » Ist noch etwas passiert? «
    » Bitte steigen Sie sofort aus diesem Auto aus «, sagte er. »Wir stellen diesen Wagen als Beweismittel in einer Mordermittlung sicher, und Sie m ü ssen mit mir zur ü ck zum Polizeirevier kommen. Ich habe weitere Fragen an Sie, Dr. Brockton. Sehr viele weitere Fragen. Und diesmal erwarte ich sehr viel bessere Antworten.«

28
    Für die Rückfahrt

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