Bis bald, Sharma!
der andere das Wasser darüber laufen. Mir graute vor dem schmutzigen Badewannen- boden, aber ich blieb tapfer. Vor der Wanne lag ein ausgefranster, dreckiger Putzlumpen als Badevorleger. Wenn man darauf stieg, waren die Füße wieder schmutzig. Mein Liebling duschte sich noch seine langen Haare mit den letzten Wassertropfen, dann beeilten wir uns, wieder in unser Kellerloch zu kommen. Doch unsere Liebe erleuchtete den hässlichen Raum mit goldenen Sonnenstrahlen, sie machte aus dem Kellerloch einen Palast aus Tausendundeiner Nacht.
Am nächs ten Tag klebte der sogenannte Mietvertrag an Sharmas Tür. Naja, es war kein Mietvertrag sondern eine Unterkunftsbestätigung. Immerhin fühlten wir uns jetzt sicherer. Vielleicht hatte die Vermieterin gar nichts mehr gegen weiblichen Besuch, denn sie sagte kein Wort, als sie mich mit Sharma an der Haustür sah. Oder vielleicht hatte sie schon das von mir geputzte Kellerlochfenster entdeckt? Wir atmeten beide auf und konnten uns jetzt endlich zwangloser im Treppenhaus bewegen.
Am darauffolgenden Morgen gingen wir ins Schloss Mirabell, wo sich das Standesamt befand. Ich wollte für Sharma und mich alle Papiere zusammenstellen lassen, die wir für die österreichische Heirat brauchen würden. Eine lange Liste erwartete uns, die uns verwirrte. All diese Dokumente mussten im Original und mit Beglaubigung vorgelegt werden. Eine Geburtsurkunde, natürlich nicht älter als sechs Monate, eine Abschrift aus dem Familienbuch mit dem Vermerk meiner beiden Vorehen inklusive der Scheidungen, mein Reisepass und ein Ehefähigkeitszeugnis, das auch nicht älter als sechs Monate sein darf.
Sharmas Liste war noch viel länger. Zum Beispiel sollte er eine Heiratsurkunde von seiner geschiedenen Ehe vorlegen, obwohl diese Urkunde gar nicht existierte, weil nur eine traditionelle Hochzeit stattgefunden hatte. Eine Scheidungsurkunde konnte er allerdings vorlegen, obwohl das für mich total unlogisch war. Wieso gab es eine Scheidungsurkunde, wenn keine „richtige“ Eheschließung erfolgt war? Auch er brauchte ein „Certificate of Marriageability“ von einem indischen Bezirksgericht und alles musste von der österreichischen Botschaft in Neu Delhi beglaubigt und in Österreich von einem Dolmetscher übersetzt werden.
Absolutes Kopfzerbrechen bereitete uns der Punkt „Rechts kräftiger Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts in Österreich über die Anerkennung einer ausländischen Eheentscheidung“ (warum nicht Ehescheidung?). Auch der Punkt „Ehescheidungsurteile sämtlicher Vorehen mit Rechtskraftklausel (schrecklicher Ausdruck!) bewirkte bei uns nur ein Kopfschütteln. Glaubten die etwa, Sharma hätte einen ganzen Harem geheiratet? Unsere Köpfe rauchten, als wir die Listen im Mirabellgarten studierten. Uns wurde auch jede Hoffnung auf eine schnelle Heirat zunichte gemacht, als uns die steife Standesbeamtin sagte, wir sollen uns auf ein halbes Jahr Wartezeit vorbereiten, bis wir alle Papiere bekämen. Ich wollte meinen Schatz einfach nur lieben und mit ihm zusammen sein, doch nun waren wir in die Mühlen einer wahnwitzigen Bürokratie geraten. Wir trösteten uns gegenseitig damit, dass wir auf uns warten würden, auch wenn es fünf Jahre dauern sollte. Fünf Jahre Österreich – Deutschland, hin und zurück. Vielleicht würden bis dahin Sharmas Zähne ausfallen, sie wackelten immerhin schon ein bisschen. Und ich? Graue Haare und ein Bandscheibenvorfall? Oder vielleicht Rheuma in den Fingern und mir würde der Kugelschreiber beim Unterschreiben im Standesamt aus der Hand fallen? Trotz der makabren Zukunftsvisionen lachten wir uns beide krumm und schief, steckten uns gegenseitig Weintrauben in den Mund und küssten und herzten uns. Ach, Liebe …! Als wir so eng umschlungen auf der Bank saßen, schaute uns ein Mann, der wie Albert Einstein aussah, interessiert an. Schwupps, schon saß er neben uns auf der Bank. Wir bemerkten sofort, dass er angetrunken war.
„Oh , mein Gott, ihr seid aber zwei schöne Menschen ... guten Tag, ich bin der Wurmeringer und entschuldigt mich bitte, ich bin heut betrunken.“
Dabei klatschte er mehrmals in die Hände und sagte, er müsse die Energie einfangen, um unsere Chakras zu spüren. Ohne zu fragen, legte er seine Hand auf Sharmas Bauch, versenkte sich in dessen Anblick, verdrehte die Augen und schwärmte:
„Oh, dein Freund hat eine gute Ausstrahlung, er ist rein, so rein, er hat eine tiefe Reinheit, er ist vollkommen klar.“
Dabei rieb er seine
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