Bis aufs Blut - Thriller
beendet hatte, blickte Provost forschend gen Himmel. »Hören Sie«, sagte er mit einem kultivierten Südstaatenakzent, »gehen Sie mir einfach nicht auf den Sack, okay? Ist das zu viel verlangt?«
Mehr Unverständliches vonseiten Klines.
»Ich weiß , dass er tot ist«, bellte Provost. Er meinte Nathan. Von Nathans tragischem Ende hatte keine Nachrichtensendung etwas berichtet. Kline und seine Männer hatten zweifellos die Sache vertuscht. Provost war noch nicht fertig. »Bislang«, fuhr er fort, »wissen wir nur eins: dass er tot ist . Was labern Sie da?«
Ich hätte fast einen Pfiff ausgestoßen: Provost wusste nichts von der Beziehung zwischen Kline und Nathan. Einen Augenblick lang verspürte ich sogar etwas wie Mitleid mit dem Agenten, der gerade einen Bruder verloren hatte. Dann lächelte ich in mich hinein.
Der Scheinwerfer an der Hauswand war nach wie vor an. Ich fragte mich, auf wie viel Minuten der Timer eingestellt sein mochte, und dankte Gott dafür, dass kein akustischer Alarmgeber daran angeschlossen war. Eine Kamera gab es zwar, aber sie war auf den Plattenweg, direkt vor dem Hauseingang gerichtet. Kline scharrte mit den Füßen. Er sprach noch ein paar Worte und wandte sich dann ab.
»Klar«, sagte Provost, »und vergessen Sie nicht, ihren Scheißgorilla mitzunehmen.« Ich bemerkte, wie der Gorilla hinter seinem Rücken die Fäuste ballte. Mann, hätte der Provost gern eine reingehauen! Stattdessen begnügte er sich mit einem heimlichen Stinkefinger.
Ich wartete, bis sie gegangen waren und Provost seine Tür geschlossen und verriegelt hatte, und robbte dann weiter um das Haus bis zu der Stelle, wo die Büsche direkt am Rand des Swimmingpools endeten. »Swimmingpool« hörte sich vielleicht etwas hochtrabend an -, es war eher eine Kingsizebadewanne. Die Fenstertür stand offen. Dahinter lag ein großer, weißer, offener Wohnbereich, in dessen Mitte eine pummelige Frau stand. Sie strich Provost gerade übers Haar und küsste ihn auf den Hals, flüsterte ihm irgendetwas zu. Ich kniff vor dem grellen Schein der untergehenden Sonne die Augen zusammen und hörte, wie auf der anderen Seite des Hauses Klines Wagen auf die Straße zurücksetzte und wegfuhr. Die Frau hatte langes, stumpfes Haar und trug einen weiten Kaftan, den der Luftzug aufblähte. Ich schätzte, dass es sich um Alisha handelte. Sie trat von Provost zurück, der sich - ein Mann, auf dessen Schultern die Last der ganzen Welt ruhte - mit den Händen über das Gesicht fuhr. Er fing an, mit den Armen herumzufuchteln, zu schreien, schien am Rand der Raserei oder des Irrsinns zu sein.
»Was hast du auf dem Herzen, Jerry?«, sagte ich zu mir und hoffte, er würde irgendeine Antwort laut hinausschreien.
Stattdessen zog die Frau den Kaftan über den Kopf und ließ ihn auf den Boden fallen. Darunter war sie nackt - kein schlechter Schachzug. Provost hörte auf, sich aufzuregen, und starrte sie an. Und es gab da schon einiges anzustarren -, nicht zuletzt ein Paar überirdisch großer Brüste. Er ging auf sie zu. Sie nahm seinen Kopf und bettete ihn an ihre Brust. Jetzt, wo sie leise auf ihn einredete und ihm beruhigend übers Haar strich, wirkte er wie ein Kind. Als er sich gerade lang genug von ihr löste, um sich ebenfalls seiner Kleider zu entledigen, zog ich mich durch das Strauchwerk zurück und lief zurück zur Straße.
Meine Knie und Ellbogen waren schwarz von Erde, und wenn ich noch mein grün und blau angelaufenes Gesicht hinzurechnete, war klar, das keiner, der mich sah, lange zögern würde, die Bullen zu rufen. Also trabte ich zum Bus zurück und stieg schleunigst ein.
»Ich hab sie wegfahren sehen«, teilte mir Bel mit. »Als du nicht sofort zurückkamst, hab ich gedacht -«
Ich stoppte ihre Panik mit einem Kuss. Und siehe da, es funktionierte, genauso wie es das bei Provost getan hatte.
Ich erzählte ihr, was ich herausgefunden hatte, aber sie konnte damit nicht viel anfangen.
»Alles scheint immer nur verworrener zu werden.«
Da hatte sie nicht unrecht. Nach einigem Suchen fanden wir endlich eine Straße, die zur Aurora hinunterführte, und tauchten in den Feierabendverkehr ein. Als wir einen Drive-in-Hamburgerladen entdeckten, hielten wir dort zum Abendessen an. Die Hamburger waren riesig und köstlich. Dann ließ Bel die Bombe platzen.
»Ich möchte Sam besuchen.«
24
New York, New York. Hoffer war wieder in seinem Element.
Er liebte es rundum und ganz und gar, von Brooklyn und Queens bis rüber zu downtown
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