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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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sehe ich, wenn ich dir nachts SMS schicke und es kommt keine Reaktion. Ich möchte am liebsten unser Lebensrad vordrehen - nein - am besten zurück in die Zeit, wo wir uns ohne Probleme geliebt haben und jede Sekunde glücklich waren. Aber das ist nicht möglich. Das Leben schiebt einen vorwärts, immer weiter, immer weiter und wir müssen all den Problemen, die uns begegnen, die Stirn bieten. Ich bete für uns, dass das Licht dieser Liebe nie erlischt, jedoch wandern wir an dem gefährlichen Grad eines Abgrunds entlang. Werden wir es schaffen ohne abzustürzen?
     
    Gestern rief mich Sharma an und teilte mir diese „tolle“ Neuigkeit mit: Jagir wollte ihn nicht einmal für die letzten fünf Tage des Monats bei ihm wohnen lassen, obwohl Sharma die Miete bis zum Schluss bezahlt hatte. Jagir hatte sich wieder etwas ganz Spektakuläres ausgedacht. Diesmal kam sein Onkel inklusive seiner Familie am Wochenende zu Besuch und da bräuchte er die ganze Wohnung für sich allein. Da hätten Sharma und ich keinen Platz. Das konnte ich gut verstehen! Es war eben Jagirs Wohnung, ER war der Boss und wenn ihm unsere Nasen nicht passten, dann flogen wir eben raus. Nur schade, dass es so kurz vor unserem Ziel passierte.
    Wo sollten wir hin?
    Wir wussten es nicht. Wir konnten nicht auf die Schnelle für nur drei oder vier Wochen ein Zimmer bekommen, weil kein Schwein uns für so kurze Zeit eine Unterkunft gegeben hätte. Außerdem brauchten wir ein möbliertes Zimmer und da hätten wir wieder Kaution blechen müssen. Im „Rattenzimmer“ hatte Sharma schon einmal drei Monatsmieten Kaution bezahlt, die er beim Auszug nicht zurückbekommen hatte, weil er das Zimmer ohne Kündigungsfrist mit mir verließ. Sharma hatte zwar eine Anmeldung bei irgendwelchen Indern gemacht, um überhaupt eine Anmeldung zu haben, aber in diesem Inderhaufen konnte ich mit Sharma nicht schlafen. Weil ich so verzweifelt war, ließ ich meine Frustration an Sharma aus, der aber gar nichts dafür konnte. Das lief dann so ab:
    „Warum hast du denn meinen Anruf nicht wahrgenommen?“
    „Mein Gott, Jasmin, es ist so eiskalt draußen, wenn ich Zeitungen verkaufe, und du hast selbst gesagt, ich soll das Handy nicht rausnehmen, weil sonst das Display von der Kälte kaputtgeht und jetzt beschwerst du dich?“
    Was? Das Handy wegen der Kälte nicht rausgenommen? Aha!
    Ich hatte eine blendende Idee. Ich wollte wissen, ob er das Handy wirklich nicht aus seiner Tasche zog, wenn jemand anderer anrief. Meine Klingelmelodie war nämlich eine andere, als die von Fremden, so konnte er leicht hören, ob ich anrief oder andere. Ich rief also von meinem D2 Handy an, diese Nummer kannte er nicht. Und er- schwupps - nahm sein Handy in Eiseskälte heraus und drückte die Nummer weg. Ich war total verletzt und das schrieb ich ihm auch in einer ganzen Roman-SMS mit mehreren Folgen. Dann stellte ich mein Handy ab. Da es sowieso Vollmond war und ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe, war ich noch mehr gereizt und wollte ihn am liebsten noch mehr quälen. Aha, mein Teufelchen kam zum Vorschein. Ich hatte vor, ihm eine SMS zu schreiben, in der ich ihm mitteilen wollte, dass er mir von nun an  keine SMS mehr schreiben und nicht mehr anrufen soll. Ich dachte darüber nach und brachte es nicht übers Herz, ihm das zu schreiben. So einen Scheiß-Test macht man nicht mit seiner Liebe. Aber mein Handy blieb trotzdem zwei Stunden aus. Das war auch gemein, weil er das nie tat.
    Ich hatte es satt, solche Spiele zu spielen. Ich wollte mit Sharma einfach nur glücklich sein, aber wie konnte ich denn glücklich sein, wenn er nicht bei mir war? Wie lange sollte dieses Getrenntsein noch andauern? Ich konnte mir gut vorstellen, dass nicht nur ich furchtbar traurig war, sondern er genauso, wenn nicht noch mehr. Er war dort total allein, während ich hier mit meinen Kindern in einer herrlichen Wohnung lebte, er sich jedoch mit Rattenzimmern und überbevölkerten Wohnungen abgeben und niedrigste Arbeit für einen Pfenniglohn machen musste. Das war das Traurige daran.
    Vielleicht sollte ich ja sogar glücklich sein über die Neuig keit, die mir Sharma am Telefon preisgab. Er hatte in Windeseile eine Wohnung gefunden, die sich im gleichen Haus befand, in der er mit seinem Freund Jagir zusammen lebte. Die Wohnung sollte am 15. Dezember frei werden und kostete 250 Euro. Ich sollte mich freuen, aber ich war ein Häufchen Elend, weil ich ihn nun wieder nicht, wie ausgemacht, am 1. Dezember mitnehmen

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