Bis bald, Sharma!
Handflächen mehrmals aneinander und fing wieder die Energie ein, die er überall um sich herum vermutete. Sharma war das unheimlich, er rutschte ein wenig von ihm weg, aber dieser seltsame Mann setzte sich wieder neben ihn. Er hielt unaufhörlich Sharmas Hand und meinte, er habe wunderschöne, reine Hände. Dann las der Mann aus seiner Hand und sagte, er hätte eine starke Liebesfähigkeit.
„Aber ...“, meinte er, „die Sexualität ist kaputt.“ Wir schau ten uns beide fragend an und mussten lachen.
„Dann frag meine Frau, sie wird dir was anderes sagen!“
Der Mann erzählte, er sei der letzte Lebenspartner von Romy Schneider gewesen, sie habe ihn so geliebt.
Ich sagte zu ihm, er solle seinem Leben einen Sinn geben und seinen Verstand nicht versaufen. Das bejahte er und seine großen braunen Augen wurden unendlich traurig. Immer wieder fing er an, über den Sinn des Lebens zu phi losophieren. Er benutzte die verschiedensten Sprachen, mal Italienisch, dann Spanisch, dann Portugiesisch, dann wieder Latein. Er brachte seine guten philosophischen Ansätze vollkommen durcheinander, dann zeigte er uns wieder seine braunen Arme und Beine und wollte hören, wie schön sie seien. Mich beachtete er kaum, darum fragte ich ihn direkt, was er von mir dachte.
„ Oooooooooh ... so weibliche Eigenschaften, aber .... nicht treu“, stotterte er.
Hä? Nicht treu? Ich und untreu? Neeeee, ich bin eine absolut treue Seele.
Sharma schaute mich mit flehentlichen Blicken an, er wollte nicht länger neben diesem Mann sitzen, aber er brachte es nicht übers Herz, von ihm wegzurücken oder aufzustehen und zu gehen. Plötzlich hatte es sich der Wurmeringer anders überlegt, stand blitzschnell auf und wollte nun seinerseits gehen, weil er uns nicht länger mit seiner besoffenen Visage stören wollte. Er versuchte ganz gerade zu gehen, was ihm nicht gelang. Armer Philosoph. Dann verschwand er zwischen den Alleebäumen. Aber wir freuten uns zu früh, denn nach ungefähr fünf Minuten kam er wieder angetorkelt und sagte, er müsse uns etwas ganz Wichtiges geben und drückte uns seine Adresse in die Hand.
„Falls ihr Hilfe von mir braucht … ich bin nicht immer betrunken. Ihr werdet sehen, ihr braucht meine Hilfe eines Tages.“ Damit verabschiedete er sich ei n zweites Mal von uns.
An einem der nächsten Tage, es war ein Sonntag, hatte mein lieber Sharma eine Überraschung für mich. Ich sollte meine Augen schließen und sie erst wieder aufmachen, wenn er es mir sage.
Was konnte das für eine Überraschung sein? Ich konnte es mir nicht denken.
Ich legte mich aufs Bett mit dem Gesicht nach unten und er werkelte vor dem Spiegel herum. Nach ungefähr einer halben Stunde durfte ich mich umdrehen und was sah ich? Einen vollkommen neuen Mann! Mein Sharma hatte sich in einen indischen Maharadscha verwandelt. Er hatte sich einen blutroten Turban umgebunden, wie ihn die indischen Sikhs tragen. Sein graumelierter Vollbart passte blendend dazu. Einen indischen Turban zu binden, setzt ein besonderes Talent voraus. Die drei bis fünf Meter langen Baumwollstoffbahnen werden so zusammengelegt, dass sie einen elastischen Streifen ergeben, der dann mit kunstvollem Schwung Schicht für Schicht um den Kopf gewickelt wird. Die langen Haare verschwinden vollkommen darunter. Zum Schluss bleibt ein kleiner Stoffzipfel übrig, der hinten in den Turban gesteckt wird.
Ein echter indischer Prinz aus Amritsar wie aus Tausend undeiner Nacht. Ich war stolz auf meinen Prinzen. Dieser wunderbare Kopfschmuck musste natürlich öffentlich gezeigt werden. Wir gingen in den Mirabellgarten und mein Mann stolzierte wie ein schöner Pfau neben mir her. Es gab keinen Passanten, groß oder klein, männlich oder weiblich, der ihn nicht anstarrte. Ein kleiner Junge stellte selbstsicher fest: „Ich weiß, du bist ein Inder, stimmt‘s?“
Mein Traumprinz aber fühlte sich gar nicht so wohl. „Mein Gott, warum schauen mich die Leute bloß so genau an, ich schäme mich , hier im Mittelpunkt zu stehen.“
Ich erklärte ihm, dass das ganz natürlich sei. Jeder Mensch wolle nicht nur graue Gestalten sehen, sondern suche Ab wechslung. Es ist eben nun einmal nicht alltäglich, dass ein waschechter Inder mit einem riesigen blutroten Turban auf dem Kopf im österreichischen Mirabellgarten spazieren geht.
Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Wir gingen an der Salzachallee Arm in Arm spazieren und machten Pause auf einer von den vielen schönen, verschnörkelten Bänken.
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