Bis aufs Blut - Thriller
zwei Wahrheiten ausgelassen. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass seine Vorgesetzten das Abschiedsgesuch von ihm verlangt hatten, als sie zu dem Schluss gelangt waren, dass er sich ein bisschen zu auffällig die Nase puderte. Hoffer hatte die Geschichte in die Welt gesetzt, er habe den Dienst quittiert, um den Walkins-Fall auf seine Weise und in aller Ruhe weiterverfolgen zu können, aber in Wirklichkeit hatte man ihm ein Ultimatum gestellt. Klar, nachdem er einem Reporter erzählt hatte, für ihn gebe es nur noch ein einziges Ziel im Leben, war er gezwungen gewesen, etwas in der Richtung zu unternehmen - und wenn auch nur, um seinen guten Willen zu beweisen. Und dann war der Alte aufgetaucht und hatte angeboten, ihn zu bezahlen, und die Story hatte immer weitere Kreise gezogen, bis er regelrecht in der Falle saß. Jetzt besaß er eine Detektei, Angestellte und einen Ruf. Er konnte sich nicht einfach vom D-Man verabschieden, selbst wenn er es gewollt hätte.
Und oft genug hätte er das wirklich gern getan.
»Und, was verdienen Sie so?«, fragte Edmond, wie das jeder Polizist im aktiven Dienst früher oder später immer tat.
»Denken Sie sich eine Zahl aus und verdoppeln Sie sie«, antwortete Hoffer. Dann lachte er. »Nein, ich bin Unternehmer, Arbeitgeber, ich habe Unkosten, muss Gehälter zahlen, Steuern und weiß der Geier was sonst noch alles. Viel bleibt unterm Strich nicht übrig.«
»Walkins muss aber reich sein.«
»Machen Sie Witze? Er stinkt vor Geld.«
»Stimmt es, dass seine Tochter versehentlich dran glauben musste?«
Hoffer nickte. Sie war so ziemlich der einzige Fehler, den der D-Man jemals gemacht hatte. Er konnte mit elf, vielleicht zwölf sauberen Abschüssen aufwarten - und dann noch mit Ellen Walkins.
»Sie war achtzehn, stand nach einer Abendgesellschaft an der Haustür und verabschiedete ein paar Gäste. Das waren allesamt Politiker, mit ihren Frauen und Kindern. Sie war nicht das Ziel gewesen. Man vermutet, dass die Zielperson ein Kongressabgeordneter mit sehr entschiedenen Ansichten über bestimmte außenpolitische Fragen war. Jede Menge Diktatoren und korrupte Regierungen hätten wer weiß was dafür gezahlt, um ihm das Maul zu stopfen. Aber die Vortreppe war vereist, und der Scheißer ist ausgerutscht. Die Kugel wäre ihm glatt durchs Herz gegangen, aber stattdessen hat sie Ellen getroffen. Der Fall ist uns ziemlich schnell abgenommen worden. Ich meine, für einfache Bullen war er eben eine Nummer zu groß. Das konnte ich nicht zulassen.«
»Warum nicht?«
Der Barkeeper war mit zwei weiteren Whiskys nebst einer Flasche Wasser erschienen, was Hoffer Gelegenheit gab, über die Frage nachzudenken. Die hatte er sich selbst schon ein paarmal gestellt. Warum konnte er nicht einfach loslassen?
»Ich weiß es nicht«, sagte er schließlich wahrheitsgemäß. »Ich konnte es einfach nicht.« Er zog wieder die Nase hoch. »Herrjesus, das wollen Sie doch alles gar nicht wissen! Sie sind derjenige, der auf der Bühne stehen und seine Story erzählen sollte. Also, was haben Sie für mich?«
Edmond fischte einen Umschlag aus der Tasche seines Jacketts. Er enthielt mehrere zusammengefaltete Xerokopien. Es waren Kopien von Kontoauszügen und alten Schecks, dazu eine Liste der Bankautomaten, von denen Mark Wesley im Lauf der Zeit Geld abgehoben hatte.
»Ist noch nicht vollständig«, erklärte Edmond. »Das ist bloß die erste Lieferung. Ich könnte deswegen erheblichen Ärger kriegen.«
»Könnten Sie«, bestätigte Hoffer und schob ihm einen Umschlag über den Tisch zu. »Aber das hier könnte Sie vielleicht aufheitern.«
Edmond zählte die Geldscheine, während er sie sich in die Tasche steckte, ließ den zerknüllten Umschlag in den Aschenbecher fallen und saß dann abwartend da. Hoffer sagte eine Zeit lang nichts.
»Der Typ ist ziemlich viel unterwegs«, meinte er schließlich und streckte die Hand nach seinem Whisky aus.
»Wir werden die auf den Schecks angegebenen Reiseunternehmen überprüfen, vielleicht können sie uns Näheres sagen.«
»Natürlich werden Sie das tun. Was ist mit diesen Abhebungen? Ist irgendein Muster zu erkennen?«
Edmond schüttelte den Kopf. »Nur, dass ein paar davon laut unserem Erdkundecrack in Yorkshire getätigt wurden. Und auch nicht in größeren Städten - in irgendwelchen Käffern.«
»Vielleicht wohnt er ja da?«
Edmond zuckte die Achseln. »Offenbar hat er sich auch einen Schwung Reiseschecks besorgt. Einer dieser auf Thomas Cook ausgestellten
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